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    Burgherrin Avatar von Olivia Rabenweil
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Olivia Rabenweil ist offline
    Kaum hatten die drei Damen den Turm verlassen griff ein fürchterlicher Wind nach ihnen. Er kam aus der Schlucht und fauchte wie eine Horde wilder Bestien. Wüst warf er die Kleider hin und her, sowie auch Tharas langes, schwarzes Haar, in dem sich Olivias Blick verfangen hatte.
    Das Schnipsen riss sie aus ihrer Bewunderung, auch wenn es über das Brausen des Windes hinweg kaum zu hören gewesen war. Ungeduld – ein wunderbarer Wesenszug.
    Sie hob den Blick und suchte Arzu, dann lächele sie gleichgültig.
    »Das weiß ich auch nicht.« Sie trat näher an die junge Frau heran. »Normalerweise verlasse ich den Turm nur, wenn er am Kastell ist«, erklärte sie, als ob es sich dabei um eine Selbstverständlichkeit handelte. »Vielleicht fragst du einfach höflich?«
    Gelassen schob sich Olivia eine wild im Wind flatternde Haarsträhne hinter ihr Ohr und trat auf den Brückenweg. »Guten Morgen Cubbi, hallo Grammi! Wie geht es dir Sunni? Wie ist das Befinden der werten Neffen Gruffi? Tammi, könntet ihr uns bitte durchlassen?«
    Während Olivia in die Richtung der Schädel schritt, wurde deren Schnappen immer wilder.
    »Zummi? Was beißt du mich denn?« Zu nah war sie an die Fänge der Warge herangetreten. Zähne vergruben sich in den ledernen Armschienen der alten Rüstung. Schweigend zog Olivia das Schwert vom Rücken und donnerte es mit der ihr zur Verfügung stehenden Kraft auf den Schädel. Er zerbarst. Ein Knacken und ächzen ertönte. Einzelne, skelettierte Warge lösten sich aus der Brücke, sie bildeten schnell eine Gruppe und kamen auf sie und ihre unfreiwilligen Begleiterinnen zu. »Also höflich fragen hilft wohl nichts…«, stellte sie nüchtern fest.
    Das vordere Skelett sprang auf sie zu du warf sie zu Boden. Die Kiefer schlossen sich immer wieder um die Schwertklinge, die Olivia schützend vor sich hielt und gegen die sie nun mit beiden Händen drückte, um nicht zerrissen zu werden. Sie schaffte es ihre Füße unter dem Brustkorb des Tieres zu setzten und stieß es zurück. Auf allen Vieren rückwärts auf dem Po rutschend flüchtete sie sich zu den andren. Sobald sie die Brücke verlassen hatte, zogen sich die Skelette zurück und bildeten erneut einen festen Teil des Bauwerks.
    »Ich denke eine von uns wird sich opfern müssen«, schlug Olivia vor und sah Arzu an. Dann aber fiel ihr ein, was sie vorhin gesagt hatte. Sie kannte einen Weg…
    Damit fiel der Blick auf Thara… doch dieses wunderschöne Auge. Vielleicht dürfte sie es ja auch behalten?
    »Oder wir gehen in die Schlucht«, schlug sie abschließend vor. »Das ist nur hier runter, runter, runter – immer schön die Treppe runter.« Ihr Finger zeigte auf stark verwitterte Stufen, die sich steil an die Felswand schmiegten.
    Ohne auf die Zustimmung der Mädchen zu warten, begann sie mit dem Abstieg. Ihr kam ein Lied in den Kopf und sie sang es: »Ich lass‘ los, lass‘ jetzt los! Mein Fall wird atemlos! Lass‘ jetzt loooos!« Schrill klang das Echo ihrer Stimme von den Felswänden wieder.
    Die Schlucht war zwar dunkel, aber nicht tief, sodass sie bald den Grund erreich hatte. Etwas bewegte sich in der Finsternis…
    »Achtung, da kommt was. Aber halt, etwas stimmt nicht… Eine magische Beeinflussung?« Sie legte den Kopf schief. »Wollen die etwa mit und spielen…?« Olivia blickte sich nicht um. Wo waren die Mädchen? Hinter ihr? Nicht hinter ihr? »…und wir haben keine Heiltränke dabei…«

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    Provinzheld Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Thara ist offline
    Thara hielt es zwar für alles andere als eine gute Idee, der verrückten Olivia in die Schlucht zu folgen, aber nachdem Arzu nicht zögerte, blieb ihr keine andere Wahl.
    Die Stufen der Treppe waren schmal, glitschig und verwittert, aber der unangenehme Abstieg war schneller vorüber, als sie vermutet hätte. Von oben hatte man nur Schwärze sehen können, was den Abgrund hatte bodenlos erscheinen lassen, aber dem war nicht so. Nur eine Sinnestäuschung. Mal wieder …
    Der Grund der Schlucht war allerdings nicht viel besser. Unter ihren Füßen spürte Thara kalten, nassen Sand, spitze Steine bohrten sich unangenehm in ihre nackten Fußsohlen. Die Schatten wirkten dunkler, tiefer und länger, als sie sein sollten, und immer, wenn sie eine Felsformation kurz aus den Augen ließ, hatte sie den Eindruck, dass die Formation beim nächsten Mal, wenn sie hinsah, subtil verändert war. Ein kalter Lufthauch wehte durch die Schlucht und manchmal glaubte sie, flüsternde Stimmen im Wind zu hören. Sie konnte nicht anders, als ständig einen Blick über die Schulter zu werfen, während sie sich möglichst dicht an Arzu hielt, den Dolch fest in der Hand.
    Olivia hingegen schien sich keine großen Sorgen zu machen. Sie brabbelte immer mal wieder irgendetwas vor sich hin oder fing gar an zu singen, wobei ihre Stimme verzerrt und falsch klingend von den Felswänden zurückgeworfen wurde. Fußßie lief vornweg. Thara konnte den riesigen Tausendfüßler im Zwielicht oft nur noch als länglichen schwarzen Schemen ausmachen, war aber froh, das Monster vor sich zu wissen statt hinter sich.

    Die Schlucht entpuppte sich als verschlungener Canyon, ein natürliches Labyrinth. Olivia schien trotzdem immer genau zu wissen, wo sie als nächstes abbiegen mussten – oder sie wählte einfach jedes Mal eine Abzweigung nach dem Zufallsprinzip, ohne es sich anmerken zu lassen. Thara wagte nicht, nachzufragen. Je weniger sie Olivias Aufmerksamkeit auf sich zog, umso besser.
    Was Thara jedoch beunruhigte, war die Dunkelheit in der Schlucht. Wenn sie den Blick hob, dann konnte sie den grauen Himmel über sich höchstens noch erahnen. So wie die Schlucht bodenlos ausgesehen hatte, verschwand sie nun nach oben hin im Schatten. Und es fühlte sich nicht an wie gewöhnliche Dunkelheit, wie die schlichte Abwesenheit von Licht, sondern wie die Anwesenheit von … etwas. Als würde die Dunkelheit über ein Eigenleben verfügen, einen eigenen Willen, und sich langsam, aber sicher darauf vorbereiten, die kleine Gruppe zu verschlingen. Es erinnerte Thara an die Dunkelheit in den Wäldern während ihrer Reise zum Kastell und das, was darin gelauert hatte …
    Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich in der Finsternis etwas rührte. Ein zunächst kaum fassbarer Schemen, der jedoch schnell an Kontur gewann. Ein Rumpf mit massiven Schultern, langen Armen und kurzen Beinen – „Ein Golem!“, rief Thara erschrocken und packte Arzu am Arm, „Da drü–“ Sie deutete in die Richtung, aber da war nichts. Gehetzt sah sie sich um. Nichts. Nur Schatten an den Wänden, aber keine Bewegung, kein Golem, kein Dämon, nicht einmal ein Goblin. Thara senkte beschämt den Blick und entschuldigte sich kleinlaut. „W-wir … w-w-wir brauchen Licht!“, schlug sie zögerlich vor.
    Olivia zuckte gleichgültig mit den Schultern, als fände sie es nicht notwendig, zog dann aber eine Fackel aus ihrem Gepäck und reichte sie Thara zusammen mit einer kleinen Zunderdose und einem improvisierten Feuerstahl. Thara bedankte sich wahrscheinlich mehr als nötig und versuchte, die Fackel zu entzünden.
    Nur, dass es ihr einfach nicht gelingen wollte! Sei es, dass der aus irgendwelchem Altmetall zusammengebogene Feuerstahl keine anständigen Funken schlug oder der Zunder nass war – Thara brachte einfach keine noch so kleine Flamme zu Stande. Dass Arzu sie beim Versagen beobachtete und zweifelnd die Augenbrauen hob, machte es nicht besser.
    „I-ich … gleich! E-e-einen Moment!“, versicherte sie der Varanterin und legte den Feuerstahl zur Seite. Stattdessen nahm sie die Fackel. Sie dachte an ihren ersten Versuch, Magie zu wirken – das Feuer aus dem Kamin war wie mit einer Stichflamme herausgeschossen. Und waren Schattenflammen nicht auch eine Art von Feuer, verändert zwar, aber irgendwie im Kern doch noch Feuer? Warum sollte es also nicht möglich sein, eine Fackel mit Magie zu entzünden?
    Thara konzentrierte sich, spürte der Magie nach, die sie umgab – sie war stark hier unten, die Schlucht war geradezu gesättigt von Magie. Fast augenblicklich fühlte Thara die Wärme in ihren Händen, die auch das Wirken einer Schattenflamme begleitete, und versuchte nun, die magische Hitze in die Fackel zu lenken. Intuitiv spürte sie nach etwas in ihrer Umgebung, das sich brennbar anfühlte, und leitete ihre Magie dort hin. Nach wenigen Sekunden fing die Fackel an zu glimmen, und dann, begleitet von einem leisen Wuusch!, entzündete sie sich mit einer bläulichen Flamme Stichflamme. Thara schaute stolz zu Arzu, als plötzlich Olivia einen überraschten Schrei ausstieß.
    Ihre Tasche, in der sie weitere Fackeln dabeihatte, stand auf einmal in Flammen …

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    Ranger Avatar von Arzu
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Arzu ist offline
    Wie Thara es fertig brachte, jedes Mal ein heilloses Chaos beim Zaubern heraufzubeschwören, war Arzu ein Rätsel. Inzwischen müsste sie doch durch bloße Erfahrung bereits gelernt haben. In diesem Fall sollte es ihnen zum Vorteil gereichen, denn die Frage um Olivias Loyalität stand immer noch unbeantwortet im Raum. Wenn sie die kleine Zündelei an ihrer Tasche zum Anlass nahm, sie anzugreifen, gab es für Arzu keinen Zweifel mehr. Für den Anfang bot die Varanterin natürlich ihre Hilfe an.
    Zügig rannte sie zu Olivia herüber und riss die Tasche zu Boden. Ohne darauf zu achten, was sich darin befand, stampfte Arzu auf die Flammen ein. Magischen Ursprungs oder nicht, ersticken konnte sie man sie allemal. Olivia konnte von Glück sprechen, dass Thara sie nicht mit einer Explosion zerfetzt hatte.
    »Ich hoffe, da war nichts zerbrechliches drin.«, sagte Arzu nachdem das Feuer ausgetreten war. Dann wandte sie sich an Thara. »Vielleicht wäre es besser, wenn du erst mal nur Monster ankokelst. Jedenfalls so lange wir keinen neuen Lehrmeister gefunden haben.«
    Ein lautes Schnaufen in der Dunkelheit ließ das Trio aufhorchen. Olivia schien nicht weiter davon beeindruckt oder überrascht zu sein. Im Gegenteil. Sie ging geradewegs darauf zu. Ganz anders Arzu. Sie kniff die Augen zusammen und starrte in die Finsternis. Außer noch mehr Schwärze konnten ihre großen Augen jedoch nichts erkennen. Kurz blickte die Varanterin zu Thara herüber und flüsterte ihr zu.
    »Halt dich bereit. Vielleicht musst du doch wieder zaubern.«
    Indes war von Olivia schon fast nichts mehr zu sehen. Vorsichtig folgten Thara und Arzu. Als sie zu ihrer Reisegefährtin aufgeschlossen hatten, gab das wenige Licht der Fackel den Eingang zu einer Höhle Preis. Ein ungutes Gefühl überkam Arzu. Die Luft war seltsam stickig, als ob sie in einen Schornstein hinabstiegen. Führte Olivia sie geradewegs in den Hort eines Drachen? Wieder hörten sie ein Schnauben. Dieses Mal viel näher und deutlicher. Innerlich bereitete sich die Varanterin darauf vor, auf dem Absatz kehrt zu machen und zurück zu rennen.
    Plötzlich weitete sich die Höhle, so dass ihre Fackel nicht mal mehr die Wände erhellte. In der Mitte schälte sich eine große Gestalt aus den Schatten. Ein weiteres lautes Schnaufen. Es bestand kein Zweifel, dass dieses Etwas vor ihnen dafür verantwortlich war. Für einen Drachen sah es allerdings viel zu kantig aus.
    »Olivia? Bist du das?«, fragte das kantige Ding. Offenbar sah es im Dunkeln genauso wenig wie die Frauen. Schließlich standen sie einen Steinwurf davon entfernt und nahe genug, dass die Fackel es erhellte. Soviel wusste Arzu, ein Drache war es nicht. Aber auch sonst nichts, von dem sie jemals gehört hatte. Ein himmelblauer Karren stand dort, drei Räder an jeder Seite und ein schwarzer Schornstein nahe der Spitze. Einen Moment lang hatte die Schwarzmagierin gehofft, dass es sich um Vabuns Kutsche handelte. Ein Trugschluss.
    »Was ist das?«, fragte Arzu und bekam prompt eine Antwort.
    »Was ist was? Wer spricht da überhaupt?! Seht mir gefälligst in die Augen, wenn ihr mit mir redet!«, polterte die tiefe Stimme und schwarzer Rauch fauchte aus dem Schornstein. Die drei Frauen umrundeten den Karren bis sie augenscheinlich die Vorderseite erreicht hatten. Dort sah sie ein kreisrundes, graues Gesicht an. Volle Lippen, eine dicke Knubbelnase und erstaunlich sanft dreinblickende Augen.
    »Also bist du es doch!«, sagte die seltsame Mischung aus Kreatur und Karren. »Und wer sind die beiden Flöten?«
    »Arzu bin ich und dies ist Thara.«, antwortete die Varanterin.
    »Ich bin Biggie und das hier ist meine hood. Passt also auf, was ihr sagt!«

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    Burgherrin Avatar von Olivia Rabenweil
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Olivia Rabenweil ist offline
    Die auflodernden Flammen ließen Olivia aufschreien. Sie erzeugte damit einen weitaus melodiöseren Klang in der Schlucht als mit dem Lied, welches sie bis vor kurzem noch gesungen hatte. Mit einem Angriff hatte sie hier nicht gerechnet. Die Schlucht der laufenden Schatten war harmlos, wenn man nicht gerade auf die Laufenden Schatten traf. Doch nachdem sie in den ersten Momenten hier unten nicht gefressen wurden, war es wohl in Ordnung Feuer zu entfachen. Doch nachdem sie den beiden Mädchen die Fackel gegeben hatte, hatte sie die beiden irgendwie vergessen.
    Für einen kurzen Moment hatte sich die verlorene Magierin damit abgefunden, hier ihr Ende zu finden, da riss Arzu ihr die Tasche vom Leib und begann darauf herumzutrampeln. Panik ergriff sie, nicht jedoch aufgrund des angenommenen Todes oder der Flammen, sondern aufgrund Arzus Zerstörungswahn.
    »Weg da!« Sie zog die Tasche weg und drückte die glimmenden Reste an ihre Brust.
    »Habt ihr überhaut etwas gelehrt? Welcher Stümper versuchte euch dann die Magie näher zu bringen? Viktar?«
    Weiter ging sie nicht darauf ein, sondern setzte zügigen Schrittes ihren Weg fort. In weiter Ferne waren Fußßies Füße auf dem Grund zu hören und sie folgte diesem Geräusch weiter. Den Frauen den Rücken zuwendend öffnete sie die Tasche und kontrollierte den Inhalt. »Ahh… dir geht es gut«, murmelte sie zärtlich. Das Kiefergelenk des Schädels war gebrochen, ein Zahn herausgefallen, doch zu Lebzeiten hatte er schlimmeres erleiden müssen. Diese kleinen Blessuren würden heilen. »Nein… nein, nicht jetzt.«
    Weiter huschte sie durch die Schatten. Aus Fußßies tippeln wurde dien Schnaufen. Sie waren fast am Ziel. An Olivias Ziel – wobei… da lag vielleicht doch noch etwas zwischen ihnen, bis sie es endlich tun konnte…

    »Joh, passt auf was er sagt, denn er ist hier der Boss!«, bestätigte Olivia und trat nun auch in das Sichtfelf des schnaufenden Kolosses. »Ich war in Gedanken, Mist ey! Is‘ gut dich zu sehen.« Sie stieß den Kessel zuerst mit der Faust, dann mit dem Ellenbogen an, klatschte freundschaftlich mit der flachen Hand darauf und zog abschließend die Finger fort, als ob sie sich verbannt hätte.
    »Die beiden Mädels sind neu hier, sie brauchen etwas Unterstützung, Bruder!«
    »Und da dachtest du dir, da komm ich in Spiel, Schwesterchen, oder was?«
    »Naja… du bist da einfach der Beste, das weiß jeder hier!« Olivia versuchte überzeugend rüberzukommen.
    »Oh Schwester… Komm schon!«, seine tiefe Stimme wurde erstaunlich hoch, er kniff die sonst so sanften Augen zusammen und hätte er Schultern gehabt, hätte er sie zusammengezogen.
    Olivias Gesicht blieb ausdruckslos, mit der flachen Hand wedelte sie weiteren schwarzen Rauch zur Seite den er empört ausgestoßen hatte.
    »Du schwingst deinen knochigen Arsch nur hier her, wenn du was vom guten Biggie willst.«
    Sie seufzte und fuhr mit nüchternem Ton fort: »Du wohnst in der Schlucht der laufenden Schatten und einer Höhle, traust dich nicht heraus, da du dich vor roten Lichtern fürchtest und erwartest von mir, dass ich mit dir singe…«
    Nun erfüllte ein ohrenbetäubender Ton die Höhle, noch mehr Rauch wurde ausgestoßen! Die Frauen mussten sich die Ohren zuhalten, wehrend sie sich hustend krümmten.
    »Singen? SINGEN?«, polterte das feiste, schwarze Gesicht. »Das ist nicht Singen. Ich bin anspruchsvoller, meine Reime geschliffener, meine Silben komplexer… das ist Plauderei auf höchstem Niveau!«
    »"Man what you fuck do’in over here?"
    Come on motherfuckers, come on
    "Are you awake now?"«1
    Er sprach so schnell, dass Olivia nichts verstand. Sie ertrug es still und vermutete, dass er sich wieder einmal auf seine ihm ganz eigene weise echauffierte. Und da wunderte er sich, dass sie ihn so selten aufsuchte.
    »Ich bin beeindruckt. Das klingt toll! Kannst du uns über die Ebene fahren?«
    »Bist du wach? Bist du ganz da? Über die Ebene? Schwester!«
    Das Gespräch wurde von weiteren Tippeln unterbrochen. »Hmmmm…« Die Züge des Zuges entspannten sich. Fußßie war auf seinen massigen Körper geklettert.
    Olivia hob die Hand und machte Thara und Arzu ein Zeichen schnell auf den Kasten zu klettern. Während sie alle einen halbwegs sicheren Platz fanden, kraulte sie Fußßies runden Hintern, um das weitere Bewegen seiner Beine zu provozieren.
    Schnaufend und zischend setzte sich der schwere Körper in Bewegung. Eine Zeitlang ratterten sie durch die Dunkelheit, der Tunnel machte eine Unterhaltung mit Biggie jedoch unmöglich.
    Also nährte sich Olivia den Mädchen. Das Zwielicht im Tunnel ließ nur ihrer aller Augen schwach in der Finsternis glänzen. »Also, ihr habt anscheinen einen Plan. Wie wollt ihr zurück ins Kastell kommen?« Sie klang nun viel gefasster, ihre Stimme gegen Biggies lautes Plaudern hervorgepresst, ihr erkalteter Blick hing auf Thara während sie unbewusst den nun verrußten Schädel in ihrer Tasche streichelte. »Bitte erklärt mir, was zu tun nötig ist.«


    1 aus „Come on“ by Biggie Smalls

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    Provinzheld Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
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    Schon wieder so eine Art von pferdeloser Kutsche, die sprechen konnte – wenn auch auf eine ziemlich sonderbare und unverständliche Art. Sie sah auch ganz anders aus als das Gefährt, in dem Vabun durch die Gänge des Kastells geheizt war. Trotzdem, eine pferdelose Kutsche blieb eine pferdelose Kutsche. Thara fragte sich kurz, wieso man in der ‚richtigen‘ Welt überhaupt noch Pferde vor Kutschen spannte, wenn es doch offenbar auch ohne ging? Aber wahrscheinlich lag das daran, dass hier einfach alles bis zum Anschlag mit Magie aufgeladen war. Vielleicht hätte Sinistro das erklären können. Aber Sinistro war tot. Definitiv und unwiederbringlich tot.
    Und ich bin schuld …
    „Hey!“ Ein Schnipsen vor ihrem Gesicht riss Thara aus ihren zunehmend selbstzerstörerischen Gedanken. Olivia sah sie forschend an.
    „W-w-was?“
    „Wie wir zurück ins Kastell kommen. Also in das echte Kastell!“
    „Ich … äh …“ Thara warf hilfesuchend einen Seitenblick zu Arzu, aber die Varanterin sagte nichts, zumal Olivia ausschließlich Thara fixierte. Warum auch immer. Und nachdem sie noch nicht gelernt hatte, einfach mit ihrer Umgebung zu verschmelzen, blieb Thara nichts anderes übrig, als zu versuchen, die Frage zu beantworten.
    „Äh … a-a-also … t-tut mir leid wegen deiner … d-deiner Tasche“, stotterte sie, „I-i-i-ich w-wollte nicht … ich meine …“ Olivia hob fragend die Augenbrauen und Arzu versetzte Thara einen kleinen Stoß in die Rippen, begleitet von einem tadelnden Blick. Thara biss sich kurz auf die Unterlippe und räusperte sich. „A-also … d-der Plan? Äh … Vabun hat gesagt … da sind diese Goblins … u-u-und der O-obergoblin braucht das, äh, L-lichtschwert, i-i-ich meine, man braucht das um d-den zu besiegen, und die … d-die Weiß-Magie-Rune, zusammen, d-damit man ihn besiegen kann, also, äh, V-vabun wollte … und dann … d-d-der Oberg-goblin hat ein … einen … Schlüssel o-oder so? I-i-ich weiß nicht … Vabun … hat gesagt … u-und der Dämon m-mit dem langen Hals u-u-und den Ge- … den Geschenken? Wir haben … w-wir brauchen Vabun, d-d-damit wir die Rune u-und das Schwert und dann d-den Goblin f-f-für die Geschenke, äh, i-ich meine den Schlüssel zu den Geschenken und … u-und …“
    Thara verstummte. Sie wusste schon wieder nicht, wo sie angefangen hatte und wo sie überhaupt hin wollte mit ihrer Erklärung. Ihre Gedanken waren ein nicht weniger heilloses Chaos als ihre Ausführungen. Sie wusste ja auch weder, wo sie inzwischen waren, noch, wohin diese lärmende Kutsche sie bringen sollte, oder wie Olivia nun eigentlich zu ihnen stand – waren sie Olivias Gefangene? Oder ihre neuen Reisegefährten? Es war alles so verwirrend …

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    Ranger Avatar von Arzu
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    »Was Thara sagen will, ist, dass wir den gleichen Weg zurück nehmen auf dem wir auch hierher gekommen sind.«, fasste Arzu noch einmal verständlich zusammen. Natürlich überging sie dabei sämtliche Einzelstationen, die sie zuerst abklappern mussten, doch das tat ihrer Meinung nach auch nichts zur Sache. Es gab für die Varanterin keinen Grund, all ihre Geheimnisse vor Olivia auszubreiten. Im Gegenteil. Dass sie die Rune und das Schwert bei sich trugen, sollten sie tunlichst für sich behalten. Es machte zwar nicht den Eindruck, als ob Olivia mit den Goblins unter einer Decke steckte, aber bei so heruntergekommenen Gestalten konnte man nicht vorsichtig genug sein. Im schlimmsten Fall betrog Olivia sie und ließ Thara und Arzu allein in diesem Kastell zurück. Darauf hatte die Schwarzmagierin keine Lust. Dafür war sie zu jung, zu schön und zu gebildet!
    »Wenn du wirklich aus dem anderen Kastell stammst, dann kennst du doch bestimmt ein paar Leute von dort, oder? Irgendjemand muss dir schließlich die Zauberformel für die Maus beigebracht haben.«, fragte Arzu neugierig und verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum sucht denn keiner nach dir?«

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    Burgherrin Avatar von Olivia Rabenweil
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    Olivia Rabenweil ist offline
    Zu Tharas Gestammel schüttelte Olivia den Kopf. Sie bemerkte nicht, dass sie es tat. Nach dieser Darbietung von Konfusität wunderte es die Magierin nun nicht mehr, dass das Mädchen das Zaubern nicht gebacken bekam. Chaos zu verbreiten, barg große Macht in sich, doch vom Chaos beherrscht zu werden, endete lediglich in Schwäche. Dennoch… Beliar suchte sich nur besondere Seelen aus. Sie hatte Potenzial – irgendwie.
    »Jaja, ich kenne einige Magier und Magierinnen aus dem Kastell, aber warum sollte Jemand nach mir suchen? Ich habe schließlich nicht darum gebeten. Habt ihr denn Jemanden, der nach euch sucht? Überhaupt? Wer hat euch ins Kastell gelassen? Wer hat dafür gesorgt, dass du den Flammenzauber so schlecht beherrscht? Keine Technik? Zu viel Kraft – unfokussiert. Schlampig. Ungläubig… Schade!«
    Die schnaufende Stahlkutsche arbeitete sich weiter rasselnd und qualmend durch den Tunnel. Sie alle mussten sehr laut sprechen, um sich überhaupt verständigen zu können. Gerade rauschte Biggie um eine Kurve und der Krach des alten Plauderers wurde ohrenbetäubend. Olivia schwieg und betrachtet Arzu. Der Hautteint, das dunkle dicke Haar, die Nase… ob sie wohl auch aus Varant kam? Was hatte sie nur nach Argaan verschlagen. Je länger sie durch die Dunkelheit rauschten und den dicken, schwarzen Qualm einatmeten, desto schneller raten auch die Gedanken in ihrem Kopf. Es war, als ob die Gespräche mit anderen Menschen, den dicken Schlick in den Gedankentümpeln ihres Hirns wegspülten. Unbewusst streichelte sie den Schädel in ihrer Tasche.
    »Thara, du hattest Vabun erwähnt? Er sollte versteinert sein! Ist er das nicht mehr? Ich hatte das doch in Ordnung gebracht!« Sie überlegte laut.
    Biggie kletterte derweil weiter schnaufend den Tunnel hinauf. Plötzlich wurde es hell. Nun ja – nicht so richtig. Denn hier in der Anderwelt wurde es nie so richtig hell. Immer ein graues Zwielicht.
    »Ah, der Bruder hat die Ebene erreicht. Lasst uns hoffen, dass das Kastell noch am selben Ort steht. Hier ist es sehr gefährlich, zwischen diesen Felsen lebt allerlei Viechzeug. Die Goblins geben ihr Bestes, das in Zaum zu halten, doch es scheint vergebens. Der Dicke ist daher zu auffällig und wir müssen ihn loswerden. Dazu lasse ich mir aber später etwas einfallen. Noch ist es ganz gut, dass er uns in diese Richtung trägt.«
    Sie stand auf und lehnte sich aus einem der Fenster. Das trübe Licht gab nicht viel preis, von der zerklüfteten Landschaft. »Ich glaube da hinten wird es flacher. Ab da könnten wir dann auch wandern, wenn euch der weite Himmel über euren Köpfen nicht stört. Wie sieht es aus? Wandert ihr gerne? Alle Schwarzmagier wandern gern…«
    »Euren Plan habe ich zwar nun immer noch nicht verstanden, doch es klingt lustig. Wir werden sehen, was am ende passiert. Denn auch Vabuns Pläne sind immer lustig. Zecke!« Sie lächelte dünn in die Landschaft hinein.
    Am Horizont war ein kurzes Glühen zu sehen. Olivia legte die Stirn in Falten. Das Lichtschauspiel war ungewöhnlich. Biggie ratterte um eine weitere Kurve und hinter einem großen Felsen öffnete sich der Blick über die Ebene. Viecher waren nicht zu sehen, dafür in einiger Entfernung zwei Männer mit eigenartigen Zauberstäben in den Händen. Sie hielten sie vor ihren Körpern, als ob sie sie beschützen konnten. So huschten sie in leicht geduckter Haltung durch den Staub und suchten wohl etwas. Olivia erkannte die beiden. Sie stöhnte: »Die Feuerstockbrüder. Unser Gespräch muss leider warten. Den Beiden da hat Innos ins Hirn geschissen – sie sind fanatisch auf der Suche nach Hexen, die sie umlegen können. Oder Dämonen oder Untote…« Das Lächeln in ihrem Gesicht wurde zu einem Grinsen.
    »Dean! Dort!« Einer der beiden hatte sie entdeckt. Er warf etwas, was aussah wie ein roter Feuerball. Es beschrieb einen hohen Bogen und landete etwas vor ihnen.
    Olivia krallte sich an der Stahlwand fest, über die sie immer noch das Treiben beobachtete.
    Ein schriller Pfeifton war zu Hören und ein heftiger Ruck ging durch ihre Kutsche, die nun unerwartet schnell an Fahrt verlor.
    »Das rote Licht! Das rote LICHT!«, heulte Biggie. »Ich wusste es kommt! Das WAR’S!«
    Die Brüder kamen näher. Geduckt von Felsen zu Felsen schleichend und sich schließlich dahinter in Position bringend. Ihre Zauberstäbe lugten über das Gestein und zeigten in ihre Richtung.
    Olivia brachte sich hinter dem Rahmen des Fensters in Deckung, hob die Hand und ließ, um warm zu werden, eine winzige Schattenflamme zwischen ihren Fingern tanzen. Es tat gut, die Kraft wieder zu spüren. Das hatte sie lange nicht mehr.
    Von dem Ruck aufgeschreckt hob Fußßie den Körper. Ohne Vorwarnung begannen die Männer den Angriff. Fußßies Körper zuckte unter ihren Angriffen zusammen. Seine Füße schlugen wütend durch die Luft, dann ließ er sich hinter Biggies Kessel rutschen. Olivia hörte sein Zischen, welches jedoch im ängstlichen Schreien des stählendnen Schnaufers unterging. Olivia zog die berauschende Kraft der Anderwelt durch Ihre Adern und sammelte sie in ihren Fingerspitzen. Sie zielte, formte den Zauber und schoss ihn auf den Typen, mit dem goldenen Haarschopf.

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    Provinzheld Avatar von Thara
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    Thara ist offline
    Eine kleine Pause, ein wenig Ruhe … war das denn wirklich zu viel verlangt? Trotz des Höllenlärms, den Biggie veranstaltete, und trotz des beißenden Qualms, den er ausstieß, hatte Thara begonnen zu hoffen, dass die Fahrt zum Kastell eine Weile dauern und ihnen zumindest ein wenig Erholung ermöglichen würde. Wie lange waren sie jetzt schon auf den Beinen und stolperten in dieser sonderbaren Welt von einer Katastrophe in die nächste?
    Nun, offenbar noch nicht lange genug. Jedenfalls schien das die Ansicht dieser Feuerstock-Brüder zu sein. Sie hatten Biggie mit irgendetwas rot leuchtendem dazu gebracht, in Panik zu verfallen. Biggie war mit einem ohrenbetäubenden Quietschen stehen geblieben und begann nun, langsam, aber sicher rückwärtszufahren. Die Feuerstockbrüder machten inzwischen von ihren seltsamen Zauberstäben gebrauch. Einer von ihnen hatte zwischen ein paar Felsen Deckung gesucht, als Olivia eine Schattenflamme in seine Richtung geschossen hatte, aber der andere deutete mit seinem Zauberstab auf Biggie. Es knallte, und zugleich prallte etwas funkensprühend von Biggies eisernem Körper ab. Thara spürte einen leichten Luftzug, als wäre irgendetwas dicht an ihrer Wange vorbeigeflogen.

    „Das rote Licht … das rote Liiiicht!“, schnaufte Biggie ängstlich und beschleunigte. Nur leider in die falsche Richtung. Olivia fluchte und sprang plötzlich aus der Kabine, wobei sie weiter mit Schattenflammen um sich warf und die Feuerstock-Brüder zwang, die Köpfe einzuziehen. Arzu tat es ihr nach kurzem zögern gleich und zog Thara dabei hinter sich her. Biggie hatte zwar noch nicht allzu viel Fahrt aufgenommen, aber es reichte, dass die beiden jungen Magierinnen bei der Landung das Gleichgewicht verloren und ein kurzes Stück über den staubigen Boden kullerten.
    Sie rappelten sich auf und Olivia bedeutete ihnen, in Deckung zu gehen, als einer der Brüder schon wieder mit seinem Zauberstab in ihre Richtung zeigte und es erneut knallen ließ. Abgesehen von dem lauten Knall schien diesmal aber nichts zu passieren.

    „Dean, pass auf! Hinter dir!“, rief der blonde Bruder, als sich plötzlich Fußßie hinter dem Braunhaarigen aufbaute. Offenbar waren die beiden ebenso überrascht wie Thara selbst, dass der monströse Tausendfüßler plötzlich auftauchte. Nachdem Fußßie von Biggies Kessel gekrabbelt war, hatte sie ihn ganz aus den Augen verloren. Das Vieh war wirklich gruselig …
    Dean, der braunhaarige Feuerstock-Bruder, war allerdings ebenfalls nicht zu unterschätzen. Er reagierte instinktiv, warf sich zur Seite, so dass Fußßies Mandibeln nur leere Luft zerteilten, wo eben noch sein Kopf gewesen war, und schlug dann mit dem kolbenartigen Ende seines Zauberstabes nach dem Tausendfüßler. Der schien einen Moment aus dem Konzept gebracht zu sein, er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass seine Beute so schnell sein konnte, und zischte böse. Inzwischen hatte der blonde Bruder seinen Zauberstab auf Fußßie gerichtet und ließ es knallen. Fußßie stieß ein unangenehm hohes Quietschen aus, als würde man mit rostigen Messern über eine Schiefertafel kratzen, und zuckte zurück, als wäre er von einem Hieb getroffen worden, obwohl nichts dergleichen zu sehen war. Diese Zauberstäbe mussten wohl doch mehr als nur Lärm bewirken können.
    Olivia stieß einen erbosten Schrei aus, als Fußßie getroffen wurde, und schleuderte eine ganze Serie von Schattenflammen in Richtung der Brüder, was sie zwang, eilig wieder in Deckung zu gehen und Fußßie die Zeit verschaffte, sich zurückzuziehen und wieder im Schatten zwischen den Felsen zu verschwinden.

    Biggie hatte inzwischen ordentlich Fahrt aufgenommen, sein Schnaufen wurde schnell leiser, während er in die Richtung verschwand, aus der sie gekommen waren. So viel zu einer gemütlichen Fahrt zum Kastell. Das, was ihn so aus der Fassung gebracht hatte, lag zwischen den beiden stählernen Strecken, auf denen seine Räder rollten: Eine langsam ausbrennende, qualmende Kugel, nichts weiter als ein bisschen rotes Feuer.

    Thara hob ihren Kopf über den Felsen, um zu sehen, was vor sich ging, aber sofort knallte es und dicht neben ihr wurde ein Stück des Gesteins weggesprengt. Erschrocken zog sie wieder den Kopf ein. Olivia bedeutete ihnen mit einem Handzeichen, in Deckung zu bleiben.
    Aber was nun? Sie hatten eine Pattsituation. Die Feuerstockbrüder hatten sie festgenagelt, konnten aber ihrerseits nicht viel tun, weil Olivia sie sonst sofort mit Schattenflammen eindeckte.
    Die verwilderte Magierin machte ein paar Gesten und verdrehte genervt die Augen, als weder Arzu noch Thara verstanden, was sie meinte. Sie sagte etwas zu dem Schädel, den sie in ihrer halb verkohlten Tasche trug (es sah aus, als würde sie ihn beschwichtigen ob der Inkompetenz ihrer Begleiterinnen) und kam dann in geduckter Haltung zu ihnen herübergelaufen. Sie hatte einen Plan: Die Feuerstockbrüder waren zwar gefährlich mit ihren seltsamen Zauberstäben, aber sie waren nur zu zweit. Die Schwarzmagierinnen hingegen zu viert, wenn man Fußßie mitzählte. Das mussten sie ausnutzen und die Feuerstocks aus mehreren Richtungen zugleich angreifen. Die Brüder könnten dann vielleicht eine oder zwei von ihnen erwischen, aber nicht mehr. Der Sieg war also sicher!

    Thara gefiel der Plan zwar nicht so richtig, aber bevor sie irgendwelche Einwände erheben konnte, schubste Olivia sie schon ins Freie und sprang selbst in die andere Richtung davon. Es knallte, Staub wurde vor Tharas Füßen aufgewirbelt. Thara handelte instinktiv, sie sprang zur Seite und schleuderte dabei eine Schattenflamme in Richtung der Brüder. Das magische Geschoss war zwar von imposanter Größe, eierte aber mal wieder unkontrolliert durch die Luft und schlug irgendwo hinter den Brüdern in einen scharfkantigen Felsen ein. Dessen Spitze brach ab und fiel rumpelnd zu Boden.
    Im nächsten Augenblick stürmten die Magierinnen schon nach vorn, begleitet von Fußßie. Die Zauberstäbe der Brüder knallten, aber ohne Effekt.
    „Fuck! Ein Geist!“, rief plötzlich der blonde Bruder und deutete in Tharas Richtung, „Dean, das Salz!“
    Ein Geist? Hinter ihr? Thara warf überrascht einen Blick über die Schulter, aber da war nichts. Als sie sich wieder umdrehte, hielt der blonde Bruder statt seines Zauberstabes einen kleinen Lederbeutel und hatte eine Hand darin vergraben. Er machte einen Schritt nach vorn, zog die Hand aus dem Beutel und schleuderte Thara mit voller Kraft eine Ladung Salzkörner ins Gesicht.
    Thara fluchte, als ihr das Salz in die Augen kam. Es brannte und durch den Tränenschleier konnte sie kaum noch etwas sehen. Sie schoss noch eine Schattenflamme in die Richtung, in der sie die Feuerstockbrüder vermutete, stolperte aber im nächsten Augenblick über einen Stein und schlug der Länge nach auf den Boden.
    „Ha, das Salz mochtest du nicht besonders, was?“, rief der Blondschopf, „Mal sehen, wie dir das geschmiedete Eisen gefällt! Zurück in dein Grab, wo du hingehörst!“
    Thara blinzelte und nahm die Silhouette des selbsternannten Geisterjägers über sich wahr. Er hielt irgendetwas in der Hand und holte damit aus. Thara rollte sich zur Seite, gerade im letzten Moment, sonst hätte ihr der Kerl wahrscheinlich den Schädel eingeschlagen. Trotzdem erwischte sie sie ihren Oberarm, ein scharfer Schmerz durchzog ihre ganze linke Seite. Sie schrie auf und krabbelte panisch davon, wobei ihr Arm ihr beinahe den Dienst versagte. Er fühlte sich taub an, als würde er nicht mehr zu ihrem Körper gehören.
    Der Blondschopf setzte ihr nach, Thara konnte inzwischen erkennen, dass er eine grobe Eisenstange in den Händen hielt. „Ganz schön zäh für einen Geist …“, stellte der Kerl fest und hob erneut die Stange zum Schlag.
    „Lass mich in Ruhe!“, kreischte Thara und ließ die Magie strömen, instinktiv, ungezielt. Sie spürte etwas in dem Zauberstab – dem Feuerstock. Etwas, das Feuer anzog ... Ein ohrenbetäubender Knall ertönte und der Blondschopf taumelte zur Seite, Blut topfte von seiner Schläfe – sein Zauberstab war plötzlich explodiert, ein scharfkantiges Teil hatte ihn am Kopf erwischt. Thara nutzte den Augenblick, um wieder auf die Füße zu kommen und aus der Unmittelbaren Reichweite des Irren zu flüchten.
    „Warum lasst ihr uns nicht einfach in Ruhe?“, presste sie hervor, „Warum … w-warum tut ihr das? Was haben … Was haben wir euch getan?“

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    Ranger Avatar von Arzu
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    Zu einfach wäre es gewesen, ohne Zwischenfall zum Kastell zurückzukehren. Arzu hätte es kommen sehen müssen. Jedes Mal, wenn sie eine Glückssträhne hatten, folgte das Pech hintendran. Wenn sie nicht aufpassten, starb bald der nächste. So wie Sinstro gestorben war. Wobei die Schwarzmagierin sich ehrlicherweise nur um sich selbst und Thara Sorgen machte. Was mit Olivia geschah, war ihr völlig egal. Nicht zuletzt, weil der verwilderten Frau offenbar ihr Schicksal genauso egal war.
    So interpretierte Arzu jedenfalls den Schubser, der Thara so leichtfertig ins Schussfeld befördert hatte. Allein hinter dem Felsen, zermarterte sich die Varanterin den Kopf, wie sie heil aus der Situation herauskämen. Ein gescheiter Plan wollte ihr jedoch nicht einfallen. Plötzlich hörte sie grelle Schreie, die nur von einer Person stammen konnten. Thara!
    Arzu streckte den Kopf aus der Deckung und sah gerade noch, wie einer der beiden Kerle dem dürren Mädchen mit seinem Stock nachsetzen wollte. Völlig unvermittelt explodierte der Zauberstab in seinen Händen und setzte den Blondschopf für den Moment außer Gefecht. In einem Anflug von Selbstlosigkeit oder Wahnsinn hüpfte die Schwarzmagierin über den schützenden Felsen und stürmte auf den Mann zu. Sie wusste nicht wieso sie sich Thara verbunden fühlte, doch ungeachtet dessen war ein Gefühl der Verantwortung ihr gegenüber in Arzu aufgekeimt. So wie gegenüber einer kleinen Schwester, die mal wieder in Schwierigkeiten geraten war.
    Im Sprint ballte die Schwarzmagierin ihre Faust und schlug dem Blondschopf volles Pfund auf das Maul. Der explodierte Zauberstab flog im hohen Bogen davon, während der Kerl mehrere Schritte zurücktaumelte und schließlich auf seinem Hintern landete. Indes hielt sich die Varanterin vor Schmerzen die Hand. Sie war es gewohnt, unliebsame Verehrer die Faust spüren zu lassen. Doch nicht mit so viel Wucht dahinter. Jetzt war aber nicht die Zeit zum Wunden lecken. Zügig setzte Arzu dem Kerl nach, bevor dieser wieder auf die Beine kam. Sie packte ihn am Kragen und hob drohend die Faust.
    »Lasst uns in Ruhe, ihr Pisser! Wir haben euch nichts getan!«, keifte die Schwarzmagierin und funkelte den Blondschopf böse mit ihren großen Augen an. Erst jetzt fiel ihr auf, wie attraktiv ihr Angreifer war. Natürlich kein Grund, ihn mit Samthandschuhen zu behandeln.

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    Burgherrin Avatar von Olivia Rabenweil
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    Olivia Rabenweil ist offline
    »Gegen Fanatismus hilft kein Betteln und Jammern, Mädchen! Verschwendet euren Atem nicht damit.« Olivias mitleidlose Worte wurden von einem leisem Wimmern begleitet. Sie hatte die Ablenkung Tharas genutzt, um den kleineren der Brüder zu umrunden und in einem günstigen Moment anzugreifen. Nun kniete er vor ihr, stille Tränen rannen über sein bebendes Gesicht. Olivias ausgestreckte Hand schwebte mit gespreizten Fingern über seinem Kopf. Sie grub sich mit dem Fließende Angst-Zauber immer tiefer in seinem Geist. Er war komplex und da ihr dieser Zauber immer noch nicht leichtfiel, drohte sie ihn zu verlieren, wenn sie sich nun auch nur ein wenig stören ließ.
    »Sie wollen unseren Tod, weil sie ihn für richtig halten. Mehr Rechtfertigung benötigen die Feuerwürste nicht.«
    »Feuerwurst? Wovon redest du?« Der Blonde hatte sich von Arzu tatsächlich bändigen lassen. Olivia schloss nicht aus, dass er doch noch genug Reserven und Hinterhältigkeit in sich trug, doch noch anzugreifen, doch aktuell hielt er still. Sein Blick huschte zwischen seiner Bezwingerin und seinem zitternden Bruder hin und her. »Was machst du mit ihm? Gib ihn frei!«
    Olivia lächelte und bemühte sich, sich die Erschöpfung nicht anmerken zu lassen.
    »Ihr Wichte wisst doch genau, wovon ich rede. Der Krieg ist zu ende, euer Kirchenoberhaut sagt, dass Schwarzmagier nicht illegal sind, und dennoch jagt ihr und foltert und hetzt und tötet. Doch nicht hier! Das Kastell ist auf unserer Seite, hier profitieren wir von seiner Kraft!«
    In ihrem Zorn hatte Olivia ihre Hand sinken lassen. Der Zauber war gebrochen, doch sie hätte ihn sowieso nicht länger halten können. Sein Geist war ungewöhnlich stark.
    »Fack! Was…?«
    »Dean! Alles okäi?
    »Ich glaube ja…« Der Dunkelhaarige erholte sich langsam. Olivia legte ihm die Hand sanft auf den Hinterkopf. »Keine Dummheiten, denn das war erst der Anfang. Also…«
    Die Männer blieben angespannt, doch ruhig. Es war der Blonde, der erneut zu sprechen anhob. »Einem Hinweis unseres Freundes Bobby folgend, haben wir uns nach Philli begeben, um dort eine Dämonenwaffe sicherzustellen. Sie sollte unter einer Schule versteckt liegen und wir begaben uns in den Keller.« Olivia verstand zwar einige Worte nicht, die er sprach, nickte aber dennoch verhalten an den Stellen, die sie für richtig erachtete. Es schien ein Friedensangebot zu sein. Er wollte reden, nicht kämpfen. Ein Angebot auf Dauer, da war sie sich sicher. Doch während er weitersprach, reifte in ihr eine Idee. Die paar Brocken Goblinisch, die sie gesprochen hatten, brachten sie darauf.
    »Tatsächlich fanden wir dort etwas. Es war eine Höhle unter dem Gebäude, es schien gar darüber erbaut worden zu sein. Ein Brunnenschacht. Er brachte uns hierher. In eine Welt der Hexen… Ihr seid doch die Wächterinnen dieser Waffe.« Sein Blick huschte zu Thara, Fußßie fand sich hinter ihr ein und hob die vordersten Glieder seines langen Körpers. Was für ein beeindruckendes Bild, gestand sich Olivia ein. Das blasse Mädchen, dessen strähniges Haar leicht in einem kaum wahrnehmbaren Wind spielten. Dahinter der dunkle, speckige Körper des Tausendfüßlers. Ein Bild wie aus einer Gruselgeschichte. Und dennoch verloren, Anschluss suchend. Arzu wirkte dagegen beinahe gewöhnlich, varantisch, wie Olivia zudem auffiel. Was sich wohl in ihr verbarg und was sie ins Kastell getrieben hatte? Der Krieg? Familientraditionen?
    »Jaja, sehr schöne geschichte. Ist mir aber auch egal. Man hat euch getäuscht. Dieses hier ist der Mond und keine Dämonenwaffe. Auch sind wir keine Hexen. Ich bin eine Magierin, diese dort«, sie zeigte mit der Hand in die Richtung der beiden jungen Frauen, »nicht mal das. Und stört euch nicht an dem Tausendfüßler – Dinge sind anders hier.«
    Sie trat ein paar Schritte vor und griff nach dem Feuerstock, der in seinen Händen explodiert war. Das Ding war für einen Zauberstab erstaunlich schwer. »Eines ist jedoch wahr. Hier gibt es Dämonen und diese haben sicherlich auch irgendwelche Waffen. An denen gilt es vorbeizukommen. Denn eines ist klar: Der Weg zurück führt an dem gefährlichsten von ihnen vorbei. Ihr seid als eingeladen, zusammen mit uns diesen Weg zu öffnen.« Es war keine Einladung… jeder konnte es hören.
    Mit wenigen weiteren Worten war abgesprochen, dass sie so etwas wie ein Bündnis hatten. Zwar hielten die Männer die drei Frauen immer noch für Hexen, und Olivias Groll wollte ebenfalls nicht verebben, wenn sie die beiden Feuerwürste ansah, doch sie hatten alle erkannt, dass sie sich vorerst lebend mehr nützten als tot.
    Also dann, vor uns liegt noch ein weiter Marsch, sofern uns das Kastell nicht entgegenkommt.«
    Olivia wollte den Männern den Vortritt lassen, diese aber bezeichneten sich als Gentlemen und boten wiederum ihr den Vortritt an. Die Diskussion endete damit, dass sie alle in einer Reihe nebeneinander liefen, da sie sich dennoch nicht vertrauen konnten. »Es war ein anstrengender Tag bisher. Braucht jemand eine Stärkung?« Freundlich bot sie mit ausgestreckter Hand die blutigen Klumpen aus ihrer Tasche an.

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    Provinzheld Avatar von Thara
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    Thara ist offline
    „Das ist ja widerlich!“, entfuhr es dem braunhaarigen Feuerstock-Bruder, Dean.
    „Willst du das nicht wenigstens vorher braten?“, fragte der Blonde, der sich zwischenzeitlich als Sam vorgestellt hatte.
    „Was ist das überhaupt für Fleisch?“, wollte Dean wissen, „Ich glaube, ich habe hier noch nichts gesehen, was ich essen würde, nicht einmal gebraten! Mann, ich würde töten für einen anständigen Tschießbörger!“
    Während zwischen Olivia und den Brüdern eine Diskussion um die kulinarische Verwertbarkeit der Mondfauna entbrannte, trotte Thara gedankenverloren hinter ihnen drein. Ihr linker Arm schmerzte noch immer ziemlich von dem Schlag, den Sam ihr mit der schweren Eisenstange versetzt hatte, die aussah, als hätte er sie aus einem Zaun geschraubt. Aber zumindest war der Arm nicht gebrochen, soviel konnte sie sagen (es wäre nicht das erste Mal gewesen). Er ließ sich bewegen und der Schmerz ließ auch langsam etwas nach. Trotzdem würde es mit Sicherheit eine Weile dauern, bis sie wieder auf dieser Seite würde schlafen können.
    Thara fragte sich, was sie von den Brüdern halten sollte. War es wirklich so eine gute Idee, die beiden sie begleiten zu lassen? Sie hatten etwas von einer Dämonenwaffe oder so gefaselt. Unwillkürlich wanderte Tharas Hand zu dem Lichtschwert und der Weißen Magie-Rune, die sie noch immer in der Tasche ihres Kleides aufbewahrte. Ob sie diese Waffe meinten? Falls ja, dann musste Thara dafür sorgen, dass die Brüder nichts über den Verbleib des Artefakts erfuhren. Ansonsten war sich das Mädchen nicht sicher, wie weit sie gehen würden, um in seinen Besitz zu gelangen. Dass sie keine Skrupel hatten, Gewalt anzuwenden, hatten sie ja bereits bewiesen.
    Und wenn Arzu diesem Sam nicht eine verpasst hätte … Das war vielleicht eine Szene gewesen! Thara vermutete zwar, dass die Wirkung des Schlages weniger davon herrührte, dass Arzu übermenschliche Kräfte entwickelt hätte, als vielmehr von dem Überraschungseffekt, aber das minderte Arzus Leistung und Tharas daraus resultierende Bewunderung natürlich in keiner Weise. Vor allem, weil Arzu nichts dazu gezwungen hatte, einzugreifen. Die Brüder hatten die Varanterin noch nicht bemerkt gehabt, sie hätte auch einfach hinter dem Felsen in Deckung bleiben können. Stattdessen hatte sie eingegriffen und sich selbst in Gefahr begeben. Thara wurde beinahe schwindelig bei dem Gedanken, dass Arzu das für sie getan hatte …

    „Tja, ich schätze, das Kastell hat heute keine Lust, uns entgegenzukommen“, stellte Dean trocken fest, als die kleine Gruppe die Kuppe eines Hügels erreichte, von der aus man einen guten Ausblick über die umgebende Landschaft genießen konnte. Das hieß, ‚genießen‘, sofern man sich für eine endlose, eintönige Ebene aus grauem Staub und spitzen Felsen begeistern konnte. Und hinten, weit hinten, zeichnete sich die Silhouette des Kastells vor dem unnatürlichen Zwielicht des Himmels ab.
    „Man könnte wirklich fast glauben, wir wären auf dem Mond“, fügte Sam nachdenklich an. Als Olivia ihm erklärte, dass das daran läge, dass sie ja tatsächlich auf dem Mond wären, schüttelte er nur den Kopf. „Nein, auf dem Mond gibt es keine Atmosphäre, die Gravitation ist viel geringer, die Temperaturen sind weit extremer und viele andere Dinge. Wir könnten keine Sekunde ohne Raumanzüge überleben. Außerdem würden wir die Erde am Himmel sehen. Wo auch immer wir hier sind, der Mond ist es nicht.“
    „Egal wo wir sind, wir haben jedenfalls noch einen ganz schön weiten Weg vor uns, wenn wir Draculas Gruselschloss da hinten erreichen wollen“, warf Dean ein, „Schöner Mist auch, dass unser Auto noch in einer anderen Dimension vor einer Schule herumsteht. Tja, sorry, Ladies, keine Spritztour diesmal. Aber beim nächsten Mal seid ihr natürlich herzlich eingeladen, Hexen hin oder her. Ich hab sogar neulich erst das Kassettendeck repariert und die Anlage aufgemöbelt!“
    „Statt endlich einen CD-Player einzubauen …“, seufzte Sam.
    „Natürlich! Wo denkst du hin? Banause!“ Dean rollte theatralisch mit den Augen und wandte sich nach Bestätigung heischend an die drei Schwarzmagierinnen, die ihn jedoch nur anstarrten, als hätten sie kein Wort verstanden. Was vermutlich daran lag, dass sie kein Wort verstanden hatten. Als er merkte, dass sein Witz nicht die erhoffte Wirkung erzielte, räusperte er sich und wechselte das Thema. „Also gut, Mädels, wo wir nun schon zusammenarbeiten – ihr habt behauptet, es gäbe in diesem … Kastell einen Weg zurück. Der von einem fiesen Dämon bewacht wird? Wovon genau reden wir hier? Was ist der Plan? Ich habe wirklich wenig Lust, noch eine Sekunde länger als nötig in diesem Ödland festzusitzen!“
    „Achtung!“, rief plötzlich Sam, bevor eine von ihnen antworten konnte. Fußßie, der hinter der Gruppe hergelaufen war, baute sich auf und zischte drohend. Dean fluchte.
    „Oh Mann, die Viecher schon wieder! Die haben mir gerade noch gefehlt …“
    Auf dem Weg vor ihnen waren plötzlich fünf Kreaturen hinter einigen Felsen hervorgesprungen und blockierten nun den Durchgang. Es waren zweibeinige, armlose Tiere mit schuppiger, gelblich-brauner Echsenhaut und rundlichen Köpfen, die direkt drollig hätten aussehen können, wären ihre Kiefer nicht voll mit Reihen nadelspitzer Zähne gewesen.
    Dean hob seinen Feuerstock, Sam ließ seinen schweren Eisenstab durch die Luft sausen. Thara seufzte leise und postierte sich neben Arzu, zum wiederholten Male an diesem Tag umspielten bläuliche Flammen ihre Fingerspitzen …

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    Ranger Avatar von Arzu
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    Arzu ist offline
    Die Fünf hatten sich in einer Reihe aufgestellt. Einen Steinwurf von ihnen entfernt standen ihre Kontrahenten. Arzu kannte diese Tiere nur, weil sich manche von ihnen dann und wann an die Stadtmauern von Ishtar heranpirschten. Von hoch oben betrachtet, wirkte es unfreiwillig komisch, wie sie mit ihren langen Beinen vorsichtig über den Wüstensand staksten. Fast so, als fühlten sie sich völlig unbeobachtet.
    Diese fünf machten jedoch keine Anstalten sich zu verbergen. Während die beiden Brüder ihre Stäbe bereithielten und Thara bereits eine Schattenflamme heraufbeschworen hatte, visierte Arzu den Beißer an, der ihr direkt gegenüber stand. Ihre Blicke trafen sich und der Beißer kniff grimmig die Augen zusammen. Plötzlich taumelte ein Steppenläufer zwischen den Gruppen hindurch und gab damit ungewollt das Startzeichen für ihren Kampf.
    Geschwind beschwor Arzu zwischen ihren Händen eine Schattenflamme so pechschwarz, dass sich selbst das Licht darin verlor. Anschließend schleuderte sie den Zauber den Beißern entgegen, wie auch ihre Mitstreiter es taten. Das laute Knallen der Stäbe ließ die Schwarzmagierin unwillkürlich zusammenzucken und ihre Ohren klingelten. Wie die beiden Brüder es aushielten, da sie sich noch viel näher an der Quelle befanden, war ihr ein völliges Rätsel. Das Resultat ließ sich aber sehen. Die ersten beiden Monster krachten zu Boden noch bevor die Schattenflammen die anderen erreicht hatten. Dann schlug Tharas Zauber ein und war, wie nicht anders zu erwarten, eine unkontrollierte Explosion, die den Beißer zerfetzte und nur die langen Beine übrig ließ. Zwei Schritte taten sie noch, bevor sie einfach umkippten. Anders war es mit Arzus Schattenflamme. Diese explodierte nicht, sondern bahnte sich ihren Weg völlig erbarmungslos. Wo sie auf das Monster traf, zersetzte es die Kreatur regelrecht und hinterließ nichts als schwarzen Staub im Wind. Der Rest des Beißers fiel leblos vor die Füße der Varanterin.
    Noch ehe sie verschnaufen konnte, zog ein lautes Rumpeln die Aufmerksamkeit Arzus auf sich und sie blickte zu einer Anhöhe in einiger Entfernung hinauf. Ein weißer Golbin auf dem Rücken eines weißen Beißers erschien. Er hob einen langen Stock in die Höhe und eine Unzahl weiterer Goblinreiter erschien an seiner Seite. Arzus Augen wurden größer als sie ohnehin schon waren.
    »Für den König!«, krächzte der weiße Goblin so laut er konnte und gab seinem Beißer die Sporen. Was folgte, war eine wahre Flut von Goblinreitern, die den Abhang hinabstürmte.
    »Oh shit!«, sagte Dean.

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    Provinzheld Avatar von Thara
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    „Lauft!“, brüllte Sam und kam auch schon an Arzu und Thara vorbeigesprintet, dicht gefolgt von seinem Buder. Als die beiden Magierinnen nicht reagierten, sondern nur mit großen Augen auf die herantrabende Horde aus Goblin-Beißerreitern starrten, blieb er kurz stehen, gab ein paar Knallzauber aus seinem Feuerstöckchen ab (nach dem Verlust seines ersten Zauberstabes hatte er etwas hervorgezogen, das deutlich kleiner und kürzer war, so dass er es bequem in einer Hand halten konnte, aber genau so einen Höllenlärm machte wie Deans Zauberstab), die zwei Beißer im vollen Lauf leblos zusammenbrechen ließen, so dass sie sich überschlugen und ihre Reiter meterweit durch die Luft flogen.
    „Was ist, worauf wartet ihr?“, drängte er.
    „W-wohin denn?“, wollte Thara wissen, aber Sam warf nur verzweifelt die Hände in die Luft.
    „Einfach weg!
    Thara versuchte, den Angreifern noch eine Schattenflamme entgegenzuschleudern, aber sie war so aufgeregt und erschöpft zugleich, dass es ihr nicht mehr gelang, die Magie kontrolliert zu formen und der Zauber als dunkelviolette Wolke einfach verpuffte.
    „Nun komm endlich!“, drängte Sam, in seiner Stimme lag tatsächlich so etwas wie Besorgnis. Seltsam, wenn man bedachte, dass er noch vor kurzem versucht hatte, ihr den Schädel einzuschlagen. Thara drehte sich um und rannte, so schnell sie konnte (also nicht sehr schnell) hinter den anderen her.
    Dean bildete hinter ihr die Nachhut, im Lauf wirbelte er noch einmal herum, riss seinen Zauberstab hoch und ließ ihn knallen, woraufhin der Kopf eines Goblins platzte.
    „Ha!“, rief Dean, „360 noscope, bitch!“
    „Sie holen trotzdem auf!“, keuchte Sam und knallte ebenfalls noch ein paar Mal mit seinem Mini-Zauberstab. Ein weiterer Reiter stürzte leblos von seinem Beißer, ein anderer wurde abgeworfen, als sein Reittier sich verwundet aufbäumte. „Wenn uns nicht gleich was einfällt …“

    Kaum hatte er seinen Satz beendet, als plötzlich ein langer, dunkler Schatten hinter einem Felsen hervorgeschossen kam und sich mitten in die Goblinreiterhorde stürzte. Von einem Augenblick auf den nächsten brach völliges Chaos aus. Fußßie! Der riesige Tausenfüßler hatte einen Beißer mit seinen mächtigen Mandibeln gepackt und schleuderte das Tier mühelos herum, als würde es kaum mehr wiegen als ein Sack Federn, bevor er mit einem lauten Knirschen den Hals seines Opfers durchbiss. Die beiden Hälften waren noch nicht einmal zu Boden gefallen, da stürzte sich Fußßie schon auf den nächsten Goblinreiter und versprühte dabei ein übelriechendes, eitergelbes Sekret. Wo auch immer das Sekret auf ungeschützte Haut traf, verfärbte diese sich plötzlich gräulich und wurde hart und unnachgiebig, ein Prozess, der sich dann langsam fortsetzte, bis ganze Goblins und Beißer erstarrten und wie Steine zu Boden fielen.
    Wie Steine, weil sie zu Stein geworden waren

    Der Angriff der Goblinreiter kam abrupt zum Stehen, als Fußßie wie ein Dämon aus den tiefsten Tiefen der Hölle (und wer weiß, vielleicht war er ja auch genau das?) unter ihnen zu wüten begann. Olivias raue Stimme hallte über die Ebene, als sie ihr Haustier begeistert anfeuerte und selbst mit Schattenflammen nachhalf. Auch Thara konnte gar nicht anders, als ihre Schritte zu verlangsamen und das Schauspiel zu betrachten.
    Die Goblins flohen zunächst in alle Richtungen vor dem schwarzen Ungetüm, aber ihr Anführer, dieser weiße Goblin auf dem ebenso weißen Beißer, schwenkte eine schwere Keule über seinem Kopf und bellte ihnen etwas in ihrer Sprache zu.
    „Moment mal … das ist doch meine Taschenlampe!“, rief Dean und deutete auf den Goblinanführer. Der galoppierte direkt auf Fußßie zu, als wäre er vollkommen lebensmüde. Plötzlich aber erstrahlte der Kopf seiner Keule in gleißendem Licht. Der Tausendfüßler zischte und bäumte sich auf, als der gebündelte Lichtstrahl ihn mitten ins Gesicht traf, und versuchte, aus dem grellen Lichtkegel zu fliehen. Das war das Signal für die anderen Goblins, wieder zum Angriff überzugehen. Einige von ihnen warfen Speere oder Steine auf Fußßie, andere, die mutiger (oder dümmer) waren, wagten es sogar, in den Nahkampf zu gehen. Die meisten Geschosse und Hiebe prallten zwar wirkungslos von Fußßies ölig-schwarzem Chitinpanzer ab, aber der weiße Goblin strahlte den Tausendfüßler erbarmungslos mit seiner leuchtenden Keule an und zwang ihn, sich zurückzuziehen.

    „Schnell, bevor sie sich wieder sammeln!“, rief Sam, „Da drüben ist eine Felsspalte, da können wir uns verteidigen!“
    Dean schien gar nicht auf seinen Bruder zu achten. „Der Penner hat meine Taschenlampe!“, fluchte er und legte auf den weißen Gobin an. Ein lauter Knall, aber sonst passierte nichts.
    „Mann, Dean, komm endlich!“, drängte Sam und zog ihn am Arm hinter sich her. Keine Sekunde zu früh, denn Fußßie hatte wohl beschlossen, dass ihm die Leuchterei zu viel wurde und war ebenso schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war.
    Die Goblins, ungeachtet der Toten, die sie zu beklagen hatten, schlossen wieder ihre Reihen und ihr Anführer deutete auf die kleine Menschengruppe. Einer Schattenflamme, die auf ihn zugeschossen kam, wich er mit einer fast schon beiläufigen Schulterdrehung aus. Die Horde galoppierte los.

    Sie rannten. Thara ignorierte sowohl die spitzen Steinchen, die sich schmerzhaft in ihre Fußsohlen bohrten, als auch das Seitenstechen. Trotzdem fiel sie immer weiter zurück, bis Sam sie plötzlich am Arm packte und mit einem kräftigen Ruck beinahe in die Felsspalte warf.
    Während sie sich aufrappelte, versuchte sie, die Lage zu erfassen. Stimmengewirr, das ohrenbetäubende Knallen der Feuerstöcke, das bösartige Zischen von Schattenflammen, das Geschnatter der Goblins, Steine und Stöcke, die um sie herum zu Boden gingen – es war ein heilloses Chaos.
    Aber sie hatten es geschafft. Verschanzt zwischen zwei großen Felsen, konnten sie sich gegen die Übermacht der Goblinreiter verteidigen.
    Zumindest für eine Weile …

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    Drachentöter Avatar von DraconiZ
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    DraconiZ trieb dahin wie ein Wrackteil in einem endlosen Ozean aus Finsternis. Tiefer und tiefer sank das was ihn ausmachte in Vergessenheit und kalte Umarmung der Schatten. Wo er sich befand war schon lange nicht mehr wahrnehmbar. War es Existenz? Ein Traum? Der Tod? Spielte das überhaupt noch eine Rolle? Seit er nach seiner Niederlage im Kerker Thornarias die Schattenmimik genutzt hatte war sämtliche Bedeutung für ihn immer weiter verblasst. Es war wie ein Gemälde was nach und nach seine Farbe verlor, bis es irgendwann bröckelnd von der Wand fiel und keinen Wert mehr besaß. Wie lange war er schon hier? Unerheblich. Zeit spielte keine Rolle mehr. Ohnehin hatte nichts mehr Bedeutung außer Einem: Der Gnade dieser Zwischenwelt zu entkommen und endlich Frieden zu finden. Er hatte sich geweigert die Hand zurück in die Welt der Lebenden zu fordern. Den festen Griff des Lebens zu ergreifen und sich zurückzuziehen. Voller Traurigkeit hatte er diesen Weg ausgeschlagen und dem Leben eine Absage erteilt. Doch wie er weiter und weiter im Schlamm der Dunkelheit versank und seine Erinnerungen an das was er einst war verblassten, so nahm auch der Drang ab seinem Schicksal zu grämen. Nach und nach distanzierte er sich weiter von dem Gedanken.

    Warum sollte er auch zurückwollen? Was sollte ihn nach Allem noch erwarten? Leiden und Bitterkeit? Noch mehr Schmerz? Kampf? Reue? Buße? Er hatte gewählt. Oder? In dem Moment wo er die Kugel in der das Wissen um die Schattenmimik lag ergriffen hatte, war seine Entscheidung getroffen worden. Stimmte das nicht? Er hatte den Gott des Todes gewählt. Blieb es unweigerlich dabei? Er war Klingenmeister geworden. Mehr als alles was er sich jemals vorgestellt hatte. Und dennoch: Die Seite des Todes reichte ihm keine Hand. Lies in Agonie zurück. Erhörte seinen Wunsch auf Frieden und ewiger Stille nicht. Verschloss die Ohren nach seiner Bitte ihn vom Schmerz zu befreien. Kalt und grausam blieb die Tür verschlossen, so wie man sie für einen Hund verschlossen lässt der seine Aufgabe nicht erfüllen konnte. Der nicht willkommen ist und auch nicht sein wird. Und so wie der Hund blieb der Streiter an diesem Ort, denn er meinte nirgends anders hin zu können. Im tiefsten Gefühl des Verlorenseins sank er weiter hinab. Endlos und ziellos durch niemals endende Schwärze. In die tiefsten Abgründe hinab. Wo sich Finsternis wie Wasserfälle in ein endloses Loch ergießen. Gefangen zwischen den Sphären. Er selbst wies das Leben zurück. Beliar verwehrte ihm den Eintritt in sein Reich.

    Während der gefühlten Äonen an diesem unwirklichen Ort meinte er zwischenzeitlich vereinzelt andere wahrzunehmen. Waren es diejenigen die in die Sphäre des Todes übergingen? Vielleicht die Diener des schwarzen Gottes? Dämonen? Geister? Vergangene Erinnerungen die ihn quälen wollten? Er konnte es nicht beantworten was Sie waren. Doch was Sie brachten war nichts als Pein und qualvolle Wahrheiten denen er sich nicht stellen wollte. Die er schon lange aus seiner Wahrnehmung verbannt hatte und mit denen er keine Konfrontation haben wollte. In einer Erinnerung gab er seine heilige Waffe in die Hände des Orks Shagrash. Irgendwann anders wurde er damit konfrontiert wie er völlig auseinander gerissen wurde und nur langsam wieder so etwas wie eine Form gewann. Dann war die Erinnerung an den Kampf in der Arena in Bakaresh gegen Trilo wieder da. Ein anderes Mal sah er sich selbst Medin gegenüber und konnte das Bedauern kaum aushalten, welches sich bei der Begegnung in ihm aufbaute.

    Hilflos musste er die schrecklichen Erfahrungen gefangen in der schwarzen Umarmung noch einmal durchleben. Endlose Abfolgen von bitteren Erfahrungen die ihn zu dem gemacht hatten der er nun einmal war. Die Klinge von Ullrich an seinem Hals, Rodeons Hoffnung ihn umzustimmen, das Angebot von Françoise zurückzukehren, die Hoffnung von Berash, Kire, Sentinel, Laszlo und allen anderen Assassinen auf ein Weiterexistieren des alten Bundes, Ferox’ vernichtender Blick: Er war allem hoffnungslos ausgeliefert. Hier gab es kein Entkommen von dem was er getan hatte. »Du kannst nicht weglaufen vor dem was du getan hast. Und auch nicht vor dem was du wirklich bist«, donnerte es immer wieder in ihm. Unklar woher oder warum die Worte kamen. Was die Frage aufwarf wer er war oder was er sein sollte. Stellte sich tatsächlich erst jetzt, erst nachdem er Ewigkeiten in Finsternis verbrachte, diese Frage?

    Je dunkler die Dunkelheit so heller scheint das Licht. Gefühlte Zeitalter später, als der erste Lichttropfen durch die Dunkelheit sickerte wie ein Kristall der vom Wasser nach unten getrieben wurde kam etwas zurück, was der Streiter lange nicht mehr gefühlt hatte: Hoffnung. Das Martyrium wurde unterbrochen. Für einen winzigen Moment. Doch dieser kleine Kristall der an seiner an diesem Ort entstellten Gestalt entlangsickerte war es der den Bann brach. Die Dunkelheit war umfassend, grausam, gewaltig und bösartig. Doch sie war endlich. Er wusste, dass er erneut vor die Wahl gestellt wurde. Er hatte das Leben ausgeschlagen und doch reichte es ihm erneut die Hand. War es das letzte Mal? Wie lange würde es wohl dauern, bis es eine neue Chance geben würde? Eine Macht in ihm Griff nach dem Funken. Etwas in ihm griff nach der Hand und empfing den Atem des Lebens. Die Schwärze und die Welt wurde erst zu Obsidian und zerbarst dann in tausende kleine Splitter als er danach Griff. Als das Leuchten etwas in ihm berührte und wie als wäre sein Sein an ein Seil gebunden worden, wurde er heraus aus der ewigen Finsternis gezogen.

    »Nein, nein.« DraconiZ schüttelte den Kopf als er, auf allen Vieren kauernd, mit den Fingern die schwarzen Fliesen entlangfuhr. »Das.. ist .. unmöglich.«, stotterte er. Das war der Raum in dem er einen Teil von sich zum Sterben zurückgelassen hatte. In dem er die Schattenmimik unter seine Kontrolle gezwungen hatte.

    »Befreie mich von meinen Ketten
    Stich durch den Deckmantel meiner Gedanken
    Segne mich mit dem Wissen durch ihre Lügen sehen zu können
    Mach mich eins mit dir, nun und auf ewig
    Atme durch mich«

    Er murmelte die Worte noch einmal. Sie klangen hohl, unecht, fremd und traurig. Wie lange würde ewig sein? War er frei geworden oder gefangen? Waren ihm Flügel gegeben worden oder war er in den Staub getreten worden? Es war so einfach gewesen zwischen dem zu differenzieren was Gut bedeutete und was Böse bedeutete. Warum war es plötzlich schwierig?

    »Was ist jemals nun und auf ewig?«, wurde gesagt. Doch es war nicht seine Stimme gewesen. Es war ein groß gewachsener Mann vor ihm, bekleidet mit einem Brustpanzer der Paladine, auf dem ein Adler prangte und an dessen Schulterstücken Orkköpfe nachgebildet waren. »Ich.. ich… du bist.. das ist …«, stammelte der Assassine zu seinem Paladinselbst und schaute in das so vertraute Gesicht. Ein kurzer Blick zu dem Podest zeigte ihm, dass die Kugel nicht mehr da war. Das Podest war leer. Doch da war etwas anderes. Eine ungewöhnliche Waffe. Ein Schwert?

    Kurz darauf kroch er ruckartig zurück und tastete nach irgendeiner Möglichkeit sich zu erwehren, doch da war Keine. Nur Entsetzen. Nur Grauen. Einen langen Moment lang schauten sich die Vertrauten nur an. Dann begann es innerhalb dieses Ortes zu regnen. Mitten in diesem trostlosen dunklen Ort fielen weiße Regentropfen zu Boden und erhellten nach und nach die Szenerie. Während der Regen zunahm kam der Paladin näher und es begann so heftig zu stürmen, dass von den Fliesen, dem Podest oder irgendetwas sonst nichts mehr zu sehen war. Der erste Impuls war zurückzuweichen und doch streckten Beide ihre Hände aus und umfassten sie schließlich fest. In diesem Moment verlor sich jegliches Bewusstsein.

    Wie ein nasser Sack aus Dunkelheit schlug er innerhalb der harten Realität des Pentagramms auf, welches sich in der Eingangshalle des Kastells befindet. Langsam zogen sich die Schatten wie Schlamm von seinem Körper zurück und gaben langsam nach und nach seine menschliche Gestalt frei. Ein feines weißes Schimmern war dort zu sehen, wo sich die Schatten zurückzogen, verschwand aber schon bald wieder mit dampfendem Rauch. So als hätte ein Feuer die Überreste der Schatten fortgebrannt. Einige Zeit schien nichts zu geschehen. Dann setzte der Herzschlag des Streiters wieder ein.

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    Drachentöter Avatar von DraconiZ
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    Sein Körper erwachte stetig ein wenig mehr wie das Mahlen eines Mühlsteins das Korn nach und nach bearbeitet. Erst konnte er die Härte des Bodens unter ihm wahrnehmen. Dann kamen leise Geräusche wie Wispern von Stimmen in weiter Ferne hinzu. Anschließend öffneten sich nach und nach seine Augen wie Tore zu einer vertraut wirkenden und doch unbekannten Welt. Die Freude an seiner Neugier blieb jedoch nicht lange. Stechender Schmerz fuhr durch ihm Scheitel zur Sohle und zusammengekrümmt zuckte er wie ein Fisch auf dem Trockenen auf dem harten Boden der neu gewonnen Realität. Kurz darauf würgte er eine undefinierbare schwarze Masse hervor und verharrte keuchend auf dem Boden. DraconiZ versuchte bei Bewusstsein zu bleiben, den Schmerz zu ertragen und langsam zu atmen.

    Er war bei seinem Vorhaben mehr oder minder erfolgreich. Zumindest solange bis stechender Kopfschmerz sich zu seiner ohnehin vorhandenen Pein dazugesellte wie ein alter ungeladener Gast von dem man schon vorher wusste, dass es ein anstrengender Abend werden würde. »Ihr müsstet die Regeln kennen. Beschmutzung des ehrwürdigen Kastells findet keinen Anklang«, donnerte es wie mit tausend Nadelstichen im Kopf des Streiters. »Das war mein Tribut für den Versteinerten«, fauchte der Assassine und kämpfte sich, sich mit beiden Händen ungelenkt in so etwas wie eine aufrechte Position. Mit den neuerlichen Worten war es wieder vorbei mit der gefühlten Position. Mehr noch der Schmerz der ihn jetzt durchfuhr sollte ihn wohl an seine ohnehin spärlich vorhandenen Manieren erinnern. »Wie ihr euch sicherlich erinnert ist Sprechen irrelevant«. DraconiZ seufzte und ließ sich zurücksinken. »Holt Ardescion her. Ich wünsche mit dem Hüter zu sprechen«, presste er hervor. Der Schmerz im Kopf des Streiters intensivierte sich. »Ihr habt ebenfalls vergessen, dass Dämonen keine Kobolde sind. Erfreut euch daran, dass für euch aufgrund des alten Bündnisses kein Tribut notwendig ist«. Eine kurze unangenehme Stille. »Haltet euch an die Regeln oder ihr verlasst die heiligen Hallen. Unsanft«, hallte es in den Gedanken nach. Kurz darauf hallte noch eine Schmerzwelle durch seinen Kopf. »Ardescion werdet ihr nicht so bald finden«. Das Wesen verschwand und ließ den Assassinen zurück. Selbiger sackte wieder zurück in das Pentagramm. Wie hatte er eigentlich den Dämon gerufen? Sie handelten eigentlich nicht von selbst. Hatte die Genugtuung ihn so zu sehen ihn herbeigerufen?

    Im Gegensatz zu seinen in Wut gesprochenen Worten respektierte er die Schwarzmagier jedoch mehr als allgemein von Außen zu erkennen war. Sie hatten es geschafft sich am leben zu halten und das obgleich Sie mit der Macht Beliars experimentieren. All die Zeit paktierten Sie mit dem Gott des Todes und konnten sich dennoch weiter ihren Studien widmen. Irgendetwas mussten Sie tun, irgendetwas mussten Sie sein, was der Zeit und dem Einzug des schwarzen Gottes trotzten konnte. Etwas, dass er ebenfalls in Erfahrung bringen wollte.

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    Drachentöter Avatar von DraconiZ
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    »Wie kann man etwas von Göttern annehmen ohne seine Seele zu opfern?«, murmelte der Assassine als er verkrampft aus dem Zuber stieg und sich anschließend eine Weile an dem nassen Holz des großen Gefäßes festhielt. Der Raum war warm und in gewisser Weise behaglich. Wasserdampf stieg noch immer aus der nassen Ruhestätte empor und füllte den Raum mit einer Art Erholung. Langsam stapfte der Streiter zu seiner Kleidung und begann sich wieder anzukleiden. Als er das Kris in die Höhe hob und die Klinge betrachtete erstarrte er. Zum ersten Male seit einer scheinbaren Ewigkeit sah er in sein eigenes Antlitz und ein Schauer lief ihm die Wirbelsäule hinunter. Er war älter geworden. Das war klar. Aber auch seine Haare hatten sich verändert. Die Schwärze war ihnen genommen worden und zurückgeblieben war eine Farbe die er als silberweiß beschreiben würde. Etwas hatte sich grundlegend nicht nur an seinem Körper, sondern auch in seinem Inneren verändert. Er würde sich dem stellen müssen. Früher oder später.

    »Obskuromantie«, las DraconiZ leise sich selbst vor als er nach einiger Zeit – und einer ausgiebigen Mahlzeit im Refektorium – in der großen Bibliothek des Zirkels angelangt war. »theoretische Auseinandersetzung mit der Gabe und Ansätze zum Verständnis«, beendete er den Titel des Buches. Neugierig schlug er den Band auf und versuchte zu ergründen, was der Autor Al-jasin il hjal, seiner eigenen Meinung und Überzeugung nach Experte in Bezug auf die Schattenmimik zu Papier gebracht hatte. »So ist festzustellen, dass in vielen Fällen – aber nicht notwendigerweise – der Geist der Obskuromanten tief von dieser einzigartigen Fähigkeit berührt wird, so dass sich Charakterzüge und möglicherweise auch das Wesen des Subjektes fundamental ändern können.«. Der Assassine runzelte die Stirn, schnaufte und las weiter. Nachdem er einige Seiten weitergeblättert hatte konnte einen weiteren Absatz von Interesse finden. »So gelang es einem Einzigen mir bekannten Subjekt sich gegen die Einflüsterungen zu wappnen und die Abhängigkeit augenscheinlich zu mildern«. DraconiZ zog die Augenbrauen nach oben. Eine ganze Weile blätterte und las er weiter. » Ungeklärt ist wie es dem Subjekt gelang die Abhängigkeit zu lösen. Es ist Anzunehmen, dass schicksalshafte Ereignisse für eine solche Veränderung notwendig sind. Weiterhin ungeklärt bleibt, ob die Charakterveränderung revidierbar ist. Die winzige Stichprobe der möglichen Beobachtungen lässt dafür keinen wissenschaftlichen Beweis zu«. DraconiZ schloss die Augen. Hoffnung. Ein kleines Pflänzchen in einer Wüste. Wenn es ihm gelang das Pflänzchen zu gießen war es vielleicht möglich die Gabe zu seiner eigenen zu machen und damit das Band zum Gott des Todes zumindest zu lockern.

    Die großen Torflügel des Kastells schwangen nach außen und ließen einen Hauch der kühlen Nachtluft hinein. Der Streiter atmete die Luft wie ein verloren geglaubtes Gut ein. Die Sterne zeichneten ein abstraktes Muster auf den Boden vor ihm. Es war Zeit sich dem Leben zu stellen.
    Geändert von DraconiZ (11.03.2024 um 15:10 Uhr)

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    Ranger Avatar von Arzu
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    Was würde Arzu jetzt für ein entspannendes Bad geben. Mit klarem, heißen Wasser und einer Seife, die nach Pfirsich duftete. Selbst mit dem Kämmen ihrer Haare würde sie sich in diesem Augenblick zufrieden geben. Inzwischen musste man bestimmt eine Handbreit davon abschneiden, nur um es einigermaßen wieder in Ordnung zu bringen. Dass ihr Abenteuer so sehr ausartete, hatte die Varanterin wirklich nicht erwartet. Und es war kein Ende in Sicht.
    Natürlich war ihre derzeitige Situation brenzlig. Doch bisher hatte Arzu immer einen Ausweg gefunden. Zumal sie eine Schwarzmagierin war! Das musste schließlich zu irgendetwas gut sein.
    Zu fünft saßen sie gezwängt in der Felsspalte und taten ihr Möglichstes, um die Goblins in Schach zu halten. Abgesehen von Steinen und Stöcken schien die Horde keine nennenswerten Waffen zu besitzen. Das machte sie - zu Arzus Leidwesen - nicht weniger schmerzhaft. An verschiedenen Stellen hatte sie bereits große, blaue Flecke und ein Stein hatte sie so hart am Kopf getroffen, dass sie dort ernsthaft blutete. Ein tiefroter Rinnsal lief von ihrer Stirn hinab. Unweigerlich machte sich der metallische Geschmack im Mund der Schwarzmagierin breit, als sie sich über die Lippen leckte.
    Plötzlich huschte der helle Strahl des Zauberstabs, den der weiße Goblinreiter von den Brüdern gestohlen hatte, über die Felsspalte hinweg. Instinktiv suchte Arzu Deckung. Dean schenkte dem destruktiven Licht indes keinerlei Beachtung. Wie konnte das sein, fragte sich die Varanterin. Sie hatte gesehen, wie der Zauberstab dem Tausendfüßler zugesetzt hatte. Waren die Brüder dagegen immun?
    »Was ist das?«, rief Arzu laut genug, um das Kampfgetümmel zu übertönen, und deutete auf den umher schwenkenden Lichtstrahl.
    »Das ist weißes Licht.«, antwortete Dean.
    »Und was macht es?«
    »Es leuchtet weiß.«
    Verwirrt sahen sich Dean und Arzu gegenseitig an. Ein lautes Knallen unterbrach ihren Moment. Sam hatte mit seinem Zauberstab auf die Goblins gefeuert.
    »Ich hab' nichts mehr!«, rief er seinem Bruder zu, welcher ihm sogleich eine kleine Schachtel zuwarf.
    Offensichtlich hatte der Stein an ihrem Kopf mehr Schaden verursacht, als Arzu zuerst geglaubt hatte. Nichts von all dem hier ergab einen Sinn.
    Von einem Moment auf den nächsten wurde alles um die Varanterin schwarz. In der Ferne hörte sie Thara ihren Namen schreien, bevor sich Stille um sie legte.

  18. Beiträge anzeigen #38 Zitieren
    Provinzheld Avatar von Thara
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    „Arzu? Arzu!“ Thara kroch auf allen Vieren zu ihrer Begleiterin, die plötzlich einfach in sich zusammengesunken war und nun reglos dalag. Das Gesicht der Varanterin war blutverschmiert, Blut klebte in ihren Haaren und tropfte auf den steinigen Boden unter ihrem Kopf. Thara kam es vor, als würde sich eine eisige Klaue um ihre Eingeweide legen und zudrücken, als sie Arzu so sah. Was, wenn sie tot war…?
    Tharas Welt schien auf einen Punkt zusammenzuschrumpfen. Das chaotische Geschehen um sie herum blendete sie völlig aus. Das Gezeter und Geschrei der Goblins, die Rufe der Brüder, das Knallen ihrer Zauberstäbe, Olivia, die fluchend ihre schwarze Magie auf die Angreifer schleuderte – nichts davon hatte mehr irgendeine Bedeutung. Alles, was noch zählte, war Arzu. Thara zog die reglose Varanterin ein Stück weiter in die Felsspalte, fort von der Gefahr, und bettete ihren Kopf in ihren Schoß. Unbeholfen versuchte sie, das Blut und die verklebten Haare aus Arzus Gesicht zu wischen. Ein hoffnungsloses Unterfangen, bei dem sie es nur weiter verschmierte.
    „Arzu? D-du … b-b-bist du tot?“ Thara hielt die Luft an. Was für eine Antwort erwartete sie auf solch eine Frage? Sie biss sich schmerzhaft in die eigene Faust und versuchte, die aufsteigende Panik niederzukämpfen. Irgendetwas musste sie doch tun können!? Wie stellte man fest, ob jemand noch lebte? Der Herzschlag vielleicht?
    Vorsichtig legte Thara ihr Ohr auf Arzus Brust und lauschte. Zuerst hörte sie nichts, nur den Lärm des Kampfes um sie herum, aber dann – bu-bumm! Bu-bumm! Bu-bumm! Der Herzschlag war kräftig und regelmäßig.
    Thara wurde beinahe schwindelig. Wann war sie zum letzten Mal so erleichtert gewesen? Sie zog Arzu enger an sich heran und schlang ihre Arme um die Bewusstlose, hielt sie fest. Ihr Blick wanderte zu den Goblins, die sich vor der Felsspalte tummelten. Wut stieg in ihr auf, Wut darüber, was diese verfluchten kleinen Kreaturen Arzu angetan hatten. Es hatte ein einfaches kleines Abenteuer werden sollen, aber dann waren diese … diese Dinger gekommen und hatten sie angegriffen, völlig ohne Grund! Sie dachte an Sinistro, der sich geopfert hatte, um sie vor diesen Mistkerlen zu retten. Auch wenn sie selbst zu einem großen Teil die Schuld am Tod des Hohepriesters trug – ohne die Goblins wäre es gar nicht erst so weit gekommen! Und nun lag auch noch Arzu bewusstlos und mit blutverschmiertem Gesicht in ihren Armen…
    „Sie … sie kriegen dich nicht!“, versprach Thara leise. Schwarzes Feuer loderte in ihrer Rechten. Sollten diese Drecksviecher nur versuchen, ihnen zu nahe zu kommen!

    ***
    Ungeachtet der beiden jungen Schwarzmagierinnen, die in einem Winkel in der Felsspalte kauerten, ging der Kampf weiter. Die Goblinreiter schossen auf ihren zweibeinigen Reittieren hin und her, gaben keine ruhigen Ziele ab, und warfen ununterbrochen mit Steinen, Stöcken, Knochen und allem, was sie finden konnten (also größtenteils mehr Steinen) nach den Verteidigern. Im Gegenzug knallten die Feuerstöcke der Brüder und Olivia schleuderte den Goblins ihre Schattenflammen entgegen, wobei sie die Geschehnisse gegenüber einem Gesprächspartner kommentierte, den nur sie sehen oder hören konnte. Aber auch wenn immer wieder ein Goblin tot von seinem Beißer stürzte, mit einem Loch im Körper oder auch zur Hälfte aufgelöst und geschmolzen durch die zerstörerische Magie Beliars, schien die Horde einfach nicht kleiner zu werden. Und schon gar nicht dachten die Goblins daran, aufzugeben.
    „Ich hab‘ kaum noch Munition!“, rief Sam zwischen zwei Aktivierungen seines Zauberstabes. „Du?“
    Dean schüttelte den Kopf. „Letztes Magazin …“
    „Fuck! Ich glaube, wir sitzen ziemlich tief in der Scheiße …“
    Plötzlich zogen sich die Goblins ein Stück weit zurück und bildeten ein Spalier, durch das der weiße Goblin langsam herangeritten kam, so würdevoll und majestätisch, wie es einem Goblin möglich war. Auf einer kleinen Anhöhe blieb er stehen und richtete seinen Zauberstab wie ein Szepter auf die Belagerten. Der weiße Lichtstrahl fiel in die Felsspalte, Olivia und Thara duckten sich vorsichtshalber und selbst Dean hob schützend die Hand vor die Augen, als ihn der Lichtstrahl traf.
    „Ihr da!“, ertönte die hohe, krächzende Stimme des weißen Goblins, „Menschen des Nordens! Ihr sitzt in der Falle!“ Er lachte keckernd. „Ich bin Fladnag der Weiße, Hüter der kalten Flamme von Mag’Lite!“, er wedelte mit dem leuchtenden Zauberstab herum, „Macht euch nichts vor! Lasst eure Hoffnung fahren und stellt euch der Wahrheit – ihr könnt nicht entkommen! Ihr seid in der Gewalt des weißen Goblins! Doch ich will nicht euren Tod, nein … Und auch der große König aller Könige, der Gott des einzig wahren Volkes, der allmächtige Meraton, will nicht euren Tod! Legt eure Waffen nieder und ihr werdet Gnade erfahren! Doch setzt euren Widerstand fort, und die kalte Flamme wird euch verzehren, bis eure Asche vom Wind fortgetragen wird!“
    „Was für ein Labersack … Ein paar Kugeln hab ich noch, Kumpel!“, knurrte Dean und hob seinen Zauberstab, zielte genau auf den weißen Goblin. Kurz bevor er aber abdrücken konnte, legte Sam seine Hand auf die Waffe und drückte sie nach unten. Dean sah ihn entgeistert an. „Was zur Hölle soll das? Hast du etwa die Hosen voll?“
    „Sorry, Mann, aber er hat recht. Sie sind zu viele, und wir sitzen hier fest. Früher oder später überrennen sie uns, oder sie hungern uns ganz einfach aus. Wenn du ihren Anführer abknallst, dann sind wir geliefert!“
    „Fuck!“, knurrte Dean und ließ seinen Feuerstock sinken, „Und was jetzt?“
    „Keine Ahnung … versuchen wir, etwas Zeit zu gewinnen, vielleicht fällt uns etwas ein.“ Er erhob sich und wandte sich an den weißen Goblin: „Fladnag! Gib uns ein wenig Zeit, über dein Angebot zu beraten! Es würde uns beweisen, dass du es ernst meinst!“
    Der weiße Goblin grinste, wobei er eine Reihe nadelspitzer Zähne sehen ließ, die deutlich gelber waren als der Rest seines Körpers. „So sei es!“, rief er und wedelte dabei wichtigtuerisch mit seinem Szepter herum, „Doch lasst euch nicht zu viel Zeit, meine Geduld ist begrenzt!“

    „D-d-da-...“ – Das meint ihr nicht ernst!, wollte Thara den Brüdern entgegenbrüllen, als sie vorschlugen, sich den Goblins zu ergeben, aber die Worte blieben ihr geradezu im Hals stecken und sie schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Das schwarze Feuer, das noch immer ihre Fingerspitzen umspielte, zischte nachdrücklich.
    „Wooow, ganz ruhig, Kleine!“, rief Dean und hob beschwichtigend die Hände, „Wir werden schon einen Weg finden, aus dem ganzen Schlamassel herauszukommen. Glaub mir, es ist nicht das erste Mal, dass irgendwer versucht, uns einzusperren!“
    „Wär besser, die hätten es geschafft, das hätte uns ne Menge Ärger erspart“, kommentierte Olivia trocken.
    „Haben sie aber nicht!“, sagte Dean und setzte ein penetrantes Grinsen auf, „Und es wäre ja auch wirklich schade gewesen, wenn ich euch drei Hübschen nicht kennengelernt hätte!“
    Sam verdrehte die Augen. „Okay, Dean, bist du fertig? Also – unsere jetzige Lage ist aussichtslos. Wir sitzen hier in der Falle! Viel länger können wir uns nicht mehr verteidigen. Wenn wir versuchen, zu kämpfen, sind wir tot. Das ist ein Fakt.“ Sam pausierte kurz und ließ die Worte wirken. Olivia murmelte etwas vor sich hin und tätschelte dabei den Schädel in ihrer brandlöchrigen Tasche, Thara senkte nachdenklich den Kopf. „Auf der anderen Seite“, fuhr Sam fort, „wie Dean schon sagte, mit Ausbrüchen haben wir Erfahrung. Es ist unsere beste Chance … unsere einzige Chance! Also?“ Er sah Thara ernst an. Das Mädchen zögerte kurz, ließ dann aber die Schattenflamme erlöschen und nickte schwach. Sam ließ sich vor ihr auf ein Knie nieder, worauf Thara fast reflexartig die noch immer bewusstlose Arzu enger an sich zog, als hätte sie Angst, dass man sie ihr wegnehmen wollte. Sam zögerte einen Augenblick, schob dann aber Arzus Haare zur Seite und besah sich die Kopfwunde.
    „Sieht übler aus, als es ist“, meinte er schließlich, „Eine Platzwunde am Kopf blutet zwar stark, ist aber nur oberflächlich. Sie wird sicher bald wieder zu sich kommen.“
    Thara sah ihn kurz an, ohne etwas zu sagen. Sie wollte ihm gern glauben, tat es aber nicht. Wenn die Wunde nur oberflächlich war, wieso war Arzu dann schon so lange bewusstlos? Sie wünschte sich mal wieder, dass Sinistro da wäre. Der hätte bestimmt gewusst, was Arzu fehlte. Aber nein, Sinistro war tot, und sie war schuld … und wenn jetzt auch noch Arzu sterben sollte, weil sie keine Hilfe bekam, dann wäre auch das ihre Schuld! Wenn sie sich dann selbst umbrachte, würde Beliar sie überhaupt noch in seinem Reich akzeptieren? Was würde mit ihrer Seele passieren, wenn er es nicht tat …?
    „Keine Sorge, wir finden sicher eine Lösung!“, riss Dean sie aus ihren Gedanken. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie er neben seinen Bruder getreten war. Dean zog seine Jacke aus, ein seltsam geschnittenes Kleidungsstück aus weichem Leder, und breitete sie wie eine Decke über Arzu. „Diese kleinen Mistviecher mit ihrem weißen Boss sind doch dumm wie drei Meter Feldweg! Wirst schon sehen, wir sind schneller wieder auf freiem Fuß, als du ‚Abrakradabra‘ sagen kannst!“ Er zwinkerte ihr aufmunternd zu und klatschte anschließend in die Hände. „Tja, dann …“

    „Wir ergeben uns!“, rief Sam und hob beide Hände, „Unter der Voraussetzung, dass ihr uns zu eurem Anführer bringt! Diesem … Metronom!“
    „Meraton!“, keifte Fladnag, „Der allmächtige Herrscher des einzig wahren Volkes heißt Meraton, merk dir das, Unwürdiger!“
    „Okay, dann halt … Meraton. Bringt uns zu ihm!“
    „Das werden wir, Mensch, das werden wir!“, kicherte Fladnag, sichtlich mit sich selbst zufrieden, „Aber alles zu seiner Zeit! Kommt jetzt heraus, und legt eure Waffen nieder!“
    Unter den wachsamen Augen der Goblins leisteten sie Fladnags Anweisung folge. Dean trug Arzu (Thara ließ ihn dabei keine Sekunde lang aus dem Auge), Sam legte die Waffen der Brüder auf einem flachen Stein ab. Ohne Munition, hatten sie erklärt, seien ihre Zauberstöcke sowieso nutzlos. Schließlich standen die fünf vor dem weißen Goblin, der aus der Nähe betrachtet sogar noch weniger majestätisch aussah. Selbst auf seinem Reittier sitzend war er kaum mit den Brüdern auf Augenhöhe.
    „Kann ich meine Taschenlampe wiederhaben?“, fragte Dean. Fladnag sah ihn eine Sekunde lang verwirrt an, ignorierte die Bemerkung aber.
    „Ihr habt gut daran getan, euch zu unterwerfen, Unwürdige!“, krächzte er und kicherte wieder auf höchst unmajestätische Art, „Fesselt sie, und dann ab auf den Karren mit ihnen!“
    Auf einen Wink mit seinem Szepter – Deans ‚Taschenlampe‘ – hin, fielen die Goblins plötzlich über ihre Gefangenen her und zerrten sie zu Boden. Versuche, sich zu wehren, waren angesichts der Übermacht aussichtslos. Olivia schaffte es fast, noch eine Schattenflamme zu beschwören, aber nur fast – dann wurden ihr, wie den anderen auch, die Arme auf den Rücken gebogen und mit groben Seilen an den Handgelenken gefesselt. Nicht einmal Arzu blieb diese Behandlung erspart, was Thara mit noch mehr Wut und Hass auf die kleinen Mistviecher erfüllte – und mit Hass auf sich selbst, weil sie mal wieder völlig ohnmächtig nur zusehen konnte. Dabei hatte sie Arzu doch versprochen, dass ihr nichts passieren würde! Was waren ihre Versprechen wert, wenn sie sie nicht halten konnte?

    Nachdem sie sie gefesselt hatten, hievten die Goblins ihre Gefangenen wieder auf die Füße. Fladnag nickte zufrieden.
    „Gut, gut! Und nun … eines noch. Einer von euch hat etwas, woran der allmächtige Herrscher sehr interessiert ist. Ein Schwert, und eine Rune …“ Er richtete sein Szepter auf die Gefangenen und ließ es plötzlich wieder in gleißendem Licht erstrahlen. Langsam ließ er den Lichtkegel über ihre Gesichter wandern. Thara kniff die Augen zu, als er auf sie fiel.
    „Du!“, keifte der weiße Goblin, „Ja, ich kann es spüren! Du hast die Artefakte bei dir!“
    „W-was? NEIN!“, rief Thara entsetzt. Wie konnte das sein? Woher wusste der verdammte Goblin von dem Lichtschwert und der weißen Magie-Rune? Einer von Fladnags Handlangern kam herangehüpft. Thara trat nach ihm, aber er sprang kichernd zur Seite und schien das ganze eher lustig zu finden. Plötzlich schnellte seine Faust vor und er verpasste dem Mädchen einen gezielten und unerwartet harten Schlag in die Magengrube. Thara blieb die Luft weg und sie krümmte sich zusammen. Hilflos musste sie zusehen, wie der Goblin in die Tasche ihres Kleides griff und die wertvollen Artefakte herauszog.
    „Wunderschön …“, säuselte Fladnag, als ihm das Schwert und die Rune überreicht wurden, „Und jetzt, schafft sie mir aus den Augen!“ Er warf stolz den Kopf in den Nacken und wendete sein Reittier, die Gefangenen keines weiteren Blickes würdigend.

    „Hey Fahrer, wie wär’s mit Musik?“, fragte Dean. Der Goblin, der auf dem Kutschbock saß, reagierte nicht. „Mh, wohl nicht …“ Dean rollte mit den Schultern und versuchte, sich etwas bequemer hinzusetzen. Der grob zusammengezimmerte Leiterwagen, mit dem sie transportiert wurden, hatte Goblingröße und war eindeutig nicht für eine Fracht aus fünf Menschen ausgelegt, selbst wenn es sich bei dreien davon um zierliche Frauen handelte. Entsprechend angestrengt schnauften auch die beiden Beißer, die sie über die steinige Ebene ziehen mussten.
    „Zumindest müssen wir nicht laufen!“, bemerkte Olivia. Ihre Stimme triefte vor giftigem Sarkasmus. Wenn Blicke töten könnten, wären die Brüder längst Asche im Wind.
    „Wenn du unsere Kutsche sehen würdest …“, seufzte Dean. Olivia schnaubte verächtlich.
    Thara achtete nicht auf die Wortgeplänkel. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt Arzu, die noch immer nicht zu sich gekommen war und zwischen ihnen auf dem Boden der Kutsche lag. Arzus Kopf ruhte in Tharas Schoß, so dass er zumindest nicht bei jedem Stoß hin- und herrollte. Es war alles, was Thara gerade für ihre Gefährtin tun konnte.
    „Es tut mir Leid …“, flüsterte sie und hob den Blick zum Horizont, wo sich der schwarze Schatten des Kastells vor dem in fremdartigen Farben schimmernden Himmel abzeichnete. Das Kastell, von dem sie gehofft hatte, darin Rettung, eine Zuflucht, ein Zuhause zu finden.
    Hier jedoch wirkte es nur düster und bedrohlich, wie ein Schicksal, dem sie nicht entrinnen konnten.
    Geändert von Thara (06.02.2024 um 21:59 Uhr)

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    Ranger Avatar von Arzu
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Arzu ist offline
    Langsam schlug Arzu die Augen auf. Ihre Umgebung sah unscharf und düster aus. Dann erkannte sie, dass sich ein Gesicht über ihrem eigenen befand. Es dauerte einen Moment, bis die Schwarzmagierin erkannte, um wen es sich handelte. Es war Thara. Sie befand sich im Schoß ihrer Begleiterin.
    »Arzu! Du lebst!«, quiekte das dürre Mädchen überrascht.
    »Natürlich lebe ich.«, antwortete Arzu. »Was ist passiert? Wo sind wir?«
    Die Varanterin versuchte sich zu erheben, als ein starkes Schwindelgefühl sie überkam. Hätte sie nicht bereits auf dem Boden gelegen, hätte sie das ohne Zweifel dazu gezwungen. Zu ihrem Glück war Thara da, um Arzu aufzuhelfen. Auch wenn es nur in eine sitzende Position war.
    »Die Goblins haben dich verletzt!«, erklärte ihre Begleiterin mit überraschender Bestimmtheit, nur um im nächsten Satz wieder in ihre alte Gewohnheit zurückzufallen. »I-i-ich dachte schon, du wärst... wärst tot.«
    »Ich fühle mich auf jeden Fall richtig dreckig.«, erwiderte die Schwarzmagierin und blickte sich um. Sie befanden sich in einer kleinen Kammer. Keine Laterne, keine Kerzen oder sonstige Lichtquellen erhellten den Raum. Dennoch gaben die Wände einen fahlen Schein von sich, der gerade ausreichte, um bis zur gegenüberliegenden Wand zu sehen.
    »Wo sind die anderen?«, fragte Arzu, als ihr auffiel, dass sie nur zu zweit waren.
    »Die haben sie in eine andere Zelle gebracht.«, sagte Thara, »Aber ich konnte d-d-dich nicht allein lassen!«
    Fürsorge klang in ihrer Stimme mit und Arzu war froh darüber, dass Thara bei ihr war. Die Varanterin lehnte sich an die Wand und betastete vorsichtig ihre Stirn. Die Stelle schmerzte und fühlte sich ungewöhnlich rau an. Es dauerte einen Moment, bis Arzu verstand. Es war geronnenes Blut. Sie musste ein wirklich grauenhaftes Bild abgeben. Ihre Kleidung war zerfetzt, ihr Körper geschunden. Was gäbe sie jetzt für ein Badehaus. Heißes, klares Wasser, die Luft schwanger mit dem Geruch von erlesenen Kräutern, dazu eine handvoll muskulöser Männer, die der Schwarzmagierin jeden Wunsch von den Lippen ablasen.
    Erschöpft lehnte Arzu ihren Hinterkopf gegen die kühle Wand und schnaufte. Dieser ganze Blödsinn wegen eines Schlüssels. Ihr Blick wanderte zu Thara, die an ihren Haaren fummelte. Ein wenig schuldig fühlte sich Arzu inzwischen. Sie hatte das dürre Mädchen einfach mit sich geschleppt. Es lag in ihrer Verantwortung. Der Gedanke gab der Varanterin Kraft. Kraft genug, um langsam aufzustehen. Thara sprang geradezu auf die Beine, um ihr dabei zu helfen.
    Arzu blickte sich um. Viel gab es im Dämmerlicht nicht zu entdecken. Die Kammer war genauso lang wie sie breit war. Es gab kein Mobiliar oder andere Gegenstände und das glatte Mauerwerk wurde nur an einer Stelle unterbrochen. Eine schwarze Tür, ohne erkennbaren Griff oder Schloss. Vergebens versuchte Arzu ihre Finger in den Spalt am Türrahmen zu zwängen. Vielleicht mit Magie, dachte sie sich und trat einen Schritt zurück. Ihre Schattenflamme würde gewiss kurzen Prozess mit der Tür machen.
    Die Schwarzmagierin hielt ihre Hände vor sich und konzentrierte sich, dazwischen den Zauber zu beschwören. Nichts geschah. Arzu mutmaßte, dass die Verletzung daran Schuld war. Doch wie ihr Vater immer zu sagen gepflegt hatte: man musste nur wollen! So versuchte sie es erneut. Der Schmerz an ihrer Stirn wuchs, dass sie unweigerlich ihr rechtes Auge schloss. Es war vergebens.
    »Ich kann nicht mehr zaubern.«, stellte Arzu verärgert fest. »Thara, du musst die Tür aufsprengen. Aber sei vorsichtig!«
    Verschüchtert nickte ihre Begleiterin und Arzu machte ihr Platz. Natürlich machte sich die Varanterin Sorgen darüber, was für ein Inferno schwarzer Flammen Thara heraufbeschwören würde. Aber wenn es dabei half aus diesem Gefängnis herauszukommen, nahm sie das in Kauf.
    »Konzentriere dich! Denk' an die magischen Fäden!«, animierte die Varanterin Thara nach einer Weile.
    »I-i-ich versuch' ja!«
    »Du musst auch keine Rücksicht nehmen!«
    »Es will einfach nicht!«
    Ein wenig ungeduldig trat Arzu an Thara heran und inspizierte ihre Hände. Es grauste ihr bei dem Anblick der abgenagten Fingernägel. Doch zu sehen war nichts. Insgeheim wusste Arzu allerdings auch nicht, wonach sie hätte suchen sollen. Es hatte sich einfach richtig angefühlt, das zu tun.
    »Haben die Goblins was mit uns gemacht, bevor wir hier reingeworfen wurden?«
    Thara schüttelte vehement den Kopf. Unterdessen rasten die Gedanken der Schwarzmagierin auf der Suche nach einer Antwort. Es lag ihr auf der Zunge.
    Verärgert schnaufte Arzu und blickte sich abermals in der Kammer um. Nichts als glatte, fahl schimmernde Wände. Die Decke sah genauso aus und der Boden ebenfalls...
    Ein Loch! Auf der gegenüberliegenden Seite der Tür befand sich ein Loch im Boden! Es fiel einzig dadurch ins Auge, da es wirklich tiefschwarz war. Arzu kniete sich daneben und lugte vorsichtig in die Schwärze. Das war auch alles, was sie dort erkennen konnte. Das fahle Schimmern der umliegenden Steine wurde geradezu von dem Loch verschluckt. Außerdem stieg der faule Geruch von Verwesung daraus herauf. Hatte sie die Toilette gefunden? Dabei hatten sie nicht einmal trocken Brot in der Zelle oder Wasser zum Trinken. Wozu also? Auch war das Loch eindeutig zu groß für diesen Zweck. Zwar waren Arzus Hüften zu breit vollständig darin zu verschwinden, doch eine falsche Bewegung und ihr Hintern würde in der Finsternis festsitzen. Ein kalter Schauer überkam die Varanterin bei dem Gedanken.
    Ein leises Grummel erinnerte Arzu daran, dass sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gegessen hatte. Seltsam war nur, dass ihr Bauch sich nicht danach anfühlte. Ihre Augen wurden größer und sie entfernte sich zügig vom Loch. Es war nicht ihr Bauch gewesen, der dort gegrummelt hatte. Es kam aus dem Loch.
    »Geh auf keinen Fall näher ran, Thara!«, warnte Arzu das dürre Mädchen. An diese Geschichte konnte sie sich nur zu gut erinnern. »Das muss der Allesfresser sein.«

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    Provinzheld Avatar von Thara
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Thara ist offline
    „D-der Alles…?“, setzte Thara an, wurde aber von einem erneuten Knurren aus dem Loch unterbrochen, lauter diesmal. Ein tiefes, dröhnendes Geräusch, das geradezu ihre Eingeweide vibrieren ließ und sich nach etwas wirklich, wirklich Großem anhörte.
    „W-was i-i-ist das?”, stotterte sie und drückte sich an Arzu, die vorsichtshalber so weit auf Abstand von dem unheilvollen Loch ging, wie es möglich war. Angesichts der engen Zelle war dieser Abstand allerdings nicht sonderlich groß.
    „Pssst!“, zischte die Varanterin und legte einen Finger auf die Lippen, „Ich weiß nicht, ob es uns hören kann!“
    Thara nickte, presste die Lippen zusammen und wagte kaum noch zu atmen. Aus der schwarzen Tiefe ertönte jetzt ein konstantes, auf- und abschwellendes Grummeln und Knurren. Die beiden Magierinnen pressten sich in eine Ecke ihrer Zelle und starrten gebannt auf das Loch.
    Plötzlich regte sich etwas in der Dunkelheit. Etwas kam aus der Öffnung hervorgekrochen, etwas langes, schwarzes, das in dem fahlen Schimmer, der von den Wänden ausging, ölig glänzte. Im ersten Moment dachte Thara, es würde sich um Fußßie handeln, aber sie erkannte schnell, dass es nicht der Tausendfüßler sein konnte. Was da aus dem Loch kam, war weich und nachgiebig, wie eine riesige Schnecke, und tastete blind umher. Immer, wenn es den Boden oder die Wand berührte und sich wieder davon löste, gab es ein schmatzendes Geräusch von sich und hinterließ eine glänzende Schleimspur. Ein fauliger Geruch ging von ihm aus, wie von Fleisch, das zu lange in der Sonne gelegen hatte und anfing, zu verwesen.
    „Das muss einer seiner Tentakel sein…“, flüsterte Arzu voller Ekel. Der Tentakel tastete weiter die Umgebung des Lochs ab, er war mittlerweile so lang, dass er die Decke und jeden Winkel der Zelle erreichen konnte – auch die Ecke, in der Arzu und Thara sich zusammenkauerten.
    Thara versuchte noch einmal, die Magie für eine Schattenflamme heraufzubeschwören, nur für alle Fälle, aber es wollte einfach nicht gelingen! Diese Energie, mit der die Luft sonst geradezu aufgeladen zu sein schien – sie fehlte vollkommen. Da war keine Magie! Nichts! Als wäre der Raum, in dem sie sich befanden, schlichtweg magielos. Frustriert gab Thara es auf und verfolgte angespannt die erratischen, zuckenden Bewegungen des Tentakels.
    Das schleimige Ding klatschte auf den Boden und wand sich bis in die gegenüberliegende Ecke, wo es ein Stück die Wand hochkroch. Als es dort nichts von Interesse fand, zog es sich plötzlich zusammen und stülpte sich in die andere Richtung wieder aus.
    „Vorsicht!“, rief Arzu und stieß Thara zur Seite, während sie selbst in die andere Richtung davon hechtete. Der Tentakel landete genau dort, wo sie gerade noch gestanden hatten. Ein Beben lief durch das schleimige Ding und sein Ende richtete sich auf, wand sich mal in die eine, mal in die andere Richtung, als würde es mit irgendeinem fremdartigen Sinnesorgan nach dem Ursprung des Geräuschs suchen. Thara drückte sich gegen die Wand und hielt den Atem an. Hatte dieses Ding sie irgendwie bemerkt? Hatte es vielleicht Arzus Warnruf hören können?
    Plötzlich richtete sich der Tentakel auf Arzu. Die Varanterin erstarrte und presste einen Fluch zwischen den Lippen hervor. Der Tentakel schoss nach vorn und Arzu versuchte, auszuweichen, schaffte es aber nicht ganz. Das schleimige Ding wickelte sich um ihren Knöchel und zog mit einem Ruck an. Arzu schlug der länge nach auf den Boden und wurde von dem Tentakel in Richtung des Loches gezogen.
    Thara zögerte keine Sekunde. Ohne auch nur einen Gedanken zu verschwenden, stürzte sie sich auf den Tentakel, schlug auf ihn ein, kratzte und zog mit all ihrer bescheidenen Kraft an ihm. Das Gewebe war ekelhaft weich und nachgiebig, zugleich aber auch zäh, und der Schleim, mit dem es bedeckt war, unangenehm klebrig. Thara schenkte dem jedoch keine Beachtung. Für sie zählte nur, Arzu aus dem Griff des Monsters zu befreien. Sie zog und zerrte – und tatsächlich, irgendwie schafften es die beiden, den Tentakel so weit zu lösen, dass Arzu ihren Fuß aus der Umklammerung ziehen konnte.
    Thara wollte sich erleichtert zur Seite fallen lassen, als der Tentakel, seines Opfers beraubt, sich nach hinten bog und sich um ihre Hüfte wickelte. Sie keuchte überrascht und riss die Augen auf, als die Umklammerung ihr die Luft aus der Lunge presste. Plötzlich wurde sie in die Höhe gehoben und durch die Luft gewirbelt, oben war unten, unten war oben, alles nur noch ein grauer Schleier. Thara strampelte und schlug um sich, aber umsonst. Der Tentakel hatte sie fest im Griff, viel fester als zuvor Arzu, und zog sie unbarmherzig in Richtung des finsteren Abgrunds, aus dem ein dumpfes, fast schon triumphierendes Brüllen dröhnte. Er schlug noch einmal auf den Boden auf, Thara sah einen Moment Sternchen vor Augen, bevor sie den Kopf heben konnte.
    „Arzu…!“, rief sie verzweifelt und streckte die Hand aus.
    Dann verschwand das Mädchen mit einem stummen Schrei auf den Lippen in dem finsteren, bodenlosen Loch.

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