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    Abenteurer Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Nordwestlicher Sumpf, 3. Tag, Nachmittag

    In der Stille des Waldes, unterbrochen nur vom gelegentlichen Rascheln des Laubes und dem fernen Ruf eines Käuzchens, bewegte sich die Weiße Wölfin mit der Vorsicht eines erfahrenen Jägers. Ihre Sinne waren vollkommen auf die Umgebung eingestellt, jeder Teil von ihr war wachsam und bereit. Plötzlich hielt sie inne, ihre Nase zuckte und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Ein schwacher, aber unverkennbarer Geruch hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Derselbe, den sie in der Mulde unter dem hervorstehenden Felsen wahrgenommen hatte.
    Sie senkte den Kopf näher zum Boden, ihre Nasenlöcher weiteten sich, als sie die Luft einsog. Der Duft war erdig und scharf – die unverwechselbare Spur eines Dachses. Sie folgte der Fährte, ihre Bewegungen waren bedacht und leise, um nicht das geringste Geräusch zu machen, das ihre Anwesenheit verraten könnte. Der Geruch wurde zunehmen stärker, ein Zeichen dafür, dass sie sich ihrem Ziel näherte.

    Zarra spürte, wie ihre Instinkte übernahmen. Ihr Körper spannte sich an, bereit zum Angriff, doch ihr menschlicher Verstand hielt sie zurück. Der Wolfsgeist hatte ihr eigenes Wesen in die Enge getrieben, doch nun wehrte sie sich, wollte nicht zulassen, dass er über ihr Handeln bestimmte. Sie war kein rücksichtsloses Raubtier, sondern ein Wesen, das zwischen zwei Welten gefangen war. Trotzdem konnte sie die Aufregung in ihren Adern spüren, das pulsierende Leben des Waldes, welches sie umgab.
    Die Spur führte sie zu einem umgestürzten Baum, dessen Wurzeln eine kleine Höhle freigegeben hatten. Vorsichtig näherte sie sich, ihre Ohren lauschten auf jedes Geräusch, ihre Augen durchdrangen den Schatten des Blätterdachs. Ein leises Schnauben verriet die Anwesenheit des Dachses, der sich in seinem Bau sicher wähnte.
    Die Wölfin verharrte, ein Teil von ihr wollte eindringen und die Konfrontation suchen, doch wieder wehrte sich ihre menschliche Seite, begehrte auf gegen den Jagdtrieb. Doch sie unterlag dem wilden Vorhaben des Raubtiers.

    Mit einem plötzlichen Sprung stürzte sie sich auf den Eingang des Baus. Ihre Krallen gruben sich in die Erde, als sie sich hineinzwängte. Das Schnauben des Dachses wurde zu einem erschrockenen Quieken, als er die Gefahr erkannte.
    Ein wildes Getümmel begann. Staub und Erde wirbelten auf, als die Weiße Wölfin und der Dachs im Kampf miteinander rangen. Ihre Krallen fuhren über die fette Hautschicht des Grimbarts, zogen blutige Furchen nach sich. Sie selbst stieß immer wieder gegen die erdigen Höhlenwände, wurde ebenfalls von dem großen Mader gekratzt, was sie mit einem wilden Knurren erwiderte. Sie versuchte die Kehle ihrer Beute zu erreichen. Ihre Zähne fanden ihr Ziel. Ein durchdringender Schrei hallte durch den Wald. Dann war es still.

    Die Wölfin trat aus dem Bau, das Fell des Dachses zwischen ihren Zähnen. Ihr Atem ging schwer, und ihr Herz schlug wild in ihrer Brust. Ein Gefühl der Befriedigung durchströmte sie, doch es war gemischt mit einer tiefen Traurigkeit. Sie hatte gehandelt wie ein Wolf, doch in ihrem Herzen wusste sie, dass sie noch immer ein Mensch war.
    Sie legte ihre Jagdbeute ab, leckte sich die Lippen, um sie vom frischen Blut zu säubern. Sie schnupperte, versuchte auszumachen, ob Gefahr in unmittelbarer Nähe drohte. Doch sie roch nur den Wald und den frisch erlegten Dachs. Sie umrundete den Kadaver, wusste nicht so recht, was sie fühlen sollte. Sie heulte, entließ ihre Trauer und ihren Triumph in die Welt.

    Im Schatten der Bäume, nur unterbrochen von einzelnen Strahlen der nachmittäglichen Sonne, die durch das dichte Blätterdach brachen, erschien etwas, dass Zarra für unmöglich hielt. Sie stand still, ihr Atem bildete kleine Wölkchen, durch den Kontrast des heißen Blutes und der verhältnismäßig kühlen Luft nach dem gestrigen Gewitter.
    Zwischen den Stämmen, im flackernden Spiel von Licht und Schatten, erschienen Gestalten, groß und majestätisch, mit Pelzen so dunkel wie die Nacht und Augen, die wie Sterne funkelten. Ihr Blut schien zu brennen, als sich ihr dieser Anblick bot, immer mehr Artgenossen traten zwischen den Bäumen hervor, beobachteten sie, waren ihrem Ruf gefolgt. Einige von ihnen jaulten, doch blieben die meisten still, bewegten sich lautlos. Ihre Pfoten hinterließen keine Spuren auf dem weichen Waldboden. Sie umkreisten Zarra und ihre Beute, ein Tanz der Geister, der die Grenze zwischen den Welten zu verwischen schien. Ihre Präsenz war tröstlich, doch auch ehrfurchtsgebietend, eine Verbindung zu einer Zeit, in der Magie und Natur untrennbar miteinander verwoben waren.

    Die Weiße Wölfin fühlte, wie die Kraft der anderen Wölfe sie durchströmte, wie ihr Blut in Wallungen geriet und der Drang sich ihnen anzuschließen ins Unermessliche anstieg. Sie heulte zum Himmel, ein Klang, der tief aus ihrer Seele kam und durch den Wald hallte. Die anderen Wölfe schlossen sich ihr an, ihre Stimmen verschmolzen zu einem Chor, der das alte Lied der Freiheit und der Wildnis sang. Die Szene war zeitlos, ein Moment, der sich in Zarras Herz brannte.
    Als die Vision sich auflöste und die Wölfe zwischen den Bäumen wieder verschwanden, blieb das Gefühl der Stärke und Verbundenheit zurück. Der Wolf in ihr war beschwichtigt, doch sie, das Menschenmädchen, noch nicht. Mit der Kraft der animalischen Seele packte sie ihre Beute und zog sie mit sich. Zurück gen Südosten lief sie. Dieses Mal würde sie das Basislager erreichen.
    Geändert von Zarra (19.04.2024 um 20:11 Uhr)

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    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Westlicher Sumpf, 3. Tag - Kiyan, Ornlu und seine Jungs

    Schweiß ran dem Druiden an den Schläfen entlang. Sein ganzer Körper war unter Spannung und sein Herz schlug höher. Seine Kleidung und vor allem die Stiefel waren verdreckt von unzähligen Schritten durch Waldboden, sumpfigen Untergrund und kniehohen, stehenden Wasser.
    Aber das war es wert. Was für eine Jagd! Was für ein Rausch! Was für eine Truppe! Die drei Wolfsbeseelten gaben das Tempo vor und es war wie mit Wölfen zu rennen und zu jagen. Und wer, wenn nicht Ornlu wusste wie sich das anfühlte?
    Sie rannten durch das Unterholz, sprangen über Wurzeln und umgestürzte Bäume und hielten, wenn etwas in der Luft lag. Drei Männer mit erhöhten Sinnen für die Jagd, für die Beute, die schon ahnen musste, dass sie gejagt wurde.
    Es war Vormittag gewesen, als sie Wrooot eingeholt hatten. Der Dämonenbaum hatte es wirklich geahnt oder gespürt, dass sie kamen. Hatte schon Bäume für sie vorbereitet, die sie stoppen sollten. Doch was brachten solche Riesen von roher Gewalt, wenn die menschlichen Wölfe - flink und geschickt - sie einfach umgingen, täuschten und gar nicht den Kampf mit ihnen suchten?
    Wrooot musste sich Okam und Kiyan schon erwehren, während Vigo sein Spiel mit den vier Baumriesen trieb, da flogen schon die Pfeile von Ornlu und Iun auf Wrooot und seine Schädel. Ornlus Pfeil ging daneben und Iun traf Wrooots Stamm. Kiyan und Okam mussten dann zurück weichen, weil Wrooot mit den eigenen Ästen um sich schlug. Erneut flogen dann wieder zwei Pfeile, während Okam mit dem Speer nach einem Schädel hechtete und laut knurrte und knapp verpasste, während Kiyan von der anderen Seite angriff.

    Das sollten sie machen! Stress! Panik auf den Dämonenbaum ausüben. Wrooot schlug wild um sich, schrie sein >Ich bin Wrooooot!< und suchte die Flucht, während seine Bäume auf die Schützen losgehen sollten. Auf teils acht Beinen oder Armen bewegte sich das Baumwesen rasch davon und Okam und vor allem Kiyan jagten wild hinterher. Kiyan war wie ein wildgewordener, von Blut berauschter Wolf, der sich fast schon zu vergessen schien. Der Rest rannte den Bäumen davon und eilte hinterher.
    Und so hetzten und trieben sie den Baumdämon durch das westliche Tooshoogebiet, als gäbe es keinen Morgen. Wie Wölfe jagten sie die große Beute. Immer wieder trieben sie Wrooot mit Tempoverschärfungen an, um ihn einzuholen und zur Reaktion zu zwingen. Wrooot wollte dann reagieren, schlug um sich oder begann einen Baum zu korrumpieren. Doch die Pfeile jagten dann schon hinterher und kaum vereinten sich die Nahkämpfer, suchte das Wesen die Flucht. Sie ließen Wrooot keine Zeit um zu handeln und vor allem die Wolfsbeseelten wechselten sich immer wieder als Treiber ab.
    Wrooot änderte irgendwann seine Taktik. Er wehrte sich, weckte neue Diener, doch keine Baumriesen. Stattdessen waren es Büsche, die fast im Schweinsgalopp attackierten. Doch hier war es dann meist Vigo mit seiner Waldläuferklinge, der sein Praktikum als Heckenstutzer mit Bravour bestand. Die Zeit fehlte Wrooot für Größeres und er wusste, dass sie wussten, dass seine Schädel die Quelle seiner Macht waren.
    Der Plan des Druiden ging langsam auf. Wrooot dazu zu treiben Fehler zu machen und Kraft zu verlieren. Am Nachmittag, nach sehr vielen Momenten, da sie ihn fast gestellt hätten - hatten sie Wrooot an der Grenze zu den südlichen Sümpfen gestellt. Iuns Pfeil fand sein Ziel und schlug in einen der Schädel ein. Der wurde brüchig und Teile davon fielen zu Boden. Wrooot ließ den Schädel los und hatte nur noch drei Schädel die seine Macht mehrten. Man sah, wie auch zwei seiner Arme begannen, langsamer zu werden und zu verkümmern.
    “Weiter!”, knurrte Ornlu und fluchte innerlich. Ornlu war kein so guter Schütze wie Iun. Es war gut genug für die Jagd, aber da stand das Ziel meist und schlug nicht tänzelnd mit seinen Ästen um sich oder bewegte sich. Doch das war nicht mehr wichtig. Er warf seinen Bogen zu Boden und löste seinen Druidenstab. Iun tat selbiges und eilte mit seiner Axt und seinem Schild zu den drei Wolfsbeseelten, um Wrooot endgültig zu stellen.
    Die teilten schon aus und Wrooot ebenso mit seinen sechs freien Ästen. Als Iun dazu kam und Ornlu gleich mit dem stabkeulenähnlichen Druidenstab los schlug, waren sie zu fünft gegen den Baumdämon. Der suchte natürlich einen Fluchtweg, doch dieses Mal nicht. Dieses Mal war da kein Jarvo der seine Gefährten bedrohte. Dieses Mal war da ein Rudel Wölfe, dass gemeinsam agierte.
    Wrooots rot glühendes Auge ging hin und her. Hin und her kamen dann die Attacken des sehr aggressiv agierenden Jagdkommandos um Ornlu. Stiche mit dem Speer, Attacken mit der Axt und Ornlu der mit wuchtigen Hieben auf Wrooot eindrosch. Immer griffen zwei an, zwei kamen dazu und der Fünfte versuchte einen Schädel zu erwischen, die Wrooot mittlerweile eng an seinen Stamm geführt hatte. Dann belauerten sie die Beute wieder, schritten im Kreis umher und drohten Wrooot knurrend oder mit ihren Blicken.

    Es war dann Okam der beherzt in den Stamm von Wrooot zustieß, sich da springend rein zog und mit seinem Jagddolch erst fast geschafft hätte Wrooots Auge zu erwischen, bevor er dann einen Schädel mit dem Knauf erwischte und noch ein paar Mal mit aller Kraft zuschlug. Dieser löste sich aus dem Griff des Baumdämons. Es war dann Vigo der Okam an den Beinen packte und weg zog, während Iun mit der Axt und dem Schild sich rein ‘wühlte’ und den Schädel mit einem Tritt von Wrooot weg beförderte. Der Baumdämon packte Iuns Schild und Iun und schleuderte ihn in die Höhe. Sein Schrei erklang, während Ornlu mit dem Druidenstab ausholte und den am Boden liegenden Schädel mit ganzer Wucht seitlich erwischte. Schädelknochen splitterten davon und Wrooot besaß nur noch zwei Schädel.
    Iun landete unglücklich auf dem Boden und wurde dann von Vigo weggezogen und verteidigt, bevor Wrooot ein Ziel erkannte. Aufstehen konnte er nicht wirklich, aber er brüllte sie alle mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Zu dritt attackierten sie nun den nicht mehr so mächtig wirkenden Baumdämon. Ornlus Hiebe donnerten gegen das Holz und Okam, sowie Kiyan suchten die Lücke.

    Wrooot bekam Ornlus Druidenstab zu greifen, doch sein Versuch, diesen zu brechen oder beeinflussen scheiterte am Druidenholz. Der Druidenstab flog davon und Wrooot suchte sein Glück darin, an Ornlu vorbei zu kommen. Doch da waren schon Okam und Kiyan, die mit den Speerschäften den Weg zu versperren wussten und Vigo der dazu kam und ähnlich wie Jarvo von hinten auf oder besser in Wrooot sprang. Mit wölfischen Grinsen packte er seine Klinge beidhändig und stieß mit dem Langschwert zu. Der nächste Schädel war zerstört und es war der Moment, wo nun alles zählte. Ornlu eilte zu seinem Druidenstab. Vigo rollte sich gerade noch rechtzeitig ab und Okams Speer bohrte sich in Wrooots Wurzeln. Kiyan stellte sich vor Vigo und Ornlu kam dann hinzu, um gemeinsam zu attackieren. Okam hatte den Part des Angreifers von hinten, als sich Wroot den Dreien vorne stellen musste.
    Ornlu entfachte ein Stakkato an Schlägen mit seinem Druidenstab. Links, rechts, von oben und unten - immer drauf und wurde dann von den Füssen geholt. Vigo schritt ein und Okam attackierte endlich. Doch Wrooot drehte sich und entging dem Speerstich auf den verbliebenen Schädel.
    Es war in diesem Moment jedoch Kiyan, der fast lautlos mit Speer und Dolch in Wrooot sprang.
    “Drauf!”, brüllte Ornlu stürzte sich kniend und sich am Stab aufrichtend nach vorne. Vigo griff die Klinge beidhändig und attackierte. Okam brüllte auf und stieß mit dem Speer nach Wroot. Vier Wölfe bissen zu...
    Geändert von Ornlu (19.04.2024 um 12:13 Uhr)

  3. Beiträge anzeigen #43 Zitieren
    Veteran Avatar von Kiyan
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    Westlicher Sumpf, 3. Tag - Kiyan, Ornlu und seine Jungs

    Wahrlich, sie kämpften wie Wölfe. Einzeln schon gefährliche Raubtiere, wenn sie zur Auseinandersetzung gezwungen sind, entwickeln sie als Rudel, das eine Beute auserkoren hat, eine Gefährlichkeit wie sie nur die Tierwelt hervorbringen kann.
    Als sie den wandelnden Dämonenbaum eingeholt hatten, hatten sich die Männer verteilt wie der Predator, dessen Seele sie gezeichnet hatte. Und wie Eiswölfe des Nordens, die ein Wollnashorn reißen wollen, hielten sie ihre Beute in Bewegung, ließen ihr keine Ruhe, kein Entkommen, kein Verschnaufen und kein Sammeln. Da waren nur Krallen und Kiefer, nein, Speer, Schwerter, Äxte und Pfeile.
    Ein Schädel splitterte.
    Die Wölfe witterten ihre Chance. Wie die erste große Wunde, die der Beute zugefügt wurde, verstärkten sie ihre Angriffe, nutzten die entstandene Schwäche gnadenlos mit dem Instinkt eines Jägers, der Kälte eines Mörders aus.
    Ein Wolf wurde beiseite geschlagen und das widerwärtig feuchte Knirschen, das zu hören war, sagte dem Rudel, dass etwas gebrochen worden war. Der Wolf namens Iun bellte heiser auf, schrie aus voller Kehle, als der Baum ihn und seinen Schild packte und davonwarf. Der schmerzerfüllte Schrei ihres Artgenossen stachelte die Wölfe noch mehr an, ließ sie noch wilder, noch rachsüchtiger kämpfen. Es ging um Wrooots Ende, aber wenn er auf dem Weg dahin noch etwas litt … nun, Auge um Auge, Knochen um Knochen.
    Der nächste Schädel splitterte. Die Beute strauchelte, schwankte, kämpfte nun verzweifelter, schlug um sich, immer rücksichtsloser. Auch der Dämon schien nun dem Credo zu folgen, dass wenn er schon untergehen musste, er so viele verfluchte zweibeinige Wölfe mitnehmen würde wie möglich.
    Der Jadewolf ging zu Boden. Die Wölfe Vigo und Okam schlugen zu, deckten den Alpha. Der Blutwolf witterte kalt lächelnd seine Chance, hob die Lefzen, dass die Fänge sichtbar wurden, von denen Blut (sein eigenes?) und Geifer tropfte. Die Augen fixierten das Ziel. Den letzten Schädel. Vom liegenden Iun hatte er sich einen Dolch geschnappt, hielt den nun in der linken, während in der rechten Hand der Speer ruhte. Er trabte los, leise, still wie ein Schatten und … sprang! Die Seele des Wolfes machte aus etwas, das vielleicht weit, aber nicht so weit gewesen wäre, den Satz eines Wolfes.
    Mit einem Schrei aus tiefster Kehle sprang der Speerwolf die Beute an, die Speerspitze stieß mit der Wucht eines orkischen Hammerschlags auf den Schädel nieder, der zersplitterte und abfiel. Wroot schrie auf, plötzlich unsagbar schwach, während das Gewicht Kiyans wie auch die Bemühungen der anderen Wölfe ihn zu Fall brachten. Krachend schlug der Baumdämon auf dem Boden auf, während Kiyan den Dolch beiseite warf und einen Moment mit der Wolfsseele rang, die die Fänge in das Holz schlagen wollte, die mit den Krallen nach dem Herz graben wollte.
    Ruhe!, donnerte Kiyans Stimme durch seinen eigenen Geist und die Wolfsseele zuckte zusammen, kauerte kurz, als der Herr in dieser Burg der Verstandes sein Recht einforderte, Ich entscheide, du gehorchst!
    Seine Sicht klärte sich, der Rausch verging, das Hochgefühl ebbte ab, aber die Instinkte des Wolfes, die Kälte des Jägers blieben. Auch den anderen Wölfen merkte Kiyan dies an. Vielleicht ließ der Effekt der Wolfsseele nach. Vigo schlug mit der Axt nach den Beinen, während Okam und Ornlu die Arme des Baumdämonen zertrümmerten.
    Wrooot schrie auf, verzweifelt und hasserfüllt.
    „ICH. BIN. WROOOT! ICH …“
    Vigo warf dem Gortharer die Axt zu, der den Speer ins Holz gestoßen hatte, die letzte Kraft des Wolfes nutzen, um die Waffe tief in den Leib zu stemmen.
    „… BIN! …“
    „Ja ja“, knurrte Kiyan verächtlich, „du bist Wroot, wir haben es verstanden!“
    Und schlug die Axt mehrmals nieder, trennte die hölzerne Rüstung, den Stamm Wroots auf, bis darunter ein einäugiges Wesen, knöchig, kahl, bedeckt mit anderweltlichem Schleim und Öl, zum Vorschein kam.
    „Ich …“ Nun klang es eher wie ein krächzendes Zischen, dass sich der dämonischen Kehle entrang, an mit Widerhaken besetzten doppelten Zahnreihen vorbei. „Ich …“
    „Du bist tot.“
    Die Axt fuhr nieder, direkt in das orangerot glühende Auge. Dämonischer Schleim spritzte auf, Flüssigkeiten, die aus Beliars Hölle stammten.
    „Sieg für die Wölfe und den Jäger“, der Gortharer wandte sich grinsend an die anderen, die die Waffen reckten. Kiyans Blick blieb kurz an Ornlu hängen, der ein knappes, anerkennendes Nicken zeigte. Der Jäger aus Ricklens Kommando stieg vom besiegten Baumdämonen.
    „Für Tooshoo“, murmelte er, ehe er schnellen Schrittes zu Iun ging, der einige Meter entfernt am Boden lag, bewusstlos und blass. Kiyans Magen drehte sich um. War das der Schleim, den er auf den Lippen schmeckte? Oder der Winkel, in dem Iuns rechtes Bein abstand?
    „Wir müssen ihn zurückbringen“, erklärte Kiyan, „Aber wir brauchen auch eine verdammte Trophäe. Schleppen wir den ganzen Mörderbaum zurück?“

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    Dr. Spirituum Naturalium  Avatar von Maris
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    Basislager, am Morgen des dritten Tages

    "Diesmal fällt die Route etwas größer aus als vorgestern", erklärte Maris der versammelten Gruppe im morgendlichen Dämmerlicht, während er mit der Spitze eines von Frank geliehenen Pfeiles auf den Ostteil der Karte von Tooshoo zeigte. "Nach Norden in Richtung Moleratfarm und dann am Fuß der Berge entlang zurück."
    Der Pausentag, an dem sie alle lediglich einfache Versorgungsaufgaben übernommen hatten, um nach dem Kampf gegen die Vettel zu regenerieren, hatte ihnen allen gut getan. Nicht, dass man in solchen Zeiten wirklich gut schlafen und sich erholen konnte, doch es genügte schon, nicht den ganzen Tag durch Brackwasser zu waten, um sich zumindest halbwegs für die nächste Aufgabe zu wappnen. Nun aber wurde es Zeit, nach vorn zu schauen und insbesondere ihre Führerin und Fährtenleserin einzustimmen auf das Kommende - denn sie würden sie brauchen.
    Maris beschrieb auf der Karte einen Bogen mit der Pfeilspitze entlang der eingezeichneten südlichen Bergkämme des Weißaugengebirges.
    "Von hier lösen wir uns von den Bergen und gehen bis hierhin."
    Der Pfeil ruhte auf einem kleinen, grauen Kästchen inmitten der satten Grüns. Sana zuckte zusammen und trat einen Schritt zurück.
    "Irgendwelche Probleme damit?", fragte er.
    "Nicht der Tempel", zischte sie. "Ich gehe nicht in den Tempel."
    "Nein, wir gehen nicht hinein", entgegnete Maris. "Gleiche Aufgabe wie vorgestern: wir spähen nur die Gegend aus und markieren die Gegend. Dass wir vorgestern in einen Kampf verwickelt wurden, lag nur daran, dass wir unseren Mitstreitern helfen mussten. Und wenn jemand in den Tempel geht, um herauszufinden, ob sich etwas darin versteckt, dann bin ich das und sonst keiner. Kannst du damit leben?"
    "Hm." Sana presste die Lippen aufeinander und wandte sich ab.
    "Scheiße, Mann. Mach's ihm doch nicht so schwer!", brummte Seamus. "Bring uns einfach hin, und wenn wir dort ankommen, setzt du dich in eine Ecke und rauchst eine."
    "Der Tempel ist alt und böse", fauchte Sana. "Dort wartet nur der Tod."
    Maris hob die Augenbrauen. "Was weißt du über den Tempel? Was ist da drin?"
    "Etwas Böses", nuschelte Sana abwesend. Sie hatte sich ihrem Hund zugewandt. "Ich geh da nicht rein."
    "Haben wir ja begriffen", knurrte Seamus. Er presste die Kiefer aufeinander und schüttelte den Kopf.
    "Also dann", griff Maris den Faden wieder auf, "Aufbruch beim Hornstoß - das dürfte bald sein. Macht euch fertig!"

    Die Gruppe trat auseinander, und jeder widmete sich seinen eigenen Vorbereitungen. Als Runa sich ebenfalls zu ihrer bereits fertig gepackten Ausrüstung begeben wollte, hielt Maris sie zurück.
    "Sehr witzig übrigens."
    Sie grinste. "War doch dein eigener Vorschlag, Paps!"
    "Nimm nicht alles so wörtlich, was ich sage."
    "Das merk ich mir, falls du mich mal wieder Fiannas Kram aufräumen schickst."
    Maris verdrehte die Augen. "Ha-ha. Und jetzt troll dich."
    "Zu Befehl, General!"
    Runa wandte sich um und schlenderte gut gelaunt an der Harpyienscheuche vorbei, die sie aus Maris' stinkender Nomadenkluft gebastelt hatte. Selbst einen Turban aus Moos hatte der Kamerad bekommen, der nun in ihrer Abwesenheit das Zelt ihrer Gruppe im Basislager hüten würde. Unweigerlich zupfte und zerrte Maris an der mit gehärtetem Leder verstärkten Kutte herum, die man ihm kurzerhand aufgedrückt hatte. Sie saß ausgezeichnet, aber sie fühlte sich einfach nicht richtig an seinem Körper an - ganz davon zu schweigen, dass der Kapuzenumhang vollkommen unpassend wirkte, wenn man einen Turban trug.
    "Na gut, dann wollen wir mal", sagte er und wandte sich seiner eigenen Ausrüstung zu. Eine letzte Überprüfung noch, bevor es losging - er wollte ja nichts vergessen.

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    Veteran Avatar von Onyx
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    Nördliche Tempelruine, 3. Tag, Nachmittag - Onyx - Auf Ogerjagd

    Stille im Blätterdach. Kein Piep, kein Ruf in der Ferne. Kein Lebewesen zu sehen.
    Er war bei der nördlichen Tempelruine. Noch ein Stück vom Tempel selbst weg, aber schon auf dem steinigen Plateau. Früher standen hier wohl Häuser und weitere Gebäude. Jetzt gab es nur noch Mauerreste und Pflanzen aller Art, die den gelblichen Steinplatten ihren ewigen Platz streitig machten.
    Der dunkle Oger schien die Tempelanlagen als Ziel zu haben. Zuerst im Zentrum, dann der Osten und nun der Norden. Wenn dann der Westen käme, wäre wohl ein Muster deutlich zu erkennen.
    Mit dieser Erkenntnis beobachtete Onyx den Riesen mit Keule. Wie er unbeeindruckt von den Verletzungen am Arm einfach weiter marschierte und etwas oder jemanden suchte.
    Ja, er wartete sogar. Hier schon gut eine Stunde ohne jegliche Regung.
    Wartete er auf die Nacht? Noch waren es ein paar Stunden bis dahin.
    Onyx blieb in Deckung und observierte mit stoischer Geduld den Oger und die Umgebung.

    All diese Tempelruinen und nie hatten sie diese vollständig erkundet. Zurecht musste er sagen, denn da unten war eine andere Welt. Nicht nur sein letztes Erlebnis war prägend. Auch die Odyssee mit der Gruppe um Andrahir, wo sie es mit Riesenspinnen aufnehmen mussten und Dinge fanden, die sich nicht einfach so erklären ließen.
    Vielleicht käme noch die Zeit, wo sie besser vorbereitet, wirklich loslegen würden. Doch zuerst gab es noch viele andere Dinge zu klären. Vor allem im Jetzt.
    Onyx stieg ein Geruch in die Nase. Unangenehm süßlich, wie Moschus nur extremer. Was roch nur so?
    Dann hörte er es auch. Etwas Schweres trottete auf den Oger zu.
    Etwas was er noch nie zuvor gesehen hatte. Größer als der Oger stand da ein Hirsch mit dem Körper eines jungen Trolls und schnüffelte am Oger. Der tat gar nichts, außer den Kopf zu heben.

    Der Jäger hatte sogleich versucht zu deuten, wo ein Pfeil wohl am besten Wirkung zeigen würde. Wohl der Kopf, denn durch das dichte Fell kam womöglich nichts durch. Dann kamen ihm Feuerpfeile in den Sinn und wie gut das Fell wohl brennen würde. Doch egal wie, dieses Vieh konnte man alleine nicht so einfach bezwingen. Allein die Pranken würden eine Kuh zerreißen und als dieser Hirsch-Troll-Bastard dann sein Maul aufmachte, wollte Onyx ganz bestimmt nicht zwischen die Zähne gelangen. Nein, dafür bräuchte es ein Jagdkommando mit Spezialisten für den großen Kampf.

    Unterhielten sie sich oder waren sie nur Verbündete die zu dumm waren irgend einen Satz richtig zu sagen?

    Als sich dann noch bei der Bestie das dritte Auge öffnete, wurde dem Waldläufer ganz mulmig zumute. War die Gestalt für sich nicht schon monströs - wurde es unheimlich durch sein drittes Auge. Er wandte sich ab, fühlte sich irgendwie orientierungslos und blickte erst wieder hin, als der Boden wieder etwas zitterte und das Wesen wieder losging.

    Im nächsten Moment erschreckte sich Onyx ungemein. Es hatte zuerst geraschelt und sprang dann aus dem Gebüsch.
    Ein Fuchs trottete vor ihn, schüttelte sich und drehte sich im Kreis. Als hätte das dritte Auge irgendwas gemacht.

    “Kschhhh! Gehen! Onyx nicht beste Freund! Adler kommen und dich jagen!”, wisperte er und wartete bis der Fuchs ihm in die Augen blickte. Onyx teilte das Gefühl, dass er eben noch hatte und warnte vor der Gefahr. Ob der Fuchs das genauso verstand? Oder ihn für einen Trottel mit seiner abgehackten Menschensprache hielt. Onyx hob noch einmal die Faust und zeigte in Richtung Oger und den Hirsch-Troll-Bastard, der nun hier umher streunte.
    Der Oger setzte sich in Bewegung und Onyx würde es auch. Bei dem Vieh wollte er nicht warten bis er gefunden wurde.
    “Rasheeda! Geh du Sohn einer dreibeinigen, roten Ziege!”, knurrte er auf varantisch. Der Fuchs lief weg.
    “Ein Varanter…”, dachte sich der Waldläufer und folgte dem Oger.

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    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Zentraler Sumpf, Tempelruine, 3. Tag, Dämmerung - Freiya

    Freiya atmete durch. Das Tanzen der Flammen beruhigte sie tatsächlich.
    Dann blickte sie sich um. Sie musste hier doch irgendwie rauskommen … Zuerst blickte sie in den Schacht hinein, den sie hinunter gekommen war. Doch es gab für sie keine Chance, diesen irgendwie emporzusteigen, die Wände waren zu glatt. Wahrscheinlich genau dafür gemacht, dass, was immer hier in der Grube gelandet war, nicht wieder rauskam. Sie wandte sich wieder der Kammer zu. Es war zwar komplett finster, weil das Tageslicht fehlte, aber sie erinnerte sich an den Durchlass weiter oben im Gemäuer, wo das dämmrige Abendlicht noch herunter gekommen war. Wenn sie nur bis dort hinauf käme, dort oben würde sie bestimmt weiterkommen!

    Sie hielt ihre improvisierte Fackel ein Stück nach oben, da fiel ihr ein Sims auf Gesichtshöhe ins Auge, der den ganzen Raum umrahmte. Weiter oben meinte sie einen weiteren Sims zu entdecken. Und wenn ihre Augen sie nicht täuschten, waren in regelmäßigen Abständen weitere in Stein gehauene Vorsprünge zu sehen, die wohl zur Bauart des Tempels gehörten. Wie Borten, die den Raum in der Höhe unterteilten und umrahmten.
    Ob sie da hoch käme? Was, wenn sie strauchelte? Wenn das glatte Gestein sie fallen ließ? Ihr Blick fiel wieder auf die Flamme in ihrer Hand. Nein, sie hatte nicht gemeinsam mit Ryu Ast um Ast von Bäumen erklommen, um nun vor ein paar Mauern zu kapitulieren. Hier war kein Lehrmeister und kein Seil. Aber es war ihre einzige Chance! Sie warf die Fackel auf den Sims und zog sich mit einem Ächzen hoch. Es war verdammt anstrengend, sich auf so einen hohen Vorsprung zu hieven! Als sie mit den Füßen aufgesetzt hatte, nahm sie die Fackel wieder in die Hand und stellte sich vorsichtig auf. Es war wirklich eng auf dem Sims, aber es funktionierte, sie stand. Der nächste Sims war bei weitem nicht so weit oben, wie der erste. Sie legte die Fackel wieder auf den Vorsprung und stemmte sich wieder nach oben.
    Das Glück ist ein Rindvieh und sucht seinesgleichen, fiel ihr Ronjas Lebensmotto ein, als sie sich erneut aufrichtete. Nur nicht nach unten sehen, wobei, da war inzwischen eh alles schwarz … Noch drei von diesen Vorsprüngen musste sie überwinden, dann ein paar Schritte an der Wand zur Aussparung hin balancieren und schließlich das letzte Mal hochziehen. Nun landete sie in einem Torbogen, die Fläche darunter war tatsächlich breiter, als die schmalen Vorsprünge zuvor.

    Keuchend blieb Freiya für einige Augenblicke auf dem Rücken liegen, als sie das letzte Hindernis überwunden hatte, die Fackel dicht an ihrer Seite. Dann rappelte sie sich auf und lunschte über den Rand hinaus. Nichts als Schwärze empfing sie. Es schauderte sie. Dann stand sie auf.
    „Danke für den Knochen“, sagte sie dann auf einmal in die Dunkelheit hinunter. „Gehabt Euch wohl!“
    Dann drehte sie sich um und trat durch den kleinen Torbogen hindurch. Die Jägerin richtete sich auf und erblickte einen schwarzen Gang vor sich. Ihre Muskeln schimpfen noch ob der Anstrengung, die sie eben erfahren hatten. Aber Freiya würde Ryu davon erzählen, wie sie die Mauern wie die Äste im Sumpf genommen hatte – doch dann wurde sie traurig und ließ die Fackel sinken … Sollte sie das? Würde sie das können?

    „Ohne dich und Griffin wäre ich jetzt wohl Würmerfraß ... Danke, Freiya ...“

    Ganz unvermittelt erinnerte sie sich an Ryus Worte, die er im Gebirge nach dem Kampf mit Odo an sie gerichtet hatte.
    Die Rothaarige hielt inne. Diese Worte … Ryu hatte sie ehrlich gesprochen. Und dankbar. Das würde ihr niemand nehmen können. Und wie ihr diese Szene unter dem Berg wieder in den Sinn kam, fiel ihr etwas auf: Diese Erinnerung und auch die Erinnerung mit dem Schwarzhaarigen, das konnte sie ganz genau als eben jenes ausmachen – als eine Erinnerung. Sie war so darauf versessen, die Dinge in dem dunklen Meer in ihrem Geist zu entschlüsseln, dass sie ganz genau wusste, was Erinnerung war und was nicht.
    Und diese Erscheinung … Jun … er war eben genau das gewesen: eine Erscheinung. Etwas, das ihr vorgegaukelt worden war. Von wem oder was auch immer. Ja, sie hatte Erinnerungen an ihn. Aber dieser Jun, den sie gesehen hatte, war einem Alptraum entsprungen!
    Die Jägerin straffte sich. Sie musste auf der Hut sein. Irgendein fauler Zauber war hier im Gange. Sie musste den Dingen auf den Grund gehen. Und allen voran Ryu und Griffin finden. Hoffentlich war es noch nicht zu spät …

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    King Kong Avatar von Griffin
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    Zentraler Sumpf, Tempelruine, irgendwann - Griffin

    Umringt von nichts als tiefster, dunkelster Schwärze und der Eiseskälte der Einsamkeit lag der vollkommen ausgelaugte Mann auf dem uralten Steinboden und blickte mit nur halb geöffneten Augen in die endlose Dunkelheit dieses Ortes. Aus seinem müden Blick, der sich mühevoll durch die nur halb geöffneten Augen quälte, war jegliche Kraft und alles Funkeln gewichen. Es wirkte, als habe sich sein Blick längst damit abgefunden, für immer in der Dunkelheit und die triste, erdrückende, monochrome Schwärze dieses von allen Göttern verlassenen Ortes zu ins Nichts zu blicken. Längst war jegliche Erinnerung an Farben und Formen, die er einst gesehen haben mochte, zu kaum greifbaren Erinnerungen verblasst, die sich gerade weit genug außerhalb seines Bewusstseins befanden, dass er sich ihrer nicht gänzlich entsinnen konnte. Jegliche Energie und jeder Wille, sich zu bewegen, waren aus seinem Körper geflohen. Die Extremitäten waren vom Körper gestreckt und die einzige Bewegung seines Körpers war der sich im unregelmäßigen Rhythmus seiner Atemzüge hebende und senkende Wanst.
    Anfangs noch hatte ihm die Kraft und der Wille gefehlt, die Tränen zurückzuhalten, aber mittlerweile mangelte es ihm sogar an Tränen, weswegen er vollkommen laut-, lust- und regungslos einfach nur dalag. Die Tränen auf seinen Wangen waren getrocknet und ihr salziger Geschmack hatte den bitteren Geschmack getrockneten Blutes von seinen Lippen gespült. Vor wenigen Minuten noch hatte sein Geist ihn mit immer denselben Vorwürfen gequält, die ihm sein ältester Freund so lautstark entgegen geworfen hatte, jetzt aber hatte ihn selbst der letzte folternde Gedanke verlassen, wie auch der Mann, der sie hervorgerufen hatte, längst in der Schwärze der Halle verschwunden war. Als er nach dem überraschenden Fausthieb auf dem Boden aufgeschlagen war, hatten der tosende Herzschlag, das Pulsieren seines Blutes und das Verlangen nach einem so erlösend scheinenden Schluck Alkohol sowie der Wunsch nach einem Zug Sumpfkraut seinen gesamten Körper ausgefüllt. Bereits seit geraumer Zeit aber hatte gähnende, schier endlose Leere in seinem Inneren längst jedes Gefühl von Unzulänglichkeit oder Schuld vertrieben und ihn als erschöpfte, inhaltslose Hülle zurückgelassen.

    Er hatte längst jegliches Zeitgefühl verloren, als die Stimme einer jungen Frau an sein Ohr drang und sich schlussendlich auch die Dunkelheit einem flackernden Fackelschein ergeben musste. Er hob wie von selbst den ausgestreckten in sein Sichtfeld und betrachtete für wenige Augenblicke seine eigene Hand, die er drehte, als habe er vergessen, wie sie aussah. Dann ließ er erschöpft den Arm sinken.
    Die Frauenstimme näherte sich, aber es war ihm unmöglich, genaues herauszuhören.
    Es folgten Minuten, in denen der Mann nicht so recht wusste, was geschehen war. Er hatte sich nicht bewegt, aber plötzlich standen da einige fremde Krieger vor ihm und stierten auf ihn herab. Sie schienen sich zu beratschlagen und riefen die Frau heran, deren barsche Befehlsstimme er bereits gehört hatte.

    Sie blickte auf ihn herab und er erschauderte.

    »Du? Nein..«

    Ungläubig weiteten sich seine Augen.
    Zum zweiten Mal am heutigen Tage füllten sie sich mit Tränen, als die rehbraunen Augen eines Mädchens, das längst zu einer jungen Frau herangereift war, seinem Blick begegneten und er verschwommen zusehen konnte, wie anfänglich harte Miene sich löste und der grimmige Gesichtsausdruck einem fragenden Blick wich, der seinerseits schließlich Ungläubigkeit und vollkommener Überraschung weichen musste.
    »G-Griffin?« Die feste Stimme der jungen Frau begann zu zittern und mit lautem Klappern landete das kunstvoll gearbeitete Schwert lautstark auf dem Steinboden. Sie sank auf ein Knie und beugte sich zu ihm herab. Während er sich eben nicht bewegen wollte, so war es ihm jetzt schlicht nicht möglich. Zu viele Gedanken tosten und dröhnten lautstark durch sein Innerstes und sein Körper verstand in diesem Chaos die Befehle nicht, die sein Kopf aussandte. Die Frau löste die Umarmung und ihr langes, blondes Haar fiel ihr ins Gesicht. Nichts war geblieben von dem strubbeligen, schmutzigen Haar, das sie einst ihr eigen genannt hatte.

    Er setzte sich auf.

    Zitternde Hände hob er langsam an ihr Gesicht, erstarrte aber im letzten Augenblick. Es fühlte sich so verwerflich und falsch an, ihre weiche und reine Haut mit seinen schmutzigen, schwieligen Händen zu beschmutzen. Also hielt er sich zurück. Die junge Frau aber griff mit ihren zarten Händchen beherzt nach seinen Pranken und presste ihr Gesicht gegen seine rechte Hand. Sie schloss die Augen und Tränen quollen unter ihren Lidern hervor. Die Wärme ihrer Haut und die Sanftheit der Berührung ließen sein Herz ein, zwei Schläge aussetzen.
    Er schloss sie fest in seine Arme.
    »Es tut mir so leid.«, flüsterte er schluchzend. Sie reagierte nicht.
    »Ich hätte nie-. Du warst so jung. Und ich. Ich war so dumm. Es tut mir so leid.« Sein massiver Körper bebte in den Armen der blonden Frau und Tränen tropften schwerfällig über seine heißen Wangen, sammelten sich in den stubbeligen Barthaaren und zerschellten und hunderttausend kleine Tröpfchen, wenn sie auf dem Steinboden aufschlugen. Er wusste nicht, wie lang er die Frau weinend im Arm hielt, aber als sie schließlich ihre Umklammerung lösten und sich ansahen, wünschte er sich, der Moment könne noch andauern. Wenigstens eine Winzigkeit länger. Einen halben Herzschlag, ein Viertel Augenblick, ein Hundertstel Wimpernaufschlag. Er wollte weiter die Wärme spüren, die sie ausstrahlte und die ihm die furchtbare Einsamkeit aus den Knochen trieb.

    Sie lächelte ihn müde an.
    »Du siehst genauso aus wie damals.«, sagte sie mit bebender Stimme und Tränen füllten erneut ihre Augen. Sie kämpfte nicht dagegen an. Er lächelte sehnsüchtig.
    »Alt bin ich geworden.«, stellte er ernüchtert fest. »Aber du?« Er betrachtete sie eingehend. Der kleine, vorlaute Wildfang war zu einer bildschönen jungen Frau herangereift. »Du bist noch schöner als an dem Tag, an dem ich...« Er hielt inne und senkte den Blick. Er konnte es nicht aussprechen. »Verzeih mir.«, flehte er sie an. Er vergrub sein Gesicht in den Händen und sank in sich zusammen. Wie könnte er jemals wieder gutmachen, was er ihr angetan hatte?

    »Griffin.«
    Er zuckte zusammen.
    Wagte es nicht, den Blick zu heben.
    Sie nahm seine Hände und hielt sie fest zwischen ihren Handflächen.

    »Ich bin einfach nur froh, dass ich dich wiederhabe.«, sagte sie.
    Er schluchzte unkontrolliert.
    »Ich habe dir vor Jahren schon verziehen.«, fügte sie sanft an.
    Er fiel ihr weinend in die Arme.
    Sie streichelte ihm sanft über den Kopf und hielt ihn fest.

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    Fischjägerin  Avatar von Larah
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    Basislager an der Jagdkommandantur, östliche Bruchwälder

    Gegen später Vormittag, gerade als Larah sich auf die Suche nach diesem Maris und seinem Jagdkommando machen wollte, war ein Gewitter über das Basislager hereingebrochen. Eben noch war es nur die dichte Wolkendecke über ihnen gewesen, die immer bedrohlicher und dunkler angeschwollen war, dann ein erster grollender Donner und schon hatten sich die Schleusen des Himmels geöffnet. Platzregen war einem Vorhang gleich über den verwitterten Turm und die Lichtung darum herum niedergefegt. Eilig hatten die umstehenden und viele, die sich gerade erst mit dem Gedanken an die anstehende Suche nach einem Mittagessen zu tragen begonnen hatten, Schutz in den umliegenden Zelten und unter den in weißer Voraussicht zwischen den Bäumen und Zeltstangen gespannten Planen gesucht.
    Larah hatte ihre Schlafstadt bereits am Morgen mit Yared gemeinsam abgebrochen, bevor dieser mit Melford das Lager verlassen hatte. Als der Regen sie erwischt hatte, hatte sie nur noch leichtes Gepäck bei sich getragen, das Netz, Proviant und ihre Waffen. Also war sie nicht zurück zu ihrem Lagerplatz geeilt, sondern hatte sich unter den halbwegs dichten Überrest eines Vordachs der ehemaligen Jagdkommandantur begeben. Ihre Waffen hatte sie an das morsche Gemäuer gelehnt und sich daneben auf den trockenen Boden niedergelassen.

    Viele Gedanken waren ihr durch den Kopf gegangen, als sie da gesessen hatte und dem herabstürzenden Regen zugeschaut und gelauscht hatte. Sie war nun das zweite Mal nach Tooshoo gekommen. Würde es wieder nur eine Durchgangsstation sein? Was würde geschehen, wenn die wilde Jagd vorbei war? Würde das Waldvolk den Wettstreit verlieren, würde sie weiterziehen. Doch was, wenn sie die Forderung des Herrn der Sümpfe erfüllt haben würden? Wie sollte ihre Zukunft dann aussehen? War ihr Platz dann hier? Der Herr der Sümpfe schien davon überzeugt, dass sie zum Waldvolk von Tooshoo gehörte. Andernfalls hätte sie wohl kaum das Mal erhalten. Doch was verband sie mit den Leuten hier? Sie hatte nicht den Eindruck, dass es besonders viel war. In Gorthar hatte sie wenigstens Blutsbande, in Myrtana ihre Freunde bei der Rattensippe und Jodas, ihren Lehrmeister. Sollte sie Yared fragen, ob er sie wieder mitnahm? Bis zu ihrer Ankunft damals am Strand von Tooshoo hatte sie jede freie Minuten darüber sinniert. Doch sie war nur im Angesicht des weiten grauen undefinierten Ozeans der Ungewissheit verzweifelt. Es schien keinen Platz für sie zu geben. In Schwarzwasser hatte sie sich durchgeschlagen, nun nicht mehr ganz so allein, wie auf den weiten des Ozeans, aber immer noch allein, auch wenn sie in Thália und Thélia gute Freundinnen gewonnen hatte.
    Doch wen kannte sie jetzt noch hier? Die Rattensippe würde so schnell keinen Fuß mehr auf Argaan setzen. Quen hatte ihr die Vorgeschichte der Sippe mit dem Herrn der Sümpfe eingehend erläutert. Yared würde vermutlich nicht lange bleiben, sondern bald zu seinen Schiffen zurückkehren. Andrahir war offenbar schon vor längerer Zeit verschwunden. Wen kannte sie sonst noch? Jarvo, den Waldläuferführer? Nur flüchtig. Und an Charmbolzen wie Onyx wollte sie gar nicht erst denken.
    Während der Winter in Silden hatte sie irgendwann aufgehört über ihre Zukunft nachzudenken. Nicht, weil sie dort das Gefühl hatte, ihren Platz gefunden zu haben, aber irgendwie schien dort die Zeit still zu stehen. Niemand hatte ihr Druck gemacht. Niemand hatte unverhohlene Andeutungen gemacht, dass sie mit ihren dreißig Wintern mit der Familiengründung und dem Kinderkriegen schon spät dran war. Niemand hatte sie gefragt, was sie gerne beruflich machen würde. Nichts hatte sie spüren lassen, dass die Frage nach ihrer Berufung, nach dem Sinn ihres Daseins, ihrem Platz in der Welt immer noch ungelöst vor ihr lag.
    Es hatte gut getan, den Druck nicht mehr zu spüren, der sie vor so langer Zeit dazu bewogen hatte Gorthar hinter sich zu lassen. Doch jetzt war er zurück und es waren sieben Winter ins Land gegangen. Sieben weitere Winter.

    Als der Regen begonnen hatte nachzulassen, hatte sie sich wieder erhoben. Es war bereits früher Nachmittag gewesen und sie hatte ihr Mittagessen zwischenzeitlich aus ihrem Proviant bestritten. Nach einem kurzen Abstecher zur Essensausgabe, die gerade wieder geöffnet hatte, war sie mit wieder aufgefüllten Vorräten endlich losgezogen, um sich dem Spähkommando anzuschließen, dem sie am Vortag von Jilvie zugeteilt worden war, nur um ebenjener Jilvie in die Arme zu laufen, die gemeint hatte, dass sie jemanden für einen Sonderauftrag brauche.
    Larah hatte natürlich in der vagen Befürchtung, dass dieser Maris und seine Nasen ohne sie losziehen würden, gefragt, was denn nun aus ihrem Einsatz im Jagdkommando würde, doch die blonde Waldläuferin hatte sie beruhigt. Offenbar war Maris Trupp am Vortag in ernste Gefechte verwickelt worden und sie mussten sich erst noch von den Strapazen erholen, Wunden versorgen und Material ersetzen, bevor es wieder hinaus in den Bruchwald ging. Sie würde also noch rechtzeitig zu ihnen stoßen, wenn sie erst am nächsten Morgen bei ihnen auftauchte. Jilvie nahm ihr auch die Sorge, dass man dort auf sie schlecht zu sprechen sein würde, weil sie sich verspätete. Genaugenommen wusste bei Maris Jagdkommando noch niemand von ihrer Zuteilung. Das hatte Larah das Herz etwas leichter gemacht und so war sie Jilvies Wunsch nachgekommen.

    Die Stimmung im Lager war am nächsten Tag merklich gedrückt. Noch immer hatten sie keine Nachricht von Zarra Rimbe, der jungen weißhaarigen Frau, die die Harpyien entführt hatten. Außerdem hatte sich nach dem recht erfolgreichen ersten Tag kein Jagdkommando mit weiteren Erfolgen zurückgemeldet und die Blicke mancher verrieten, dass sich Unsicherheit breitmachte, vor allem, nachdem früh am Vorabend Jarvos Jagdkommando ins Basislager zurückgekehrt war. Nicht nur hatten sie keinen Erfolg zu vermelden, auch war der Waldläuferführer bewusstlos von seinen Leuten ins Lager zurückgebracht worden. Niemand wusste genaueres, aber die Gerüchteküche nährte die Anspannung wahrlich vortrefflich, wie Magister Arvideon gesagt hätte.
    Diesmal hatte Jilvie ihr immerhin genau sagen können, wo die Gruppe um Maris ihr Lager aufgeschlagen hatte, und so musste Larah nicht lange suchen, nachdem sie ihres wieder abgebrochen und ihr Marschgepäck geschultert hatte.
    Wenig später teilten sich die provisorischen Behausungen links und rechts von ihr und gaben den Blick frei auf ein Zelt, an dessen Eingang eine seltsame Vogelscheuche aufgestellt war. Sie war gekleidet wie ein varantischer Nomade.
    Auf einem Tisch unter dem Vordach des Zelteingangs lagen noch eine Karte in den ersten Sonnenstrahlen und ein Pfeil, nach dem soeben ein dunkelhäutiges Muskelpaket griff. War das eine rote Brigantine die er mit ockerfarbener Erde eingerieben hatte?
    Unweit kniete eine Frau vor ihrem Rucksack und traf letzte Vorbereitungen, während ihr Hund – scheinbar die Ruhe selbst – lautlos gähnte und sich in der Sonne räkelnd auf dem Boden neben ihr streckte.
    Als sie näher auf den Zelteingang zutrat, war das erste, was ihr jedoch in die Augen stach, der penetrante Geruch, der von der Vogelscheuche ausging und tatsächlich nicht nur in der Nase biss, sondern Tränen hervor reizte.
    Larah musste heftig blinzeln und wäre beinahe mit einem jungen Mädchen zusammengestoßen, das ihr von drinnen entgegen kam.
    „Bewahret. Ist das hier das Jagdkommando von Maris?“, grüßte und fragte sie in Richtung des Zelteingangs, aber so, dass sich auch die umstehenden angesprochen fühlen konnten.

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    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Westlicher Sumpf, 3. Tag - Kiyan, Ornlu und seine Jungs

    “Wir sollen zwar Köpfe mitbringen, aber dieses kleine, hässliche Wesen kommt im Ganzen mit.”, sagte der Druide und atmete durch. Wie der Rest besah er sich kurz diesen Wrooot und wunderte sich, was es doch für seltsame Wesen gab. Wie von anderen Sternen. Wrooot sah aus wie ein gehäuteter Goblin mit Insektenkopf und unheimlichem Gebiss. Wie und wo auch immer er entstanden war und gelebt hatte - hierher gehörte er nicht und das war gut so.
    Kiyan und Okam zogen dann das Wesen aus dem Baumstamm und legten um Wrooots Körper ein Seil, damit das Tragen einfacher war. Dann widmeten sich alle Iun. Keiner war hier ein Heiler oder Barbier, aber jeder wusste, dass das abstehende Bein alles andere wie gut war.
    “Jadewolf. Kannst du deine Magie anwenden? Heilen?”, fragte Okam. Ornlu schüttelte den Kopf.
    “Nicht wie du es dir vorstellst.”
    “Wir werden Iun nur leiden lassen, wenn wir länger warten. So wie sein Bein absteht, können wir ihn nicht transportieren. Er muss stabil liegen. Das Bein muss wieder in Position. Das werden die Heiler nicht anders machen.”, erklärte Vigo und hatte wohl recht. So wie Iuns Oberschenkel abstand, würde er bei jeder wippenden Bewegung Schmerzen haben.
    “Gut. Ich löse das Ritual der Tierseele. Atmet alle aus und erwartet es.”, sprach der Druide und wartete einen Moment. Er hoffte Zarra war weit genug gekommen, um im Basislager zu sein. Dann hob er die rechte Hand, zeigte mit zwei Fingern in die Höhe und sprach uralte Worte. Ein Nicken und er spoürte den aufkommenden Rausch von Magie. Einen Sturm der in ihn zurück kehrte. Sehnsüchtig wie ein Kind zu seiner Mutter. Er war wieder ganz der Druide.
    Die Wolfsbeseelten schüttelten sich, rieben sich an der Schläfe oder gingen erst einmal auf die Knie. Das Ende der Beseelung war auch das Ende von mehr Kraft, stärkeren Sinnen und einer enormen Ausdauer. Der Druide war auf sich sehr stolz, dass er da überhaupt hatte mithalten können, aber man musste auch sagen, dass er kein Magiekundiger war, der ruhte und Bücher las. Er lernte und erlangte Weisheit, indem er sich der Natur stellte.
    Dann war Iun dran. Ornlu holte seinn großen Lederbeutel mit allerlei Zeug von Nerea hervor und suchte alles heraus. Kiyan sollte iun fest drücken. Vigo und Okam das Bein in position bringen. Ornlu indes hatte sanft seine Magie aufkommen lassen und sich Sumpfkraut in den Mund geschoben, um es anzukauen.
    “Bereit!”, sagte der Druide und lehnte sich vor Iun. Dann stieß er grünlichen Rauch aus den Mund, der ein sehr intensives Grün besaß. Ganz dünn war die Rauchspur und Iun atmete sie ein. Kurz öffnete er die Augen.
    “Verzeih. Du rauchst das Zeug nicht, aber es muss sein. - Und jetzt wird es gleich ziemlich schmerzen.”, wisperte der Jäger und drückte wie Kiyan Iun zu Boden. Ein Nicken und Iun riss die Augen auf und schrie vor Schmerz das halbe Tooshoogebiet zusammen. Der Bruch war gerichtet und Ornlu wirkte den nächsten Zauber, während der Rest Iun zu Boden drückte. Eine Schlafbeere landete in seinem Mund und wurde zerkaut. Magie wirkte in seinem Mund und im nächsten Moment stieß er rötlichen Rauch aus. Der begann Iun zu beruhigen und schläfrig zu machen. Ornlu spuckte dann eine rötliche Flüssigkeit in seine Hand und flößte sie Iun in den Mund ein. Dann bekam Iun noch Wasser und der Druide spülte auch seinen eigenen Mund aus. Es machte auch ihn müde.
    "Gewöhnlich spucke ich so jemanden in das Getränk, damit er die Fresse hält.”, scherzte er ein wenig und atmete selbst durch. Den Moment brauchte er kurz, bevor es weiterging. Zuerst aß er für sich die Blätter einer Winterminze. Die machten ein wenig wach und vertrieben den ekligen, magisch-breiartigen Geschmack der Schlafbeere.
    Dann war Iuns Bein dran. Dafür nahmen sie einen abgehackten Ast von Wrooots Stamm und legten diesen seitlich an. Vigo meinte so würde man es machen.
    Der Druide nutzte danach das Gras und Unkraut am Boden und ließ alle zusehen, wie sich dünne Pflanzenstängel und -blätter langsam um das gesamte Bein schlängelten. Sehr langsam und kontrolliert. Geschuldet der noch geringen magischen Reserven, aber auch weil er Iun nicht wecken wollte. Währenddessen hatten die Drei aus zwei halbwegs geraden, größeren Ästen und den Mänteln von Okam und Vigo eine Trage gebaut und mit dünnen Seilen noch einmal verstärkt.
    Nach einer halben Ewigkeit war das Bein vollständig umschlungen und Ornlu müde.
    Sie hievten Iun auf die Trage, teilten noch einmal ihr Wasser und Essen und dann ging es los. Vigo und Okam waren für die erste Meile mit der Trage dran, dann würde man tauschen.
    Kiyan indes ließ Wrooot an seinem Speer hängen und schulterte diesen. Ornlu hob auf dem Weg noch die beiden Bögen auf und hatte einen Gedanken. Nicht das sein Ego verletzt worden war, aber wirklich gut war er einfach mangels Übung auch nicht. Dafür fehlte die Zeit.
    “Diesen alten Waldläuferbogen habe ich seit ich nach Silden kam. Siebzehn Jahre ist es her. Banditen griffen uns in den Wäldern an und ein alter, sterbender Jäger namens Tuvok Lagdrab gab ihn mir. Ich weiß, das klingt dramatisch schön. War aber so. Es ist ein guter Bogen, aber ich habe heute keinen einzigen Treffer damit gelandet. Meine Schuld, weil ich nicht übe. Nimm du ihn, als Dank für diese Jagd. Die Wölfe teilen immer ihre Beute gerecht auf. Lebensschuld hin oder her. Wrooots Fleisch will ich ungern essen. - Wie erging es deinem Geist?”, fragte der Wolfsdruide dann sehr direkt. Er war nunmal ein sehr guter Beobachter. Kiyan bekam den unbespannten Bogen und Ornlus fast leeren Köcher gereicht und warf ihn sich über die Schulter.

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    Kämpfer Avatar von Yarik
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    ...zuvor im südöstlichen Sumpf, 2. Tag, später Abend - Chala, Valerion, Yarik

    Yarik nickte langsam, als Chala ihm erzählte, was ihr Problem war, und stellte fest, dass er im ersten Moment sogar ein wenig… enttäuscht war? So, wie sie auf ihn zugekommen war, hatte er geradezu gehofft, dass sie ebenfalls eine unfreiwillige Verbindung zu den Geistern Verstorbener hätte. Dass er vielleicht auch von ihr etwas hätte lernen können. Aber ihr Problem schien anders gelagert zu sein.
    …oder?
    „Ich weiß nicht, ob ich dir weiterhelfen kann“, leitete er seine Antwort nachdenklich ein, „Was ich selbst erfahre, ist anders als das, was du beschreibst. Ich… werde begleitet, von meiner Familie und einigen Bekannten, die… tot sind. Ich sehe ihre Schatten, ihre… Formen? Sie verstecken sich meist, aber immer so, dass ich weiß, dass sie da sind – wenn du verstehst, was ich meine? Eine Bewegung im Augenwinkel, ein Schemen in der Ferne. Dass sie sich deutlich zeigen, passiert nur selten. Aber auch das kommt vor. Meistens, wenn sie wütend sind.“ Yarik schwieg eine Weile und drehte seine leere Schüssel unruhig in den Händen. Sein Blick wanderte weiter in die Ferne, in den Nebel. „Ich weiß nicht, was sie davon abhält, ins Jenseits weiterzuziehen“, fuhr er schließlich fort, „Sie haben alle eine Art von persönlicher Verbindung zu mir, aber manchmal ist die eher zufällig und ich kann auch nicht sagen, dass sie mir alle nahestanden – auf einige trifft eher das Gegenteil zu. Ich weiß nicht, was die… Ursachen, oder, hm, die Regeln dabei sind. Noch nicht. Ich habe vor, es herauszufinden, und ich will den Toten die Ruhe geben, die verdienen.“ Er wandte sich wieder zu Chala. Ihr Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. „Ich weiß also nicht, ob das, was dir passiert, vergleichbar ist. Aber vielleicht… wenn ich die Toten sehe – und auch höre – wer weiß, ob sie nicht noch andere Dinge tun können? Wir alle kennen sicherlich Geschichten von Besessenen. Die meisten sind vermutlich nichts als reine Märchen, Gruselgeschichten fürs Lagerfeuer, aber vielleicht haben sie einen wahren Kern?“ Er zuckte mit den Schultern. „Es ist nur eine reine Vermutung. Aber… Vielleicht lohnt es sich, dem nachzugehen. Irgendwer muss schließlich über deinen Körper verfügt haben, während du ‚weg‘ warst, nicht wahr? Wer? Und warum?“

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    General Avatar von Ryu Hayabusa
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    Zentraler Sumpf?, TSeummppefl - RLuiilniee, ?. Tag, ??? - Ryu

    "He, Taugenichts! Aufwachen, wirds bald?"

    Der Mann, der dort am Tresen der Sumpflilie saß, presste die Augen zusammen. Das dumpfe Dröhnen hinter seinen Ohren intensivierte sich, während er versuchte die brummige Stimme des Wirtes abzustoßen und weiter zu ruhen. Er musste schließlich Wacht halten! Ankämpfen gegen... Gegen... Was war gerade noch geschehen? Schwer hoben sich die Lider des einstigen Kriegers. Dunkle Ringe zeichneten ihre Linien darunter und sein Gesicht, unrasiert und ungepflegt wie sonst auch, starrte zerknautscht auf die offene Handfläche, die ihn zuvor noch unsanft mit einem Schlag auf den Hinterkopf geweckt hatte. War schon wieder Zahltag? Hatte er nicht schon genug bezahlt und von sich gegeben, um... Schwärze... Schwärze die lediglich von einem erneuten, leichten aber fordernden Klaps auf sein fettiges Haar verdrängt wurde. Ausgetauscht durch die nachdrückliche Geste, dass er zu zahlen hatte. Der zermürbte Mann nickte nur schwach, versuchte abwehrend eine Hand zu heben, doch fühlte sich alles so schwer an. Beim zögerlichen Aufrichten seines ausgemergelten Körpers ließ er nur den Kopf hängen. Die trüben, grünen Augen auf dem Tresen haftend der mit einer Mischung aus Tränen und verschüttetem, schwarzen Erdbeersaft verriet, dass das klebrig-unangenehme Gefühl auf seiner Wange wohl daher rührte, dass er wieder einmal etwas verschüttet hatte. Natürlich. Immer passierten solche Dinge. Er war nun einmal nicht wie 'die Großen'. Kaum in der Lage einen Krug richtig im Griff zu halten war es nichts Neues, dass die Elendsgestalt, die man schon beim Eintreten in die Taverne nur stirnrunzelnd und mit einem Kopfschütteln belächelt hatte. Und auch jetzt stand Papa Hooqua, wie so oft, einfach da und seufzte.

    "Wie oft soll ichs dir noch sagen? Du kannst hier trinken wieviel du willst, aber hör auf mir den Tresen voll zu heulen. Das verscheucht die Kundschaft und ruiniert mir das Holz!"

    Der Mann wollte die Stimme erheben. Etwas entgegnen. Aber alles, was er hervorbrachte, war nur ein unstetes, krächzartiges Geräusch. Langsam wanderten die grünen Augen von den ausgemergelten, bandagierten Armen, die seinen schmächtigen Körper stützten auf die Platte des Tresens. Hatte der Hooqua sie ersetzt? Diese Maserung... Sie war falsch. Verlief vertikal statt horizontal. Oder versagten ihm langsam auch die Erinnerungen? Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich geirrt hatte. Seit... Dem Erwachen. Allein der Gedanke daran, ließ ihn schaudern. Ließ die wenige Fähigkeit zur Anspannung, die er noch besaß in seine Gesichtspartie wandern. Unweigerlich begannen seine Lippen zu zittern, die Lider zu flattern. Wovon war er erwacht? Was hatte ihn zu dem gemacht, dass er heute war? War es schon immer so gewesen? Solange er sich erinnern konnte... Aber... Es war falsch.

    Gerade, mit einem sanften Hauch von Entschlossenheit wollte er aufblicken. Wollte mit dem Finger auf den Tresen deuten und sagen, dass es falsch war. Sich aufbäumen gegen die Tatsachen und dem beklagenswerten Zustand, in dem er sich befand. Doch wurde er jäh unterbrochen. Ein Blick zu seiner Rechten, hin zum Eingang in die Schenke offenbarte fünf Gestalten, die bereits nach dem Eintreten von allen Anwesenden fröhlich begrüßt wurden und denen zugeprostet wurde. Eine Frau, gezeichnet und schön wie die Natur selbst. Von grünem Haar und tiefschwarzen Augen. Ihre fein geschnittenen Züge strotzten nur so von der Anmut alter Adelsfamilien und ihre grünlichen Lippen untermalten nur den warmen Blick, den sie dem Mann an ihrer Seite zuwarf. Ein hochgewachsener Südländer von sonnengegerbter Haut. Mit aufmerksamen, von Leben und Freude erfüllten, grünen Augen die wachsam und zugleich freundlich zwischen den braunen Strähnen seiner langen, offensichtlich gut gepflegten Haare hervorschauten. Darunter sitzend dieses selbstsichere, überlegene Grinsen das einerseits von Charme und Witz, andererseits von der klaren Superiorität gegenüber den Anwesenden zeugte. Dieser Kerl, der Hauptmann von Tooshoo war eine Legende, selbst unter den Jagdkommandos. Ein Paragon und Musterbeispiel dafür, was das Waldvolk hervorbringen konnte. Ein Held dessen Pfeilen und Klinge schon unzählige Monster zum Opfer gefallen waren. Griffin. Der Beschützer und Raubvogel Tooshoos. Immer wachsam. Immer bereit zu handeln. Ein jeder sah zu ihm auf und bewunderte ihn. Und stets blieb er bescheiden, hatte warme Worte für die seinen parat. Ein Held...

    Der Mann am Tresen sah an sich herab. Er konnte nich umher, festzustellen, dass er schlicht einfach das komplette Gegenteil zu dem gestandenen Krieger dort war... Zurückgezogen. Ausgezehrt von einem Leben an das er sich nicht einmal erinnern konnte. Kraft- und Machtlos. Nicht einmal in der Lage das alte, rostige Schwert zu halten das ihm mehr als Krücke, denn als Waffe diente. Der einzige Begleiter, der ihn stumm akzeptierte und nicht hinter vorgehaltener Hand flüsterte, dass er lediglich eine Last war...

    Doch da waren noch vier weitere. Jene, junge Frau, Myra. Die Vertreterin und Angetraute des Hauptmannes und Vorsteherin der Gerberei und Schneiderei die in Schwarzwasser florierte. Reisende aus aller Welt besuchten die einstige Siedlung, heute schon eher Stadt, weil sie die Arbeit der schönen 'Kaiserin des Sumpfes' so zu schätzen wussten. Allgemeinhin hatten die beiden so vieles bewirkt... Die Sümpfe von Tooshoo waren zu einem Ort geworden, an dem die Schwachen Unterschlupf und die Möglichkeit fanden, sich ein Leben aufzubauen. Abseits der großen Städte. Fernab von korrupten Königen. Oft sprach man davon, dass jenes Waldvolk mit der Natur im Einklang lebte wie kein anderes. Friedvoll. In perfekter Harmonie. Und er? Die matten, grünen Augen blickten durch den Schankraum und ein Gefühl tiefer Scham und Hilflosigkeit erfüllte ihn. Warum war er so geworden? Da war ein Bild... Eine Vorstellung, tief in seinem Geiste, doch mit jedem Griff... Jedem Versuch, ihrer habhaft zu werden fühlte es sich an, als fuhr sein Bewusstsein nur wieder in jene undurchdringliche Schwärze, die alles abschnitt, was zurück lag. Er war ein Mann ohne Namen. Ohne Aufgabe... Woher er das wusste? Das Echo aus der Schwärze flüsterte es ihm zu. Ließ keinen Raum für eine andere mögliche Realität.

    "Paaapaaa! Der gruselige Onkel ist wieder da! Ich trau' mich nicht was zu bestellen, wenn der dasitzt! Sag ihm, er soll weggehen!", drang es urplötzlich an die Ohren des Tresenbesetzers, während ihm ein weiteres, grünes Augenpaar begegnete. Die drei weiteren Personen waren die Sprösslinge Griffins und Myras. Zwillinge, beide Mädchen, etwa um die sechs Sommer alt und ein aufgeweckter, zahnlückiger Bursche. Etwa um die sieben Sommer alt. Letzterer, Kynezu war sein Name, zerrte am Hosenbein seines Vaters. Die grünen Haare stammten definitiv von der Mutter, das vielsagende Grinsen jedoch eindeutig vom männlichen Part des Elternpaares. Die Mädchen dagegen, Hinata und Hitomi waren definitiv von Seite ihrer Mutter geprägt: Ihre Haare jeweils zu zwei Zöpfen gebunden, standen sie entsprechend hinter den Beinen ihrer Mutter und blickten mit schwarzen Augen dahinter hervor. Jede mit ihrem Daumen im Mund. Der Bursche, der gerade gequängelt hatte, erntete von Griffin nur einen warmen Blick und ein schelmisches Lächeln, ehe er ihm sachte die Hand auf den Haarschopf legte und zu wuscheln begann. "Nana, Kleiner. Du kennst Onkel Ryu doch. Erinnerst du dich nicht mehr daran, was wir dir über ihn erzählt haben?"

    Der Bursche vergrub sein Gesicht am Stoff der Hose seines Vaters. "Is' mir egal! Der soll weggehen!". Nun schaltete sich Myra ein. Ihre schwarzen Augen trafen das trübe Grün des Mannes, der nun wohl zumindest einen Namen besaß. Doch lange standhalten konnte er diesem Blick nicht. Zu schwer lastete, was er darin las... Die Enttäuschung... Die Verachtung... Als hätte er ihr etwas Schreckliches angetan, als... Als was genau passiert war? Ryu griff sich in den schon teilweise ergrauten Haarschopf und starrte auf eine psychotisch wirkende Art und Weise auf die schräg verlaufenden Holzdielen der Taverne. Das war nicht richtig! Die Dielen verliefen vertikal! Myras Augen... Die dunklen Blutlinien unter ihrer Haut... Das war nicht richtig! Aber... Er kannte sie nicht anders. Alle hatten sie. Nur er nicht... Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Auch fehlten ihm diese... Male... Er hatte keine Spinnenbeine, die ihm aus dem Rücken heraus ragten... Keine Hörner die ihm aus der Stirn wuchsen... Oder andere Gaben der Natur, wie sie ein jeder vom Waldvolk aufwies. Er, Ryu, war einfach... Wie ein Geschwür... Selbst der große Hauptmann trug einen kräftigen Schweif zur Schau der immer wieder hin und her wedelte, während er den Mann am Tresen mit verschränkten Armen beobachtete. Zwar grinste er nach wie vor, doch schien es dem eben noch Geweckten nicht so, als erreiche die Freundlichkeit des Grinsens seine Augen.

    Wie ein geschlagener Hund, zittrigen Griffes um das Schwertheft, welches neben ihm an der hölzernen Ablage lehnte, packte Ryu sein Schwert und erhob sich unter einem kehligen Ächzen. Er passte hier nicht hin. Er war zu schwach... Zu anders... Hemmte nur was hier zu gedeihen versuchte... Es fühlte sich an wie ein Marsch der Schande. Die Leute in der Taverne warfen ihm nur abfällige Blicke zu, flüsterten hinter vorgehaltener Hand über die Monstrosität, die dort vorbei kroch und wieder... Wieder schüttelten sie mit ihren Köpfen. Und Kinder, wie sie eben waren, streckten jenem Mann, der sich gerade so auf den Beinen halten konnten nur gehässig die Zunge heraus. Aber so waren... Kinder nun einmal. Doch zuletzt musste er noch an den beiden Sternen des Waldvolkes vorbeikommen. Nur um im nächsten Moment einen kalten und festen Griff auf seiner Schulter zu spüren. "Bruder... Wir sollten reden...", begann Griffin, während Myra Ryu immer noch unverblümt in die Augen starrte. "... Du hast es wieder vergessen, oder?", der Hauptmann seufzte lang und tief, blickte nun seinerseits zu seiner Liebsten. Beide nickte sich nur mit einem Ausdruck von Bedauern zu. Dann sprach Griffin weiter. "Lass uns in die Kommandantur gehen.", nun blickte er zum Tresen. "Oi, Papa Hooqua! Pass auf die kleinen Rassler auf! Besonders auf Kynezu! Ich hab‘ ihm heute seine erste Lektion mit dem Schwert gezeigt und er ist nur zu scharf darauf, alle anderen herauszufordern!"

    Damit verließen die Drei die Taverne und gingen in Richtung des großen Baumes. Der große Wächter, Dreh- und Angelpunkt des südlichen Argaans stand wie immer in seiner vollen Pracht über ihnen und richtete stumm. Die großen, grauen Äste, gespickt mit ihren prächtigen Dornen richteten sich fordernd in die Höhe, als versuchten sie den Himmel selbst in ihre Gewalt zu bringen. Aber... Warum erfüllte Ryu erneut dieser Gedanke... Etwas an Tooshoo war falsch! Und doch kannte er diesen Ort nur so wie er war. Eine Festung des Sieges des Waldvolkes über die Natur und deren Unterwerfung. Die Spitze der Nahrungskette...

    Die beiden Wachen am Tor, eine bleiche, fast schon elfenbein häutige Frau mit aschblondem Haar, Quarz hieß sie, soweit Ryu sich erinnern konnte, stand gegenüber einem ebenso bleichen Krieger... Chared. Ein Krieger, bis oben hin vermummt und demütig das Haupt neigend, als Griffin mit dem ausgemergelten Ryu im Schlepptau an ihm vorbeischritt. Über beide wusste der Mann ohne Aufgabe nicht viel. Quarz war eine gebildete, wortgewandte Dame, die dabei geholfen hatte, die Oger in den Sümpfen auszurotten, während Chared ein Mann äußerster Disziplin war. Oft schon hatten es die Frauen bei ihm versucht, doch schien ihm ein Interesse an derartigen Dingen fremd zu sein. Ganz im Gegenteil zu Ryu... Sein Blick wanderte zwischen den fettigen Strähnen hin zu Myra die ihn jedoch, in Kontrast zu zuvor keines Blickes würdigte. Ein seltsames Unbehagen machte sich in der Magengegend des wortkargen Fremdkörpers eines Menschen breit, aber auch eine schier unstillbare Sehnsucht. Hätte er nicht die Mühe gehabt, sich auf den dürren, bandagierten Beinen zu halten, sich mit dem alten in der Schwertscheide fest gerostetem Schwert abzustützen... Vielleicht hätte er die Hand nach ihr ausgestreckt. Ihr gesagt, dass... Dass... Ja. Was eigentlich? Dass es falsch war? Dass die Sicht darauf, wie sie auf Griffins Schoß saß, die Arme um seinen Hals geschlungen und an ihn geschmiegt sich richtig anfühlte? Ihn im selben Zug aber innerlich zu zerreißen drohte? Warum? Die Dinge waren doch schon immer so... Und sie waren gut so...

    Griffin atmete tief durch, deutete Myra dann an, ihm ein wenig Platz zu lassen, damit er sich nach vorne lehnen und auf der Tischplatte seines fein säuberlich aufgeräumten Schribtisches hatte abstützen können. Seine Finger hatte er vor der unteren Gesichtshälfte verschränkt, die Augen ernst auf Ryu gerichtet. "Also, Ryu...". Der Angesprochene saß nur auf dem Besucherstuhl. Hände im Schoß, den Blick resigniert gesenkt. "... Damals, in Silden... Wurde das Dorf von einem untoten Wyvern attackiert... Es war ziemlich knapp, aber irgendwie hab' ich es hinbekommen das Ding im See zu versenken. Kurz darauf... Muss sich dieser Parasit wohl deiner habhaft gemacht haben und du bist getürmt... Wir haben lange Zeit nach dir gesucht, aber...", der Hauptmann lehnte sich zurück, fand die Hand seiner Gefährtin wieder auf seiner Schulter und lächelte ihr verliebt nach oben entgegen. Sie hatte sich mittlerweile neben ihn gestellt. "... Ich musste mich entscheiden zwischen der Jagd und meiner Familie. Dass du nicht da warst, war, nimm's nicht persönlich, ein Segen... Dafür möchte ich dir, auch wenn du es morgen wieder vergessen hast, danken. Warte, nicht doch!"

    War es so gewesen? Hatte Griffin den Wyvern erschlagen? Ryu dachte nach. Strengte sich an so gut er konnte. Doch alles, woran er sich erinnern konnte, war ein Gefühl. Ein Gefühl unbeschreiblicher Wut und Hilflosigkeit. Ein Gefühl einer Ohnmacht die sich über Jahrhundert gezogen hatte. Ein Schrei nach Hilfe in einer unendlichen, zähflüssigen Schwärze. Schwer, kaum in der Lage einen vernünftigen Atemzug zu fassen, hob und senkte sich der Brustkorb des Mannes und er begann immer wieder unkontrolliert zu zucken. Als verlor er die Kontrolle über das wenige was von ihm übriggeblieben war. Als wollte sich dort etwas... Verändern. Erinnerungen... Er musste die Schwärze durchkämmen und Erinnerungen finden... An früher... An... Ja... Es gab eine Zeit... Eine Zeit, in der er in der Lage gewesen war, ein Schwert zu schwingen... In der er ein... Ein Templer war... Ein Krieger... Ein Mann... Mit einer Aufgabe... Und der Liebe zu einer Frau... Zu... Myra... Für einen Moment hob der ehemalige Templer den Blick und trauf auf den Myras. Sie lächelte traurig. Voll Mitleid. Aber es war nicht die Form von Mitleid die man einem lieben Menschen zukommen ließ. Es war die Form von Mitleid, mit der man dummes Vieh betrachtete, das nicht wusste, dass es auf der Schlachtbank lag. Ryu griff sich an die Brust. Sie fühlte sich kalt an. Er wollte schreien, doch war da nur dieses kehlige Ächzen.

    "Wie auch immer.", schloss Griffin nun an und lehnte sich gemächlich gegen das Polster seines Stuhles. "... Nachdem ihr Templer alle fort wart, konnte sich das Waldvolk endlich entfalten und neu erblühen. Anfangs waren da noch die Druiden die uns drangsalierten und zwangen an irgendwelchen lächerlichen Ritualen und Jagden teilzunehmen... Aber das legten wir recht schnell ab. Die Schamanen, du kennst ihren Anführer ja. Den etwas freizügigeren Mann mit der Maske. Er hat uns schnell den richtigen Weg gezeigt. Uns beigebracht, wie wir die Natur meistern und Eins mit ihr werden. Leider... Galt das nicht für alle.". Dabei machte der Hauptmann eine selbsterklärende Geste in Richtung des stummen Templers.

    Es war falsch! Zitternd umgriff sich Ryu mit den Armen. Seine dürren Finger gruben sich dabei in den Stoff der Verbände, die seine empfindliche Haut umgaben und er spürte, wie sie unter dem Stoff nachgab und sich leichte Risse bildeten. Doch schien es seine Gegenüber gar nicht zu interessieren, was hier geschah. Oder wie er reagierte. Natürlich... Sie kannten diesen Moment. Hatten ihm schon so oft versucht die Erinnerungen darüber wach zu rufen, was geschehen war. "Hier. Trink. Das wird dich beruhigen.", meldete sich nun Myra, als sie an den ehemaligen Krieger herantrat, sich leicht zu ihm beugte und ihm einen Krug geschwärzter Flüssigkeit an die Lippen setzte. Die Berührung ihrer Haut beim Anhalten des Kruges war sie kühl und angenehm. Und doch ließ es ihn frösteln. Der schwarze Traubensaft. Richtig...

    Gierig, mit ausgetrockneter Kehle trank er unter Hilfe der Mutter den Saft aus, der sich mit all seiner Süße in seinem Körper ausbreitete und wenigstens für den Augenblick wieder allen Aufruhr in ihm erkalten ließ. Doch was zurück blieb war nur... Nur...

    "He, Taugenichts! Aufwachen, wirds bald?"

    Der Mann, der dort am Tresen der Sumpflilie saß, presste die Augen zusammen. Das dumpfe Dröhnen hinter seinen Ohren intensivierte sich, während er versuchte die brummige Stimme des Wirtes abzustoßen und weiter zu ruhen...

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    Dr. Spirituum Naturalium  Avatar von Maris
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    Basislager, am Morgen des dritten Tages

    Da wollte man nur mal kurz eine Stange Wasser in den Busch stellen, und kaum kehrte man zum Zelt zurück, waren alle ganz aufgeregt.
    "Paps, da ist jemand führt dich!", rief Runa ihm schon von weitem zu und fing ihn auf halbem Wege ab. Maris glotzte seine Älteste schief an.
    "Hö? Jetzt? Wir wollten doch gleich los!"
    "Du wolltest doch noch Zuwachs, oder?", plapperte Runa voller Begeisterung. "Sie heißt Larah, und Jilvie hat sie uns offenbar noch zugeteilt. Sie will mit uns mitkommen und hat schon all ihr Zeug dabei!"
    "Mal langsam mit den jungen Snappern!", sagte Maris und hob beschwichtigend die Hände. "Wer ist denn jetzt diese Larah und wo kommt die denn jetzt plötzlich her?"
    "Na, von Jilvie! Hörst du mir gar nicht zu?" Runa zupfte ihm am Saum der ungewohnten, waldvölkischen Klamotte. "Komm einfach mit, sie ist doch gleich da vorn!"
    "Ja ja, bin schon unterwegs. Bei der Mutter, hab mich noch nicht mal fertig eingepackt hier."
    "Eww, Paps!" Runa verzog das Gesicht, als hätte sie eine Zitrone gegessen.
    "War nur ein Scherz, du alte Sumpfnudel. Was kann die Sarah denn?"
    "Larah!"
    "Sag ich doch. Also, hast du sie gefragt?"
    "Na klar!" Runa machte eine ganz stolze Miene.
    Maris blieb stehen und breitete die Arme aus. "Ja, und?"
    "Sie hat einen Speer!"
    Er nickte bedächtig. "Hmm, ja. Warum nicht?"
    "Warum nicht?" Runa klang aufrichtig empört. "Kannst du mit einem Speer kämpfen? Kann Onkel Seamus das?"
    "Nein, können wir nicht", gab er gedehnt zu.
    "Siehst du? Perfekte Ergänzung. Jetzt komm schon, Paps! Wir wollten doch los!"
    Maris seufzte. Sie wurden so schnell groß und bevormundend.

    Als er das Zelt betrat und Larah erblickte, wurde Maris Einiges klar. Runa war froh, dass endlich eine junge Frau in der Gruppe war! Nun, jung war natürlich relativ. Aber sie war jünger als er selbst - glaubte er, zumindest. Also war sie jung. Ganz klar. Immerhin war sie deutlich besser für einen Spähauftrag ausgerüstet als Frank, und bei ihm lag wohl die Messlatte für Tauglichkeit in seinem Trupp. Sie trug ihr goldenes Haar zu einem Zopf gebunden und trug am ganzen Körper praktische, unauffällige Kleidung. Der geschulterte Rucksack und der Speer in ihrer Hand bestätigten, was Runa ihm von ihr geschildert hatte.
    "Du bist Larah?", fragte Maris, ohne groß um den heißen Brei herum zu reden. "Salam und willkommen in der Gruppe. Runa hat mir schon deine halbe Lebensgeschichte erzählt, glaube ich. Wir wollte gerade los - falls du also nicht noch etwas ganz Dringendes zu klären hast, schließ dich uns an! Wir haben ein gutes Stück hier im Osten vom Lager bis an die Farm und entlang der Berge auszuspähen. Ich erklär dir gern mehr auf dem Weg, und dabei lernen wir uns dann am besten noch ein wenig kennen."
    Hinter ihm, irgendwo beim großen Kommandozelt, ertönte der Ruf des Jagdhorns. Das Signal zum Aufbruch. Maris wandte sich reihum und erblickte alle Mitglieder seiner Gruppe um sich herum bereit zum Abmarsch.
    "Alles fertig? So lob ich mir das. Na dann, auf geht's!"

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    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Zentraler Sumpf, Tempelruine, 3. Tag, Sonnenaufgang, Freiya (+Ryu, +Griffin, +???)

    Es vergingen Stunden, die Freiya durch die Ruinen wanderte. Die Dämmerung hatte eingesetzt, und schon bald gab ihre Fackel schließlich den Geist auf. So musste sie im Zwielicht weiter suchen. Nun aber hatte sie beide Hände frei, um Pfeil und Bogen im Anschlag zu haben.
    Sie hatte sich für den Bogen entschieden, um eventuelle Angreifer auf Abstand halten zu können, egal, ob aus der Luft oder vom Boden. So schlich sie umher, wie Ryu es ihr gezeigt hatte, bewegte sich leise und behände, aber leider ohne Erfolg, etwas zu finden.
    Dabei war dieser Platz erstaunlich. Trotz der Überwucherungen und des Verfalls konnte man gut erkennen, was für eine hoch entwickelte Kultur dereinst hier gelebt haben musste. Da waren Reliefs, die Karten zeigten und einfache Geschichten des täglichen Lebens der Menschen hier. Die dunklen Gänge und weiten Plätze wechselten sich ab. Machten aus dem Tempel mehr eine kleine Stadt, denn ein einziges großes Haus. Selbst jetzt, ohne Bewohner, wirkte dieser Platz beseelt.
    Was hatte dazu geführt, dass hier keiner mehr lebte? Dass alles still unter einem grünen Mantel lag, bereit ins endgültige Vergessen zu rutschen. Wo waren die Menschen, die dereinst durch diese Gänge wanderten? Auf diesen Plätzen verweilten? All dem Leben eingehaucht und es mit ihren Händen erschaffen hatten?

    Fragen, die sich in Freiyas Hinterkopf bildeten, aber die keine Beachtung finden konnten. Nicht jetzt und hier. Sie musste Ryu und Griffin finden. Und dann … ja, was dann? Wie würde es weitergehen? Würde die Rothaarige den beiden erklären, dass die Männer mit ihren wilden Herzen ohne sie besser dran waren? Vielleicht … vielleicht war es das Beste so.
    Nein, war es nicht!, schalt ihre innere Rote Snapperin sie. Du vergisst schon wieder die Fackel!
    Ach ja, da war etwas dran.
    Doch bevor sie weiter in Gedanken versinken konnte, vernahm Freiya ein Geräusch. Plötzlich tauchten Fledermäuse auf. Sie kamen aus einem der Nebengänge, die ihren Gang kreuzten. Sie hob ihren Bogen und feuerte, traf aber nicht. Jedoch, die Fledermäuse flogen über ihren Kopf hinweg und an ihr vorbei. Sie flogen aus dem Gang hinaus und verteilten sich. So schnell sie gekommen waren, waren sie auch wieder verschwunden. Verdutzt blickte Freiya ihnen hinterher. Was hatte das zu bedeuten? Warum hatten die Viecher sie nicht angegriffen? Waren sie wieder auf ein Kommando, das Freiya nicht hören konnte, abgerufen worden? Und wenn ja, von wem? Es hatte so gewirkt … Doch sie hörte ein Geräusch plötzlich von dort, wo sie hergekommen waren. Oder … waren sie vor etwas geflohen?
    Freiyas Herz begann schneller zu schlagen und sie spannte ihren Bogen wieder an. Sie musste nachsehen, was da war …

    Leise und rasch bewegte sie sich weiter den Gang hinunter, hin zu dem Seitengang. Sie lauschte und vernahm nun nichts als Stille. Mehrere Räume zweigten hier von diesem kleinen Gang ab und sie warf nacheinander einen Blick in jeden Raum. Die löchrigen Decken ließen das beginnende Tageslicht hinein. Sie sah überall Schemen, hervorgerufen von Pflanzen oder Steinen, die sich aus dem Gemäuer gelöst hatten, aber kein Zeichen von sonstigen Lebewesen. Dann plötzlich wieder ein Geräusch. Es kam aus dem letzten Raum, ganz am Ende des Gangs. Natürlich. Freiyas Herz drohte aus ihrer Brust zu springen, so heftig schlug es. Sie schluckte und näherte sich dem türlosen Portal. Ihren Bogen hatte sie immer noch in den leicht zitternden Händen, gespannt zum Abschuss. Wieder schluckte sie, schloss kurz die Augen, öffnete sie wieder und atmete aus. Dann machte sie einen Schritt zur Seite und trat mit zwei weiteren Schritten in den Raum. Dann keuchte sie auf.

    Vor ihr im dämmrigen Licht stand eine Person, zunächst mit dem Rücken zu ihr. Doch als Freiyas Schreck ihr über die Lippen entfloh, drehte sich die Person ruckartig um. Zwei aufgerissene orangefarbene Augen blickten sie an. Zwei Saphire in der Dunkelheit, leuchtend … auf der Jagd. Doch Freiya bemerkte das erst gar nicht.
    „Ryu!“, entfuhr es ihr. Unfassbar erleichtert ließ sie den Bogen sinken. „Oh den Göttern sei Dank, du lebst …“ Doch wie sie die Worte aussprach, wurde ihr Mund langsamer, denn ihre Augen wurden sich der Szenerie bewusst, die sich ihr da bot: Ryu stand da inmitten eines Haufens von … von was? Was war das? Sie sah zerfetzte Gestalten, Gesichter wie aus Alpträumen entsprungen, mit langen Zähnen – in mehreren Reihen! – und verzerrten Fratzen. Beliars Geschöpfe!
    Ryu selbst war beschmiert mit irgendwelchen widerwärtigen Flüssigkeiten, vielleicht Blut, vielleicht etwas anderem. Übelkeit stieg in ihr auf, die sie mühsam niederkämpfte. Er blickte nun auf seine Hand, die er gehoben und die Finger gekrümmt hatte wie eine Klaue. In der anderen Hand hielt er einen Fetzen, was war das – Kleidung? Nein … da tropfte … Blut herab … Haut? Vielleicht ein Flügel der Fledermäuse? Oder ein Teil eines der monströsen Abartigkeiten, auf deren widerwärtigen Überresten er stand?
    An seiner Schulter entdeckte Freiya zwei blutende Wunden, die eindeutig von Bissen stammten.
    „Ryu, du blutest“, entfuhr es der Rothaarigen. Sie griff sofort nach ihrem Beutel und ihrem Wasserschlauch und wollte sich das näher anschauen. Doch mit einem Mal fixierte er sie wieder und ihr war klar, dass etwas anders war. Seine Augen waren nun zu schmalen Schlitzen geformt. Seine ganze Körperhaltung war angespannt, wie ein Raubtier, das zum Sprung ansetzte.

    Er hob die Nase und begann zu schnüffeln. Sog die Luft um sich ein, um dann mit wenigen Schritten blitzschnell zu ihr rüberzukommen. Er reckte ihr den Kopf entgegen und schnupperte wieder, weiterhin angespannt und mit stechendem Blick.
    „R-ryu?“, entfuhr es ihr. Er fletschte die Zähne und ein Knurren entglitt ihm. Dann wurde es ihr klar.
    „Sarkany“, flüsterte sie. Für einen Wimpernschlag schienen seine Züge ebenmäßiger zu werden. Er beugte sich zu ihr und mit einem langen Einatmen schien er abermals ihren Duft aufzunehmen. Freiya war angespannt, was sich verschlimmerte, als er seine Hand hob und auf ihr Haar legte. Er strich ihr Haupt hinab und sie spannte all ihre Muskeln an, als er nach ihrer Schulter fasste. Ihr Atem ging schnell und sie presste die Lippen zusammen. Seine Finger tasteten über den Stoff an ihrem Rücken, als würde er etwas suchen, etwas prüfen. Dann plötzlich stoppte er und fuhr mit dem Finger über eine ihrer Narben. Verständnislos blickte sie ihn an, als er endlich die Hand wieder wegzog. Er aber schloss die Augen, atmete mehrfach ein und aus. Als er sie wieder ansah, wirkte sein Blick weniger wild, weniger brennend.
    „Ryu“, sprach Freiya leise. Er nickte nur einmal. Sie atmete aus und die Anspannung ließ nach. Wie bedrohlich er wirkte, wenn sein wildes Herz übernommen hatte.
    „Etwas stimmt hier nicht! Weißt du, wo Griffin ist?“, fragte sie. Seine Augen verengten sich sofort wieder zu schmalen Schlitzen. „Wir müssen ihn finden.“
    Da hob er plötzlich den Fetzen in seiner Hand und roch daran. Schließlich trabte er los, wurde dann schneller, als hätte er eine Fährte aufgenommen.

    Freiya folgte ihm und sie rannten den Gang entlang, zurück zum Hauptgang und schließlich wieder hinaus auf den großen Platz in der Mitte. Abermals hob Ryu die Nase, schnupperte, lauschte und dann lief er wieder unvermittelt los und nahm einen der Seitengänge. Sie kamen an einem Eingang zu einer größeren Halle vorbei und Freiya sah etwas aus dem Augenwinkel, doch Ryu rannte daran vorbei, er hatte etwas anderes gewittert.
    An der Decke des Ganges hatte sich eine Schar Fledermäuse in den Schatten der Dunkelheit an die Decke gehängt. Kopfüber sahen sie auf sie hinab, bevor sie begannen auf die Neuankömmlinge hinabzustürzen. Freiya hob den Bogen, doch Ryu hatte seine Klinge gezogen und stürzte sich auf diese geflügelten und nervigen Gegner. Mit ein paar Schritten rannte er den Tieren entgegen und holte mit dem Schwert eines nach dem anderen aus der Luft. Messerscharfer Stahl tanzte unerbittlich durch die Luft und durchbohrte und zerteilte alles, was ihm in die Quere kam.
    Freiya ließ verdutzt den Bogen sinken und beobachtete das Treiben.
    Er … brauchte sie wirklich nicht. Und sie? Sollte sich wohl besser nicht einmischen, wenn der große Jäger seine Beute machte.

    Ratlos sah sie sich um, als ihr wieder der Eingang zu der Halle auffiel, in dem sie was gesehen hatte. Sie warf Ryu noch einmal einen Blick zu, der aber immer noch perfekt zurechtkam. Also betrat sie die Halle, um zu sehen, was dort vor sich ging. Zunächst erblickte sie nur steinerne Brocken, die sich aus der Decke gelöst hatten. Inzwischen kamen vereinzelte Sonnenstrahlen durch die kaputten Mauern, in denen man den Staunb tanzen sehen konnte. Sonst wirkte alles verlassen wie immer, bis die Rothaarige zwei Gestalten in der hintersten Ecke und tief im Schatten ausmachen konnte.

    Das war doch …
    „Griffin!“
    Aber, wer war da bei ihm? Wem hielt er da in einer festen Umarmung? Freiya traute ihren Augen nicht – Berlewin?!
    „Ah, endlich bist du da, nutzloses Ding!“, begrüßte der versoffene Schneider sie, als er sie erblickt hatte. Er und Griffin lösten sich voneinander.
    Das konnte nicht sein. Berlewin war tot … oder? Damals, in Vengard … ihre Nachbarin hatte es ihr gesagt! Er hatte im Sterben gelegen! Und warum sollten Griffin und er in einer solch innigen Umarmung hier stehen?
    Griffin, was passiert hier?
    Augenblicklich zückte Freiya wieder ihren Bogen.
    „Griffin, wen auch immer du da siehst, er ist nicht echt, weg von dieser … Person!“, sagte sie und legte einen Pfeil auf. Berlewin grinste hämisch und Freiya glaubte, seinen Schnapsatem riechen zu können. Der säuerliche, widerliche Geruch von Alkohol verbunden mit seiner eigenen tranigen Note, sie würde dieses Gemisch ihren Lebtag nicht vergessen. Der Alte zog den Gürtel aus seiner Hose.
    „Kommst du, um dir deinen Lohn abzuholen, du kleine Hexe?“, feixte er und schlug bedrohlich und mit einem Klatschen mit dem Gürtel in seine Hand.
    Griffin, wer ist diese Frau?
    „Du bist nicht echt, weg von ihm oder ich töte dich!“, entfuhr es ihr. Berlewins Blick wurde zornig, Ja, so kannte sie ihn. So hatte er ausgesehen, bevor er auf sie eingedroschen hatte. Aber hier stand nicht mehr das fünfzehnjährige eingeschüchterte und geschlagene Mädchen. Sie hatte schon längst keine Angst mehr vor ihm.
    „Weg vom ihm, alter Mann!“, zischte sie und kam ihm bedrohlich nahe mit dem aufgelegten Pfeil. Doch Berlewin spuckte aus: „Du dummes Luder hast mich um alles gebracht! Meine Stoffe! Mein Geld! Meinen Sohn!“
    Er hob die Hand mit dem Gürtel und wollte nach Freiya schlagen.
    Hilf mir, Griffin, sie will mich töten!
    Doch bevor Berlewin sie treffen konnte, ließ Freiya die Sehne los und der Pfeil zischte direkt ins Berlewins Gesicht. Er fiel nach hinten um. Freiya ließ dem Bogen sinken und wartete einen Augenblick, dann zog sie vorsichtshalber einen weiteren Pfeil. Doch weder kam sie dazu, nachzuprüfen, was mit diesem Trugbild geschehen war, noch den zweiten Pfeil abzuschießen, denn im nächsten Augenblick traf sie eine schwere Pranke von der Seite.
    Völlig unvorbereitet und heftig getroffen ging Freiya zu Boden. Ihr Bogen fiel ihr aus der Hand und sie konnte sich nicht einmal mehr einigermaßen auffangen, wie Ryu es ihr gezeigt hatte.
    „Was hast du getan?“ knurrte Griffin. Er war auf einmal über ihr. Freiya versuchte sich aufzurichten, doch er drückte sie mit seinem Körpergewicht zu Boden.
    „WAS hast du GETAN? Du Mörderin!“, spie er außer sich vor Zorn.
    „Griffin, das ist ein Zauber, ein Trick! Ich weiß nicht, wie das passiert, aber was du gesehen hast, war nicht echt!“, erwiderte sie. Doch sein Gesicht war verzerrt von Wut und seine Augen merkwürdig blind vor Hass. Als wäre er nicht er selbst.
    „Bitte, Griffin!“, flehte sie, sich der Bedrohung bewusst werdend.
    Doch statt einer Antwort legten sich Finger um Freiyas Hals. Griffins große Pranken umfassten ihre Kehle und drückten ihr die Luft ab. Es trieb ihr sofort die Tränen in die Augen vor Schmerzen. Sie wollte schreien, konnte es aber nicht.
    „Grif…fin… bitte …“, formten ihre Lippen laut- und hilflos zugleich. Sie wand sich, strampelte verzweifelt mit den Beinen, wollte sich aufbäumen und versuchte seine Hände von ihrem Hals zu ziehen, doch sie hatte keine Chance.
    Der Jäger hatte ihren Hals fest zwischen seinen Händen und presste ihr das Leben raus. Und sie konnte nichts tun. Konnte Ryu nicht rufen, der ihr hätte helfen können. Konnte sich nicht wehren gegen den großen Bärtigen, der sie spielend leicht überwältigt hatte.
    Ihr Blick verschwamm immer mehr, ihre Sinne schwanden und ihre Gegenwehr wurde weniger. Schwarze Flecken trübten ihre Sicht und ihr Körper begann zu zucken und sich zu winden. Das würde sie nicht überleben. Griffin, ihr bärtiger Freund, brachte sie um …

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    Südöstlicher Sumpf, 2. Tag, später Abend - Chala, Valerion, Yarik

    All diese Fragen hatte sich Chala in den letzten Jahren mehrfach gestellt. Wer lenkte ihren Körper, wenn sie nicht sie selbst war? Warum gab es immer wieder Zeiten, an die sie sich nicht erinnerte, Leute, die sie scheinbar kannten, deren Gesichter sie aber nicht einzuordnen wusste? Und wer nutzte ihr Buch, welche sich stetig zu füllen schien, obwohl sie selbst kaum zur Feder griff?
    Sie war enttäuscht, dass Yarik nicht dasselbe widerfuhr, wie ihr. Einen Anhaltspunkt, wie sie Kontakt zu jenen aufnehmen konnte, die ihr die Kontrolle abrangen, hätte ihr sicherlich geholfen. Doch sie konnte nicht behaupten die Geister der Toten zu sehen. Wenn sie zurückdachte, fiel es ihr sogar schwer sich auch nur an die Gesichter ihrer Eltern zu erinnern. Oder an das jenen Toas, dem sie versprochen worden war.
    Der Gedanke an den Mann ließ Abscheu in der Aranisaani aufflammen. Sie konnte gar nicht genau feststellen, weshalb sie so fühlte, doch es war da. Das Gefühl degradiert zu werden, eingeengt in ihrer Freiheit und Meinung.

    „Die Geister, Agaga, sind an dich gebunden, Uo“, stellte die Dunkelhäutige fest, ohne einen Grund dafür nennen zu können, „Kannst du nicht Magie nutzen, um sie zu besänftigen? Sauniga? Ein Ritual?“
    Es war das Greifen nach Strohhalmen, doch beim besten Willen fand sie keine Lösung für Yariks Problem. Zugegeben lag ihr auch nicht viel daran, war sie doch gänzlich mit ihrem eigenen Zustand beschäftigt. Doch hätte sie ihm helfen können, wäre vielleicht auch er von Nutzen für sie gewesen.
    „Ich kam her, weil ich hoffte jemanden zu finden, der mir helfen kann“, gab sie zu und stieß mit ihrem Fuß einen kleinen Kiesel fort, die Steinplatte herunter in den Nebel, „Dachte ich jedenfalls, doch scheinbar hatte der große Baum seine Zweige im Spiel bei meiner Entscheidung.“
    Sie griff sich an das Halstuch, welches ihr Mal verbarg.
    „Magie ist so befremdlich“, gab sie leise ihre Ansicht dem Nebel preis.
    Es war noch nicht so viel Zeit vergangen, seit sie überhaupt zum ersten Mal jemanden Magie hatte wirken sehen. Damals am Silbersee hatte sie lange mit einem Mann namens Turang darüber gesprochen, dessen Worte ihr noch immer im Kopf schwirrten. Wieso konnte sie sich so gut daran erinnern?
    Magie ist etwas, von dem ich nicht glaube, dass die Götter sie geschaffen haben.
    Soweit sie wusste, glaubten die Menschen des Waldvolks nicht an einen der Götter, was die These des Wassermagiers zu bestätigen schien. Doch war das schon alles?

    Sie schwiegen eine Weile, beide hingen ihren Gedanken nach.
    „Sollten die Geister dir helfen können, dich im Nebel zu orientieren, wäre das eine gute Möglichkeit Nutzen aus ihnen zu ziehen“, überlegte Chala laut, „Und wer weiß, vielleicht ist es ihre Bestimmung zu helfen, um sie schlussendlich besänftigen zu können.“
    Die Kriegerin reckte ihre Arme empor, streckte sich und horchte in ihren Körper hinein. Der Schmerz am Rücken flammte auf, und auch ihr rechter Unterarm brannte noch ein wenig, wo sie von der Gans gebissen worden war. Doch eine Heilpaste und ein Verband, den sie sich im Basislager hatte anlegen lassen, halfen bereits. Sie sollten bald für die Nacht ruhen. Weitere Verletzungen würde sie gern vermeiden und ihre bisherigen Aufeinandertreffen mit den seltsamen Pflanzenwesen boten wenig rosige Aussichten auf einen angenehmen Spaziergang durch den Sumpf.

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    Veteran Avatar von Onyx
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Westliche Tempelruine, 3. Tag, Abenddämmerung - Onyx auf Ogerjagd

    Onyx hätte in seiner Zeit in der Barriere nie gedacht, dass er nach all den Jahren genau hier war und einen verdammten Oger verfolgte. Nie wäre er damals auf die Idee gekommen in absoluter Wildnis umher zu schleichen und dabei sogar Spaß zu empfinden. Freude und Nervenkitzel bei der Jagd, beim Observieren und sich orientieren.
    Er hatte den Oger bis zur westlichen Tempelruine verfolgt und beobachtet, während er ein Stück Buddlerfleisch verspeiste.

    Der Oger inszipierte die stinkenden Kadaver dieser riesigen Insekten. Noch vor einigen Tagen waren sie lebendig und hatten Onyx zum Glück nicht im Blätterdach gesehen. Allein der Panzer der Königin ragte ins Blätterdach und ihre Krieger hatten dicke Panzer aus Chitin.
    Dafür hätte Onyx Pfeile gebraucht, die er damals und auch heute nicht besaß.

    Der Oger stupste mit seiner Keule den großen Panzer an und riss dann dem toten Tier ein Bein aus. Er fraß daran und offenbarte Onyx damit, dass er doch fressen musste. Dass er nicht so untot war wie er und wohl andere dachten.
    Das er kaum Schmerzen empfand, war nach dem Kampf mit den Sumpfhaien nochmal bestätigt worden.
    Damit schloss der Hüter, dass dieser Oger besessen war. Etwas Böses ihn kontrollierte und verändert hatte.

    Mit seinem Bewegungsmuster, seiner Art zu kämpfen, Freund und Feind zu bewerten, Bedürfnisse zu erfüllen, Schmerzen zu empfinden und wie er seine Umwelt mit den Sinnen wahr nahm hatte der Jäger nun genug Informationen gesammelt. Genug um sich Unterstützung zu holen und diesen Drecksack zu jagen.
    Weil es so langsam dämmerte, beschloss der Hüne Niradh aufzusuchen. Es war wesentlich näher, wie alles andere, was Nachts sicher schien.

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    King Kong Avatar von Griffin
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Zentraler Sumpf, Tempelruine, irgendwann - Griffin, Eleonora

    Ihre giftig grünen Augen blickten ihn mit Verachtung und Herablassung an, während er seinen Klammergriff fester und fester um ihre Kehle schloss. Er sah keinerlei Furcht in den weit aufgerissenen Augen, ausschließlich tiefenempfundenen Hass. Selbst in ihren scheinbar letzten Augenblicken hatte diese Person für ihn nichts übrig als Feindseligkeit.
    Er respektierte diese Entschlossenheit der Mörderin, aber sie kümmerte ihn nicht.
    Ihr Glaube und ihr Orden hatten diese Frau blind und fanatisch werden lassen. Jede Spur von Menschlichkeit war längst gewichen und alles, was übrig war, war eine von Hass zerfressene Hülle, die alle andersgläubigen töten wollte. Eleonora hatte ihn gewarnt, dass an diesem Ort solche Personen unterwegs waren und ihn zu Vorsicht gemahnt. Das war der Grund, wieso sie mit ihren Begleitern hergekommen war. Und sie sollte recht behalten. Ohne jedes Zögern hatte die Frau am Boden einen Mann, einen Begleiter von Eleonora, angegriffen und ohne Vorwarnung niedergestreckt. Er kannte den Fremden nicht und der Tod des Mannes berührte ihn wenig, aber er war ein Freund der jungen Frau gewesen, die zu beschützen er erneut geschworen hatte. Ein Schwur, den er mit dem namenlosen Toten teilte, der seinen Körper vor Eleonora geworfen und ihr so das Leben gerettet hatte.

    -zusamm-

    Da war es wieder. Das so befremdlich anmutende Kratzen im hintersten Winkel seines Verstandes, dieses lästige Jucken in seinem Unterbewusstsein, das er nicht kratzen konnte.
    Er ignorierte es.
    Eleonora hatte ihm schon gesagt, dass die magischen Ströme an diesem Ort ihre Feinde stärkten und sie mit ihrer Magie die phantastischsten Erscheinungen zustandebringen konnten.

    -ir zu-

    Der hasszerfressene Blick der jungen Frau war fest auf seine Augen fixiert und sie murmelte mit den letzten Atemzügen Worte in einer Sprache, die er nicht verstand. Fremdländische, urtümliche Zauber, Rituale des Bösen, mit denen sie seinen Geist zu vernebeln und ihre traurige Existenz zu retten versuchte. Aber Eleonora hatte ihn vorgewarnt. Sie hatte ihm erzählt, dass die fremden Personen mit widernatürlichen Zaubern versuchen würden, ihn auf ihre Seite zu ziehen.

    -erdam-

    Er knurrte.

    -eiße-

    Moment.

    -langsam zu di-

    Er knurrte?

    -eise hereinlegen las-

    Das konnte nicht sein.

    Ich habe es dir schon mal gesagt: Ich unterwerfe mich niemandem, der schwächer ist als ich.

    Der Mann beobachtete mit einiger Überraschung, wie seine rechte sich seinem Befehl zu widersetzen schien. Ihm war, als weiche die Kraft aus seiner Pranke. Mit jedem Wort der fremden Kraft, die aus seinem Innersten heraus mit ihm zu sprechen schien, schwand sein Einfluss über seinen eigenen Körper. Erst waren es die Finger, die sich nur noch kraftlos auf den Hals der rothaarigen Feindin legten, dann hob sich die gesamte Hand und schließlich war es der ganz Arm, der sich seinen stummen Befehlen widersetzte.
    Die rothaarige Innosgetreue nutzte den Augenblick der Unachtsamkeit und wand sich keuchend und nach Luft schnappend aus seiner tödlichen Umklammerung.

    »Griffin!«, schrie sie ihn an. Das feuerrote Haar fiel wallend auf ihre glänzende Rüstung, auf deren Brust das Stadtwappen Thorniaras und der Feuermagier prangte. Die Paladina richtete sich auf und schnappte nach Luft. Der Hass in ihren Augen war entflammt durch die Tatsache, dass sie dem Tod durch ihren merkwürdigen Zauber nur knapp entkommen war.
    Sanft legte Eleonora, seine Eleonora, ihm die Hand über die Ohren, sodass er ihre Flüche und ihre Zaubersprüche nicht mehr vernahm. Lächelnd trat die blonde Frau an seine Seite. Welcher fremde Zauber auch immer Besitz von ihm ergriffen hatte, versiegte. Sie holte ihn zurück in die Realität und der Einfluss der Innosgetreuen versiegte augenblicklich. Er bewegte seine rechte Hand und sie gehorchte. Sanft blickte er zu seiner Begleiterin.
    »Ich danke dir.«, hauchte er.

    Was würde er nur ohne sie machen? Sie war der Lichtstahl gewesen, der ihn in der endlosen Finsternis dieses Ortes erhellt hatte, nachdem alle seine Liebsten ihn verlassen hatten. Sie hatte ihm das schwerste Verbrechen verziehen, das er ihr gegenüber hätte begehen können und sie hatte ihn wieder in seine Arme geschlossen und ihn geliebt, nachdem er nicht mehr daran geglaubt hatte, jemals wieder auch nur ein freundliches Wort einer Person zu vernehmen.
    »Bitte, Griffin.« Ihre Augen weiteten sich und sie legte besorgt die Stirn kraus. Sie hatte die Hände von seinen Ohren genommen.
    »Du musst mich beschützen.«, wisperte sie ihm zu und er gehorchte. Sie war seine Eleonora. Sein Licht. Sein Leben. Und er schuldete ihr für ihre Gnade und das Verzeihen mehr, als er ihr jemals geben konnte. Er würde ohne zu zögern sein Leben für sie niederlegen. Und er täte es glücklich.

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    Abenteurer Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Kurz vorm Basislager, 3. Tag, Nachmittag

    Trotz ihres gestärkten Körpers forderte das Gewicht des erlegten Dachses und auch die zahlreichen Wunden, sowohl die kleineren, wie auch die größeren, ihren Tribut. Nur langsam war Zarra vorangekommen, die Behändigkeit des Wolfes nützte nur wenig mit der zusätzlichen Last. Dennoch tauchten die Gebeine des Jägerturms endlich zwischen den Bäumen auf. Ob man sie bereits entdeckt hatte, wusste sie nicht. Jedenfalls kam niemand herbeigeeilt, um ihr zu helfen oder sie auszuschimpfen, weil sich alle Sorgen gemacht hatten. Doch wer würde sich schon um sie sorgen, außer ihrer Großmutter?
    Griffin, Freiya und Hauptmann Ryu sind alle zu meiner Rettung geeilt, erinnerte sie sich und spürte einen Stich schlechten Gewissens ob ihrer vorherigen Gedanken.
    Hatte sie nicht längst festgestellt, dass sich in letzter Zeit einiges verändert hatte? Dass man sie nicht mehr übersah, links liegen ließ oder schlichtweg ignorierte? Dieses Selbstmitleid war nicht mehr angebracht und auch die Wolfsseele in ihr stimmte knurrend zu. Sein letztes Lebenszeichen.

    Plötzlich schien sich ihr Innerstes zu spalten. Die Seele des Wolfes begann sich zu lösen, hinterließ eine tiefe Leere, als würde ein Teil von ihr herausgerissen. Es war, als ob eine warme Decke, die sie in kalten Nächten umhüllt hatte, unwillkürlich weggezogen wurde und sie der Kälte aussetze.
    Körperlich fühlte sie sich schwächer. Das Gewicht des Grimbarts in ihrer Hand – denn Tatzen waren es nicht – zwang sie zum Stillstand. Ihre Sinne stumpften und die Welt um sie herum schien an Intensität zu verlieren. Die Farben verblassten, verloren den Kontrast, an den sie sich bereits gewöhnt hatte. Die Geräusche, welche sie soeben noch umgeben hatten, wirkten nun dumpf oder verstummten gar ganz. Die Gerüche des Waldes und des vor ihr liegenden Lagers schwanden, wurden ersetzt von traurigen Überresten einer ganz eigenen Welt der Wahrnehmung, die zu schwinden drohte. Zarra fühlte sich schwerfällig und unbeholfen in ihrem schmerzhaft offensichtlich menschlichen Körper, als müsste sie neu lernen, wie man sich bewegte und interagierte.

    Emotional war es ein Wirbelsturm der Gefühle. Erleichterung, dass sie ihre Menschlichkeit zurückerlangte, mischte sich mit Trauer über den Verlust der einzigartigen Verbindung zur Natur und den Instinkten, die sie so lebendig gemacht hatten. Sie fühlte sich zerrissen zwischen der Freude, wieder unter Menschen sein zu können, und der Sehnsucht nach der Freiheit und Ungebundenheit, die sie als Weiße Wölfin erlebt hatte. Noch immer hörte sie das Heulen des Rudels der schemenhaften Raubtiere, welche ihre erste erfolgreiche Jagd bejaht hatten. Das Lied, welches so tiefsitzend und frei gewesen war, dass sie noch immer glaubte die Stimmen ihrer Artgenossen zu hören. Ihrer einstigen Artgenossen.

    Geistig erlebte sie eine Desorientierung, als müsste sie sich wieder in ihrem Körper zurechtfinden. Die klaren, einfachen Gedanken des Wolfes wichen der Komplexität menschlicher Emotionen und sozialer Konventionen. Sie musste sich wieder an das Gefühl von verschiedenen Extremitäten gewöhnen. Keine Vorderläufe, sondern Arme und Hände, keine Hinterläufe, sondern Beine und Füße, keine Lefzen, sondern einfache Lippen eines Mädchens.

    Als würde sie vor einem Wendepunkt in ihrem Leben stehen, blickte sie zitternd an sich herab. Wollte sich vergewissern, dass sie war, was sie fühlte. Verwirrung durchdrang ihre Gedanken, als sie sich der Leere, die die Wolfsseele in ihr hinterlassen hatte, bewusst zu werden versuchte. Das Gefühl grenzenloser Freiheit, diese Wildheit war fort.
    Trauer erfüllte sie darüber. Der Wolfsgeist war ein Teil von ihr gewesen, eine Verbindung zur Natur, die sie so sehr liebte. Doch hatte sie nicht auch zuvor etwas gehabt, was sie hochhalten konnte? Woran sie festgestellt hatte, dass ihr Platz im Waldvolk war?
    „Kräuter und Insekten“, murmelte sie, die Worte rau und kratzig durch die lange Zeit des Schweigens.
    Es waren jene zwei Dinge, die ihr stets Freude bereitet hatten und welche nun die Leere in ihr zu füllen versuchten. Doch da war noch mehr, oder? Es waren nicht nur diese beiden Themen, die ihren Lebensinhalt bestimmten. Sie hatte die Freude, ein Teil des Waldvolks zu sein, gewonnen. Und Zarra weigerte sich dies in absehbarer Zeit aufzugeben.
    Erleichterung übermannte sie, als ihr diese einfache Wahrheit bewusstwurde, als sie bemerkte, dass sie wieder denken und fühlen konnte wie ein Mensch. Sie war nicht mehr allein, sondern Teil einer Gemeinschaft. Die Wärme eines Lagerfeuers lockte und die Umarmung ihrer Großmutter, die sicher auf sie wartete, krank vor Sorge. Angespornt durch diese Aussichten schaute sie auf den Kadaver des Dachses. Sie spürte Bedauern, doch als Teil des Waldvolks gehörte die Jagd zum täglichen Leben dazu. Verschwendung stand nicht zur Debatte.
    Geändert von Zarra (21.04.2024 um 22:48 Uhr)

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    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Niradh, 3. Tag, Abend - Ornlus Wölfe, Kiyan, Onyx, Ricklens Kommando, Ronja und Vareesa

    Niradh - das Felsennest wurde in diesen Zeiten die Zuflucht für alle die im Westen und dem Zentrum des Tooshoo Gebietes Schutz suchten. Zuvor unbedeutend, war es für den Druiden ein selten so sicheres Versteck in der Wildnis.
    Sie hatten sich mit Iuns Transport abgemüht und irgendwann zu viert die Trage gemeinsam getragen. Es ging nicht anders über das unwegsame Gebiet und noch mehr ging es nicht schnell. So war der Entschluss gefasst Niradh anzusteuern und über Ornlus Schildraben Hilfe zu rufen.
    Fast angekommen bekamen das Jagdkommando unerwartete Hilfe.
    Er kam, nickte kurz allen zu und grüßte mit Bewahre! - und dann packte er mit an. So wie es sich gehörte.
    Seine Leute machten große Augen, weil vor allem unter den Waldläufern der Wert dieses Mannes hoch geschätzt wurde. Iun war schon ein sehr guter Schütze, doch dieser Onyx nahm es mit den Besten im Waldvolk auf.
    Okam wollte natürlich gleich wissen was seine Geschichte war, wie er aus dem Totenreich zurück gekehrt war. Doch Ornlu gebot zu schweigen bis sie Niradh erreichen würden.
    Er selbst hätte auch einige Fragen an den Hünen der Ryu Hayabusa, den manche Hüne nannten, um gut einen Kopf überragte und entsprechend auch typisch für einen Torgaaner die passende Masse besaß.
    Vor allem interessierte den Druiden was in der Tempelruine war, denn dort gab es eine Grenze für alle Magie, die ein Rätsel für Ornlu geblieben war.
    Aber auch sein Geist, seine Aura waren anders, nun da er Onyx mit seiner Magie besser spüren konnte wie in Bestiengestalt.
    Es war vertraut und dann wiederum nicht. Onyx musste wie Jarvo, Ryu, Griffin, Andrahir, Arakos, Nara und Mara, Oberon, Dekker, Arkantos und all jene anderen, deren Verbindung dem Druiden nicht bekannt war, ebenso eine Verbindung mit einem Naturgeist besitzen. Doch welcher? So fühlte sich kein Tiergeist an.
    Sie kamen dann an und der anstrengendste Teil kam nun. Der Aufstieg mit einem Verletzten.
    Doch mit zehn schmerzenden Händen, zehn brennenden Oberschenkeln und ein wenig Magie empfahl sich die Truppe für jegliche Umzugsunternehmen.
    Oben verschnaufte man erst einmal und trank was. Onyx hatte einen Mantel gefunden und schnüffelte dran.
    “Der gehört Zarra! Kannst ihn mir geben.”, meinte Okam zu Onyx. Der wollte ihn schon überreichen, da schritt Ornlu ein.
    “Kleine, junge Frau mit Haaren weiß wie Quark und Augen wie Jadestein. Sie wird sich sicher freuen.”, sagte er und Onyx nickte, bevor er ihn in eine Ledertasche einsteckte, wo kurz Stein an Stein klimperte. Dann stieg er die Felsplatte hinauf, während die Sonne unterging.
    Kiyan indes platzierte ihre Trophäe Wroooot gut sichtbar für alle an den Fels.
    “Wir bauen das Lager auf. Kommt schon. Gleich könnt ihr ruhen. Okam schau nach Iun. Ich werde Wache mit unserem Freund oben halten. Kiyan macht das Feuer und besorgt Feuerholz. Vigo kocht heute!”, bestimmte der Druide und hoffte, dass Wroc bald Ambrose erreicht haben würde.
    “Jadewolf.”, sagte dann Vigo und zeigte zum Eingang. Einer nach dem anderen kam hinzu. Ricklen grinste und stemmte die Hände in die Hüften.
    “Bewahret! Was für ein hässlicher kleiner Bastard! Ist das dieses Baummonster gewesen, Jadewolf?”
    “Bewahret! Ricklens Kommando! Willkommen in Niradh!”, grüßte Ornlu und umarmte den blonden Waldläufer freundschaftlich. Bevor er dies auch bei Jilvie tat und natürlich gesteckt bekam, dass er nach einer anstrengenden Jagd stinkt. Ornlu erwiderte, dass sie etwas sehr nach gemütlichen Bett rieche und beendete den kleinen Schlagabtausch, um auf Wroooot zu zeigen.
    “Jawohl! Wir haben ihn aus dem Stamm gezogen. So klein und so mächtig. Kiyan hat den finalen Hieb gesetzt. - Und ihr? Ihr habt nicht zufällig Ambrose dabei? Iun braucht Hilfe. Was führt euch nach Niradh? Und habt ihr was zu essen dabei? Wir wollten Eintopf aus einen halben Brot machen… Tauschen eine großartige Jagdgeschichte gegen gemeinsamen Abendeintopf.“, sagte der Wolfsdruide und erblickte nun auch neben Ronja Vareesa unter den Leuten von Ricklen.

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    Neuling Avatar von Ronja
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    Niradh, 3. Tag, Abend - Ronja, Vareesa, Fridtjof, Hjarti, Kjal, Ricklen Jilvie, Jadewolf + Leute

    „Dieser kleine Scheißer hier sieht eigentlich ganz harmlos aus“, bemerkte Ronja, während sie diesen Wroot betrachtete.
    Jilvie neben ihr schnaubte: „Er war ein riesiger Scheißer, glaub‘s mir. Gut, dass ihr ihn erwischt habt, Jadewolf.“
    Die blonde Jägerin war in die Hocke gegangen, um die Überreste von Wroot zu betrachten, nun stand sie wieder auf. „Waidmannsheil, dass ihr ihn erledigt habt. Nicht nur, weil es ein weiterer Erfolg ist, den wir brauchen, sondern weil …“
    Sie verstummte und presste die Kiefer aufeinander. Eine unangenehme Pause entstand. Irritiert blickte Ronja Jilvie an: „Weil?“
    „Weil dieser verfluchte Bastard uns das Leben zu Beliars Hölle gemacht hatte“, sprang Ricklen ein und klopfte seiner Gefährtin auf die Schulter. Ronja runzelte die Stirn. „Also, machen wir was zu essen und dann hören wir uns die Geschichte an, die Jadewolf uns versprochen hat, oder was?“, sagte Ricklen und blickte sich um. Es war verdammt eng hier. Da war Jadewolf mit seinen Leuten, der eine, der ohnmächtig war, nahm natürlich auf seiner Liege am meisten Platz weg. Ronja zählte durch: Jadewolf, der Verletzte, der Einäugige mit den hässlichen aber beeindruckenden Wargfell um die Schultern – den hatte sie damals am Übungsplatz gesehen, als Freiya mit Ryu geübt hatte, da hatte der Typ aber noch beide Augen gehabt! Und da hatte er den Warg angeschleppt! Weder der Umhang noch das fehlende Auge machten ihn wirklich ansehlicher – und schließlich noch zwei von Ornlus Männern, die sie hatte schon in der Sumpflilie gesehen, als sie noch gefeiert hatten, bevor die ganze Kacke überhaupt angefangen hatte. Naja und dann halt Ricklen und Jilvie, sie selbst, Vareesa, die neben ihr stand und nicht gerade glücklich drein schaute, Fridtjof, Hjarti und Kjal.
    „Das wird aber ne ordentliche Suppe werden müssen, wenn wir alle satt werden wollen“, bemerkte die brünette Bognerin.
    „Genau, deswegen gibt jetzt jeder her, was er in seinen Taschen findet. Wenn wir ne Brotsuppe aus nem halben Laib machen, dann sucht uns heute Nacht in unseren hungergeplagten Alpträumen die Mama Hooqua persönlich heim“, sprach Ricklen.

    Gesagt getan, sie breiteten alle die Sachen aus, die sie einstecken hatten an Vorräten und entbehren konnten. Es kam einiges an Hartwurst, ein paar Rüben, noch mehr Brot und verschiedene Kräuter zusammen.
    „Hat jemand vielleicht noch ein bisschen Salz?“, fragte einer von Ornlus Männern in die Runde, aber alle schüttelten den Kopf.
    „Verdammt, was ist mit unseren Salzvorräten geworden?“, fragte Ricklen und kratzte sich am Kopf. „Egal, fangt an zu Schnibbeln!“
    Ronja ließ sich nieder und nahm ihr Messer in die Hand, um die Hartwurst und das Brot, das sie beigesteuert hatte, kleinzuschneiden. Ricklen schickte indessen Fridtjof mit dem Einäugigen – Kiyan war sein Name – zum Feuerholz sammeln, Kjal holte im Kochkessel Wasser.
    Ronja war schon ewig nicht mehr hier gewesen, so weit nach draußen war sie in den letzten Monaten nicht mehr gegangen, da der Sumpf schon untergründig bedrohlich geworden war. Nun wussten sie auch, warum.
    „Ambrose?“, sagte Ricklen dann plötzlich zu Jadewolf. „Den haben wir nicht in der Tasche, oder, Ronja?“
    Er grinste sie an. Hjarti hob sofort den Kopf, er war gerade dabei, zusammen mit diesem Okam eine Plane über den ohnmächtigen Verletzten zu spannen „Was, wieso? Was läuft mit diesem Ambrose, Ronja?“
    Hjarti war immer am Tratsch und Klatsch interessiert, war er doch selbst nicht selten der Mittelpunkt irgendwelcher wilden Weiber- oder Jagdgeschichten.
    „Nichts“, antwortete Ronja. Dann aber begannen ihre Augen zu funkeln: „Noch.“
    „Wenn der Frauen auch nur halb so nett behandelt wie sein kleines Schweinchen …“, begann Hjarti.
    „Das ist ein Molerat, du blinde Arschgeige“, unterbrach ihn Kjal, der sich eben mit dem Kessel voll Wasser durch den Eingang zwängte.
    „Ja, sag ich doch, ein kleines Schweinchen mit schönem Schinken. Gepflegt und massiert vom Schweinebauern!“
    „Hjarti, konzentrier dich auf deine Arbeit statt aufs Sabbeln“, rief Jilvie ihm zu. „Jadewolf, wir sind übrigens auf der Suche nach dem Oger, der Onyx auf dem Gewissen hat. Hatten uns entschieden, hier heute Nacht zu lagern und morgen die Jagd fortzusetzen.“
    In dem Moment kamen Fridtjof und Kiyan mit dem Feuerholz. Sie schichteten es auf und nahmen aus einer Truhe noch trocknete Blätter und Pyrit, um das Feuer anzufachen.

    Nach wenigen Augenblicken brannte das Feuer schließlich und der Kessel mit dem Wasser war an einem Gestell drüber gehängt.
    Fridtjof setzte sich neben Ronja, die fast fertig war mit dem Schneiden von ihrem und anderem Zeug. Es war so eng, dass die Jägerin ein bisschen weiterrutschen musste und damit an Vareesa stieß.
    „‘Tschuldigung“, sagte sie zu ihrer Freundin, bemerkte dann aber deren verdrießlichen Blick. Ronja musterte Vareesa. Sie wirkte angespannt. Hoffentlich bereute die Frau mit den grünen Haarspitzen nicht, dass sie sich Ricklens Jagdkommando angeschlossen hatte. Er und Jilvie hatten Ronja gebeten mitzukommen, die aber hatte gezögert und erst eingewilligt, als Vareesa selbst gesagt hatte, dass sie mitkommen wollte. Ronja fragte sich, warum Vareesa das getan hatte, aber mit ihrem unendlich großen Taktgefühl, das sie entgegen der völlig falschen Einschätzung von Freiya selbstverständlich besaß, hatte sie die Bognerin bisher nicht fragen können, ohne dass Hjarti vielleicht große Ohren bekommen hätte. Der hatte die beiden sowieso schon die ganze Zeit beobachtet, der alte Lustmolch.
    „Ist eng, hm?“, sagte sie leise zu ihrer Freundin, die beschäftigt schien mit Atmen. Gedehnt ein und aus. Vareesa sah sie kurz an und nickte leicht. Immerhin saß Jilvie auf ihrer anderen Seite. Das war um einiges besser als Hjarti oder einer von Ornlus Männern.
    „He, Fridtjof, rück mal, ich hab hier gar keinen Platz“, sagte Ronja plötzlich. Sie wollte Vareesa etwas mehr Platz verschaffen.
    „Ja, ach, ich auch nicht“, erwiderte der Jäger ungewohnt schroff. „Soll ich mich vielleicht in Luft auflösen?“
    Ronja sah ihn verdutzt an: „Was is‘n dir über die Leber gelaufen?“
    Fridtjof schwieg und Ronja lehnte sich mit schmalen Augen zu ihm: „Was ist looooos? Bist du sauer, dass Freiya wieder lieber mit dem Hauptmann und dem Dicken losgezogen ist statt mit uns?“
    Jetzt fixierte Fridtjof sie: „Komm mir nicht so! Ich mache mir Sorgen. Bisher haben wir kein Zeichen von den Dreien erhalten. Auch nicht von der jungen Rimbe. Außerdem wäre Freiya vielleicht gerne auch mit auf die Jagd nach dem Oger gekommen, allein um Onyx‘ Willen.“
    Ronja packte ihr Messer weg.
    „Naja, hast schon Recht“.
    Schade, ihn mit dieser Sache zu piesacken machte irgendwie mehr Spaß.
    „So, dann mal her mit den gewürfelten Hartwürsten“, sagte plötzlich einer von Jadewolfs Leuten, der einen Kochlöffel in der Hand hielt. Ronja stand auf und ging zum Kessel mit dem brodelnden Wasser.
    Sie grinste innerlich. Ihr gefiel es hier sehr zwischen all den Leuten.

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    Kämpfer Avatar von Yarik
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    Südöstlicher tiefer Sumpf, Abend des 2. bis Morgen des 3. Tages - Chala, Valerion, Yarik

    „Die Geister lassen sich nicht von mir benutzen, oder beeinflussen“, erklärte Yarik, „Ich weiß nicht, was genau sie eigentlich wollen. Das herauszufinden ist vermutlich der erste Schritt… So wie du herausfinden musst, wer deinen Körper besitzt, wenn du… abwesend bist.“ Er schwieg eine Weile und strich sich dabei nachdenklich über das Kinn. „Es tut mir leid, dass ich dir wohl nicht helfen kann. Jedenfalls nicht direkt, mit Magie oder Ritualen. Ob du es glaubst oder nicht, ich kann erst seit wenigen Wochen überhaupt Magie nutzen. Ich bin also ein blutiger Anfänger in diesen Dingen.“ Yarik musste kurz lachen. Es war wirklich seltsam, wie das Leben spielte – da hatte er ein einfaches und vollkommen normales Leben geführt – nicht unbedingt ein ereignisloses Leben, wenn er an die Zerstörung seines Hofes und die Ermordung seiner Familie dachte – aber keines, das in irgendeiner Hinsicht bemerkenswert gewesen wäre. Und er hätte nicht gedacht, dass sich dies vor seinem (wahrscheinlich baldigen) Tod noch einmal ändern würde. Und dann… Dann war er plötzlich im Begriff Druide zu werden, ein Hüter der Natur und fähig, sich die allumfassende Magie zu Nutze zu machen.
    „Magie ist in der Tat befremdlich“, stimmte er Chala zu, „Allerdings… Vielleicht gibt es Leute, die uns beiden helfen könnten mit unseren, naja, speziellen Problemen. Ich kam ursprünglich hierher nach Tooshoo, weil ich eine junge Frau aus Varant begleitete, die davon überzeugt war, dass es hinter dem Sumpf, ganz im Süden der Insel, soetwas wie ein Beliar-Kloster oder so geben müsse. Angeblich leben dort Schwarzmagier. Sie wollte sich ihnen anschließen… Ich weiß nicht, ob das stimmt, ob dieses angebliche Kloster oder Tempel oder wie auch immer wirklich existiert und wenn ja, ob die dortigen Magier Fremde nicht einfach direkt über ihren Altar klatschen und ihnen zum Ruhme Beliars das Herz rausschneiden – keine Ahnung. Aber wenn es sie gibt, dann… nunja, wer sollte sich wohl mit den Geistern der Toten auskennen, wenn nicht die Priester des Totengottes? Und wer weiß, vielleicht wissen sie dann auch über deine… Besessenheit, oder was auch immer es sein mag?“ Er zuckte mit den Schultern. „Aber, bevor wir versuchen, Beliartempel zu finden, die vielleicht gar nicht existieren, und uns mit Schwarzmagiern zu unterhalten, die uns vielleicht einfach aus Prinzip oder Spaß umbringen wollen, müssen wir erst einmal diese verfluchte Jagd überleben. Zeit, dass wir uns aufs Ohr hauen. Morgen wird garantiert kein weniger anstrengender Tag als heute.“


    … früh am nächsten Morgen …

    „Aufwachen, rasch! Es gibt ein Problem!“
    Yarik riss die Augen auf und griff instinktiv nach seinem Messer, als er plötzlich an der Schulter gepackt und unsanft gerüttelt wurde. Es war jedoch nur Liam, der sich direkt daran machte, zu Valerion und Selana weiterzugehen, die eng aneinandergeschmiegt neben dem erloschenen Feuer lagen. Chala, Shakes und Eileen waren bereits wach und sammelten ihre Ausrüstung zusammen.
    Yarik setzte sich auf und sah sich verschlafen um. Trotz des unwirtlichen Ortes, an dem sie gezwungenermaßen ihr hatten übernachten müssen, hatte er geschlafen wie ein Stein – die letzten Tage waren verflucht anstrengend gewesen, und er war eben doch nicht mehr der Jüngste.
    „Ein Problem?“, fragte er heiser und rappelte sich auf, „Was für ein Problem?“
    „Glaen ist verschwunden“, sagte Liam.
    „Scheiße… Glaen? Ausgerechnet von ihm hätte ich das nicht erwartet!“
    „Und er ist ohne seine Ausrüstung verschwunden.“
    Was?
    Liam deutete mit dem Kinn zu dem Platz, an dem Glean am vorigen Abend seinen Schlafplatz zurechtgemacht hatte. Neben einem Häuflein zusammengeschobenen Laubs auf dem Boden lagen Glaens Rucksack – und seine Axt…
    Yarik stieß einen leisen Fluch aus.
    „Herhören!“, wandte sich Liam an die Gruppe. Er versuchte, Ruhe und Zuversicht auszustrahlen und damit seiner wenig beneidenswerten Rolle als Anführer gerecht zu werden. Sein verbissener Gesichtsausdruck und sein nervöses Herumspielen mit dem Griff seines Schwertes verrieten jedoch seine innere Anspannung. „Glaen wäre auf keinen Fall einfach so allein raus in den Sumpf, und noch viel weniger ohne seine Waffe! Das heißt… etwas hat ihn verschleppt. Wäre ja nicht das erste Mal. Wir müssen jetzt schnell handeln – packt eure Sachen, und zwar rasch, und dann suchen wir das Gebiet um den Affenkopf ab, immer rund herum in weiter werdenden Kreisen, klar? Haltet nach Spuren Ausschau und nach Bedrohungen, und vor allem: Verliert euch bloß nicht aus den Augen! Ich glaube, der verdammte Nebel ist sogar noch dichter als gestern… verfluchter Mist…“

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