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    Waldläufer Avatar von Valerion
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Valerion hatte sich den toten Körper des Mannes lange angeschaut, jedes Detail beinahe aufgesaugt, um nicht zu vergessen, was hier eigentlich los war. Klar ... erstmal einen der Stärksten aus der Gruppe ausgeschalten, die Motivation zerstört, die Angst wurde geschürt. Selana war nun nahe bei ihm, wollte nicht mehr von ihm Weg. Er achtete auf sie, sah sich weiterhin um und gab kaum ein Wort von sich. Der Bärtige hatte schon einiges in seinem Leben gesehen und erlebt, aber das hier war jenseits von seiner Vorstellung. Valerion hatte Liam beobachtet, er hatte seinen Mut verloren, wollte jetzt nur noch seine Tochter ins Lager bringen, um sie in Sicherheit zu wissen. Während die anderen also einen Plan ausgeführt hatten, blieb Valerion stehts wachsam. Auch die Leichen, die da in der Gegend herumlagen, waren sicherlich nicht schön mitansehen. Wer waren diese Menschen gewesen? Wie waren sie gestorben und vor allem, wie lange lagen sie bereits in diesem sumpfigen Grab?

    Eines war sicher, er würde nicht so sein Ende finden und Selana hoffentlich auch nicht. Als sie schließlich am Kopf angekommen waren, wollten sie kurz rast machen, als eines auffiel. Eileen war verschwunden. Valerion hatte gedacht, sie liefe bei ihrem Vater aber anscheinend war das nicht der Fall gewesen. Liam drehte nun vollkommen durch, schrie ihren Namen in den Sumpf und wollte sofort den Weg zurückgehen.
    „Warte, das bringt so nichts“, wollte Valerion ihn aufhalten, aber er kassierte nur einen festen Schlag ins Gesicht.
    „HALT DEINE VERDAMMTE FRESSE! ES IST ALLES DEINE SCHULD, DU HÄTTEST AN GLAEN´S STELLE SEIN SOLLEN, DU UNWÜRDIGER SAUF FATZKE VERPISS DICH“, schrie er und rannte in den Sumpf zurück.
    „Natürlich .... du mich auch“, antwortete Valerion und blickte zu den anderen. Selana hob die Hände vors Gesicht, während Yarik und Chala nur stumm zurückschauten.

    Yarik schien zu überlegen, was sie tun sollten.
    „Wir müssen die beiden suchen“, sprach dann Chala schließlich.
    „Damit wir auch so enden wie Glaen?“, antwortete Valerion genervt und rieb sich die Wange.
    „Chala hat recht ...“, meinte Yarik und ging vor.
    Also marschierten sie schnell wieder in die Richtung, in der sie gekommen waren. Doch dieses mal war der Nebel wieder dichter, die kleine Gruppe bleib so gut es ging zusammen, um nicht noch einen zu verlieren. Selana blickte sich stumm um, keiner von ihnen sagte irgendwas.

    „Valerion ... mir ist so kalt“, flüsterte eine Stimme, die definitiv nicht die von Selana war, als er sich zu ihr umdrehte flog er beinahe gegen Chala. Selana veränderte sich mit jeder Sekunde. Ihre Haut fiel zusammen, wurde knochiger und ihre Augen waren bald nur noch dunkle Löcher, die keinerlei Leben mehr zeigten.
    „Halt .... mich .... fest .... geliebter ....“, rief der Leichnahm und schien weniger an Kraft zu haben, flog zu boden um mit letzter kraft, die knochige Hand zu heben, ehe der Körper sich nicht mehr regte.
    Valerion griff instinktiv um sich, er brauchte seine Flasche, seinen Alkohol. Er zog aus seinem Beutel ein Bier, das er mitgenommen hatte, sollte er tödlich verletzt werden und eh am Sterben sein.
    „Lass es“, rief Yarik ihm zu.
    „Das ist doch genau das, was der Sumpf will. Sei Stark verdammt oder der Hauptmann wird es erfahren“, sprach er dazu und blickte ihn finster an.

    Der Bärtige atmete schwer ein und aus und steckte zitternd die Flasche zurück.
    „Knutsch du mal die halbe Nacht mit ner toten ... mal schauen wie es dir dann geht“, antwortete Valerion und wischte sich den Schweiß aus der Stirn. War Selana wirklich Tod gewesen? War das vielleicht nur ein zufälliger Körper gewesen, der ihre Form angenommen hatte? Er schüttelte sich, nein er wollte nicht an sowas denken.

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    General Avatar von Yared
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    An Melfords Grubenfalle, nördlicher Sumpf

    Zweiter Tag der Wilden Jagd, früher Abend

    Yared strich sich über den leicht zerzausten Knebelbart.
    „Eigentlich ist der Schlamm in der Grube nicht unbedingt unvorteilhaft. Wenn die Beute leicht einsinkt und verlangsamt wird, ist das sogar gut. Nur der Lockvogel, für den ist das natürlich problematisch.“
    Der Sappeur ließ den Blick schweifen. Es hatte nach dem Gewitter merklich abgekühlt. Der Wind hingegen hatte aufgefrischt, sogar hier in den nördlichen Bruchwäldern Tooshoos. Im Osten konnte Yared sehen, wie das Blattwerk der Kronenstämme des Riesenbaums in dieser Höhe noch in wesentlich kräftigeren Böen flatterte.
    „Selbst wenn wir Drainagelöcher und -gräben ausheben, wird das das Problem in der Grube kaum dauerhaft beheben.“
    Sein Blick wandte sich wieder Melford zu, der irgendwo zwischen Frustration und Verzweiflung schwankte, als habe er irgendjemandem den Erfolg seiner Falle garantiert. Das Mal musst ihn ganz schön in Bedrängnis gebracht haben.
    „Nur die Ruhe, du musst dich nicht in dein Schwert stürzen, Mel.“ Der Paladin betrachtete seinen ehemaligen Sippenbruder mit einem aufmunternden Lächeln. „Verrückt bist du noch nicht.“
    Sein Blick wanderte weiter zu den Baumstämmen auf beiden Seiten der Grube.
    „Wegen den Baumstämmen habe ich bereits eine Idee. Denen rücke ich persönlich zu Leibe.“
    Dann zeigte er hinunter in die Grube.
    „Den Schlamm da unten lassen wir so. Soll sich der Hirschtroll damit rumärgern.“, hakte er kurzerhand das zweite Problem ab, um auf Melford noch nicht recht überzeugten Gesichtsausdruck antwortend fortzufahren, „Bliebe der Fluchttunnel.“
    Melford nickte und dachte laut nach: „Hätten wir mehr Zeit, hätte ich gesagt, wir legen Drainagegräben an, stützen die Tunneldecke stärker ab und legen den Boden mit Splitt aus, damit man genug Bodenhaftung beim Durchrennen hat. Aber dafür müsste es da unten erstmal noch ein gutes Stück trocknen.“
    Yared wiegte den Kopf und fügte nachdenklich an: „… und die Zeit dafür haben wir nicht.“
    Plötzlich kam ihm eine Idee und ein breites Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
    „Wenn wir es nicht besser hinbekommen, müssen wir halt nutzen, was schon da ist. Wir brauchen eine lange Leine, so dick, wie ein Axtstiel. Die legen wir durch den Tunnel nach unten und ziehen daran später den Lockvogel durch den schräg verlaufenden Schacht nach oben. Der seichte Matsch da drin verringert sicher den Reibungswiderstand ausreichend, dass das gut machbar wäre. Wird eben nur unser Köder ordentlich dreckig. Aber besser beschmutzt als in den Fängen eines Hirschtrolles.“
    Geändert von Yared (27.04.2024 um 19:38 Uhr)

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    Veteran Avatar von Chala Vered
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    Irgendwo im Sumpf, irgendwann am 3. Tag - Chala, Valerion, Yarik

    „Wenn ich…das da geküsst hätte“, meinte Chala und deutete angewidert auf die knochigen Überreste von Selana – oder der Illusion von Selana, „Würde ich definitiv einen starken Schluck brauchen.“
    Sie schaute von dem Gerippe hin zu Valerion und wieder zurück.
    „Obwohl ich an ihrer Stelle wohl genauso gedacht hätte.“
    Nach diesen Worten war die Aranisaani Yarik gefolgt, der bereits im Begriff war aufzubrechen. Shakes klopfte dem soeben von seiner Frau Verlassenen wissend auf die Schulter und folgte ebenfalls Yarik. Valerion ließ nicht lange auf sich warten, doch man bemerkte, wie sehr ihn dieser Moment mitgenommen hatte.
    Chala wäre am liebsten dem ursprünglichen Plan treu geblieben. Gen Norden, raus aus dieser Nebelfalle. Eileen war genauso verloren wie Glaen zuvor und auch Liam hatte sein Schicksal selbst gewählt. Doch allein aufzubrechen würde nur den Fehler der anderen wiederholen und noch immer hatte die Kriegerin Hoffnung, dass der Magiebegabte ihr bei ihrem Problem würde helfen können, so gering die Chance auch war.

    Wie zuvor hielten sie sich dicht beieinander, doch dieses Mal ließen sie regelmäßige Lebenszeichen hören, damit sie eine zusätzliche Sicherheit hatten. Doch selbst dann konnte man nicht mit Bestimmtheit sagen, ob es sich nicht um eine weitere Sinnestäuschung des Nebels handelte und ein weiterer Gefährte längst vom Weg abgekommen war.
    „Noch alle da?“, fragte Shakes routinemäßig, nachdem sie bereits einige Zeit gelaufen war.
    „Dich kann man sowieso die ganze Zeit riechen, Shakes“, gab auch Chala ihr Lebenszeichen.
    „Wo ist nur Eileen“, murmelte Yarik vor ihr.
    „Yarik ist auch noch da, Valerion?“, rief sie über die Schulter.
    „Denkt über seinen Frauengeschmack nach“, gab dieser brummig zurück.
    „Gut für dich“, kommentierte die Dunkelhäutige schnippisch und fokussierte sich wieder auf das Finden der anderen.
    „Unsere Chancen die beiden zu finden sind…“, begann sie, wurde jedoch von Shakes unterbrochen.
    „…gleich Null. Yarik, lass uns zum Lager zurückkehren. Wir sind nur noch zu viert.“
    „Nein, wir müssen sie finden…Eileen muss irgendwo sein“, bestimmte der Stabkämpfer ihr weiteres Vorgehen.
    „Eileen…und LIAM, oder?“, hakte der Sumpfkrautbauer nach und erntete ein Brummen als Antwort.

    Mit der Zeit mischten sich Geräusche in die dumpfe Atmosphäre, die der Nebel schuf. Mal klang es wie der heulende Wind, mal wie das Platschen eines Steins, der ins Wasser geworfen wurde. Doch Chala hätte schwören können, dass sie Yarik hatte etwas sagen hören.
    „Was war das, Yarik?“
    „Ich habe nichts gesagt.“
    „Aber ich hab dich doch…Scheiße.“
    Damit war auch ihre Absicherung über regelmäßige Wortmeldungen die Anwesenheit zu versichern zu einem weiteren zum Scheitern verurteilten Plan geworden.
    „Lasst uns doch bitte…“, setzte Shakes erneut an, doch noch ehe er darum bitten konnte die Suche abzubrechen, hörten sie einen Schrei.
    „EILEEN!“
    „Liam?“, fragte Chala, die sich in die ungefähre Richtung des Schreis wandte.
    „Los!“, rief Yarik und eilte voraus, die anderen Drei dicht hinter sich.
    Es war, als würden sie sich durch abertausende Schichten von Stoff kämpfen müssen. Fast so, als würden die Schwaden sie physisch beeinträchtigen. Die Aranisaani war versucht Wildkatze durch die Luft zu wirbeln, um sich den Weg freizuschneiden, doch das grenzte an Irrsinn.

    „EILEEN!“
    Erneut schallte die Stimme von Liam durch den Sumpf, zerstreut durch den Dunst.
    „Hier vorne, ich sehe ihn!“, alarmierte Valerion die anderen, nachdem er zu ihnen aufgeschlossen war.
    Wie zuvor bei Glaen schien sich der Nebel für sie zu lichten, legte den Blick frei auf Liam, der vorstürmte.
    „Dort!“
    Sein Ziel war offensichtlich seine Tochter, die von einer Ranke umschlungen hoch in die Luft getragen wurde. Sie zappelte und schrie, doch konnte sich nicht den kräftigen Pflanzensträngen erwehren.
    „Liam! Warte!“, rief Shakes und zog eines der Hackmesser hervor.
    Doch noch ehe er dem Anführer ihres Kommandos und seiner Tochter zur Hilfe eilen konnte, brachen weitere Ranken aus dem Boden heraus, direkt unter Liam.
    Die wurzelartigen Lianen schlangen sich um seine Beine, brachten ihn zu fall und zogen ihn gewaltsam in den Schlamm. Er brüllte, doch sein Mund war bald mit Erde und Wasser gefüllt.
    Yarik, Chala, Valerion und Shakes rannten los, doch sie waren so weit weg. So viele Schritte, die sie plötzlich sehen konnten, wo vorher die eigene Hand vor Augen kaum zu erkennen gewesen war. Der Nebel wusste, dass sie nicht rechtzeitig ankommen würden.
    Der Körper des Jägers wurde gewaltsam ins feuchte Erdreich gezogen, seine erstickten Schreie verstummten, als die Ranken ihn mit sich rissen.
    Als jegliche Chance verstrichen war, den Vater der jungen Jägerin zu retten, hörte diese auf zu Zappeln. Beinahe wirkte es, als hätte sie aufgegeben, doch ihr Gesicht verzog sich zu einem widernatürlichen Grinsen, welches immer weiter wurde, bis die Fassade im Nebel verschwand und eine rötliche Blume, die von dunklem Pilzbefall überwuchert war, den Körper ersetzte.
    „Weg, zurück!“, schrie Shakes, der Yarik an der Kleidung packte und ihn mit sich zog. Chala eilite ihm zur Hilfe, da sich ihr defacto Anführer nicht von der soeben verschwundenen Illusion Eileens abwenden wollte.
    „Das ist sie nicht, Yarik!“, stieß die Kriegerin zwischen den Zähnen aus und rammte ihm ihren Ellbogen in die Rippen, um ihn zur Vernunft zu bringen.

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    Fischjägerin  Avatar von Larah
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    Entlang der Westflanke des Weißaugengebirges, östliche Bruchwälder

    Dritter Tag der Wilden Jagd, früher Nachmittag

    Nach der kurzen Rast und einer kalten Brotzeit zu Mittag ging es weiter. Diesmal führte Sana sie vom Moleratgehege südwärts. Die Pfade wanden sie abseits der Stege, dafür über recht festen Grund am Rande der Westflanke des Weißaugengebirges entlang. Der Untergrund war eher sandig und überwuchert von Gräsern und krautartigen Pflanzen.
    Larah hatte mittlerweile den Verdacht, dass Maris seinen ‚Wilden Haufen‘ nicht ganz unvorhergesehen zugeteilt bekommen hatte. Da er seine Tochter Runa dabei hatte und sicher bei Jilvie und Ricklen ein möglichst ungefährliches Teilstück des Bruchwaldes zugeteilt bekommen hatte, hatte er damit indirekt auch die Verpflichtung übernommen, für all jene Kindermädchen zu spielen, die man in keinem der sich ernsthaft in Gefahr begebenden Jagdkommandos sehen wollte.
    Natürlich sagte das niemand, vermutlich vor allem um Frank nicht zu kränken. Maris, sein Schwager Seamus und – so unterstellte es die Gortharerin ihr zumindest – selbst die verschlossene Sana schienen sich darüber jedoch völlig im Klaren. Während Seamus das stoisch hinnahm und versuchte, Maris so gut es ging zu helfen, schien es dem Varanter doch ein klein wenig lästig.
    Larah hatte kein Problem damit, zum Kinderhüten abkommandiert worden zu sein. Sie wusste nicht wirklich, wo sie sich unter den Waldkriegern selbst einzuordnen hatte, wenn es um Schlagkraft und Jagderfahrung ging. So sie Maris und auch Runas Reaktion richtig deutete, schätzten die beiden sie tatsächlich als Unterstützung und nicht als Ballast. Das stimmte sie recht zuversichtlich und hoffnungsfroh.

    Während sie mit ihrer reichweitenstarken Stangenwaffe Sana und ihrem Hund direkt als zweite in der Vorhut folgte, ließ sie den Blick aufmerksam über die Gegend schweifen, durch die sie sich bewegten.
    Wenig später kamen sie an einen Wasserfall. Das hier musste der Fluss sein, der das Sumpfland mit einem erheblichen Teil seiner Feuchtigkeit versorgte. Frisch und klar stürzte das Wasser vom Fels in die Tiefe und zerstob beim Eintauchen in das Tosbecken, welches der stete Strudel tief in Gestein und Morast gegraben hatte.
    Sie verweilten nicht lange, sondern zogen am Röhricht entlang, bis sie wieder auf die Stege stießen und über den Bach setzen konnten, der unweit in den derzeit nicht schiffbaren Kanal zum Strand überging.
    Auf der anderen Seite angekommen, schlugen sie sich abermals an Schilf und Sumpfkrautstauden entlang, diesmal in weiterem Abstand zum Wasser – Sana hatte in ihrer knappen Art angemahnt, dass der Boden auf dieser Bachseite wesentlich instabiler war –, bis sie nach kurzer Zeit schließlich abermals den Gebirgsrand erreichten.

    Inzwischen war der Mittag weiter zum Nachmittag fortgeschritten, als Larah plötzlich ein ungutes, aber bekanntes Gefühl beschlich. Zwischen den hier dichter stehenden Bäumen züngelten die Ausläufer dichten Nebels in Bodenhöhe hervor. Es kam der Fischjägerin wie ein Déjà-vu vor und sie nahm die Hellebarde aus ihrer locker geschulterten Haltung fest in beide Hände. Das waren ähnliche Schwaden, wie sie Yared und sie zwei Tage zuvor südlich von hier auf den Stegen auf einmal umwabert hatten.
    Auch Sana war darauf aufmerksam geworden, hielt Hund eng bei sich und hatte inzwischen auch den ganzen Zug angehalten.
    Larah hörte, wie Maris von hinten kam, vermutlich um den Grund dafür zu erfahren. Sie machte zwei Schritte vorbei an Sana und spähte in die Suppe, die sich jenseits der Bäume bis beinahe in die Kronen zu erstrecken schien.
    Plötzlich brach aus der schwebenden Düsternis und dem Unterholz zwischen den Bäumen eine heruntergekommene Gestalt hervor, die ihr gut bis zur Brust ging. Ein untoter Goblin, wie Larah bereits im gleichen Moment feststellte, in dem sie seiner gewahr wurde, rannte direkt auf sie zu.
    Sie reagierte unmittelbar, riss die Hellebarde schützend nach vorne und stützte sich mit den Beinen nach hinten ab. Mit dem hellen Schaben von Knochen auf Metall spießte sich der anstürmende vermeintliche Angreifer den Brustkorb auf die Spitze der Waffe. Larah drückte sie zur Seite und schleuderte den untoten Körper, der sich natürlich weiterbewegte, als sei nichts noch der Waffe, nach rechts, holte aus und schlug ihm mit aller Wucht das Axtblatt gegen den schmalen Hals. Morsche Wirbel knirschten und versprangen, ledrig verweste Bänder und Muskelstränge zerrissen und der Kopf der Kreatur fegte ein paar Schritt weiter, bevor er zwischen die Grasbüschel fiel. Leblos sackte nun auch der Körper des Goblins unterhalb ihrer Klinge in sich zusammen.
    Larahs richtete ihre Augen sofort wieder auf den Rand der Nebelwand. Kam da noch mehr?

    "Das ist derselbe Nebel, wie Yared und ich ihn vor zwei Tagen durchquert haben, als wir vom Strand zur Jagdkommandantur unterwegs waren. Auch in ihm verbargen sich untote Goblins. Aber ich frage mich, warum der hier den Nebel verlassen hat.", meinte sie zu Maris, der inzwischen neben ihr in der ersten Reihe dieses Schauspiels angekommen war.
    Geändert von Larah (27.04.2024 um 22:56 Uhr)

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    General Avatar von Yared
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    An Melfords Grubenfalle, nördlicher Sumpf

    Dritter Tag der Wilden Jagd, früher Nachmittag

    Yared wischte sich mit dem Ärmel seines Hemdes die herabperlenden Schweißtropfen von der Stirn und sah kurz hinüber zum Ausgang des Fluchttunnels. Dort befestigte Melford gerade an einem frisch eingeschlagenen massiven hölzernen Pfahl, den er zuvor tief in den Untergrund getrieben hatte, den oberen Tampen einer dicken Leine. Er hatte sie noch am vergangenen Abend in den Kammern im Riesenbaum, die die Wächter als Zeughaus nutzten, organisiert und in regelmäßigen Abständen Knoten in sie geschlagen, damit man sich besser daran festhalten und sich zur Not auch daran entlang ziehen und daran hochklettern konnte.

    Der Kapitän lenkte seine Gedanken wieder auf seine eigene Aufgabe. Nochmals rieb er sich den Haaransatz trocken. Darauf, sich auch die schwitzenden Finger an der Hose abzuwischen, verzichtete er.
    Stattdessen legte er beide Hände an den letzten Stamm und begann, wie schon die sieben Male zuvor, die Anrufung an seinen Gott zu rezitieren. Halblaut murmelte er vor sich hin, immer wieder dieselben Zeilen und Worte, die das Muskelgedächtnis seiner Lippen nun so in- und auswendig zu kennen schienen, dass der Befehl seines Verstandes, sie auszuführen, seinem Mund bereits ausreichte, um sie vollständig und fehlerfrei wiederzugeben. Während seine Kehle so seinen Herrn anrief, waren seine Gedanken frei und doch auch auf seinen Gott gerichtet. In stiller Zwiesprache bat Yared seinen Herrn ein letztes Mal um das Wunder seiner Kraft, die den Baumstamm von der Korruption durch die chaotisch umherstreifenden Mächte Beliars befreiten und fürderhin schützen würden.
    Die Jagd - alles, was in diesem Moment anlag, das, was seine Hände taten - füllte seine Gedanken aus. Doch im inneren Dialog mit seinem Gott legte er alles, was ihm durch den Kopf ging, in den Blick seines Herrn. Das alles versuchte er mit den Augen seines Gottes zu sehen.
    Heiß floss der sanfte Strom der göttlichen Macht in sein Herz aus, von dort warm in seine Hände und schließlich durch seine Handflächen in den untoten Stamm. Auch, wenn man es mit bloßem Auge nicht sehen konnte, spürte der Paladin sogar physisch mit den Fingerkuppen, wie sich das dämonische Miasma im Stamm regte und wand, im unkörperlichen Äquivalent einer Renitenz, die in ihrer Paradoxität gänzlich im Widerspruch stand zu allem, wie sich eine gestalts- und gesichtlose Unbewusstheit pseudoempfindungsfähig gerieren mochte. Yared schenkte ihr kaum Aufmerksamkeit. So wenig lang, wie diese Rückstände der beliarischen Ausflüsse sich noch in dieser Sphäre festklammern können würden, waren sie bereits kein relevanter Einflussfaktor mehr. Ganz anders als der latent im ganzen Bruchwald für ihn spürbaren Nachhall der Sphärenverletzung durch den Weltenriss und größere, gefährlichere Mengen an Rückständen, die weit mehr Schaden anzurichten vermochten, als Totholz Wurzeln wie Tentakeln schlagen zu lassen. Aber Yared wusste, dass er hier nur zu Gast war – genaugenommen nur noch zu Gast war, was ihn doch etwas traurig stimmte. Dies hier war nur soweit sein Kampf, wie man ihn einlud.
    Er versuchte sich zu öffnen für den göttlichen Willen, denn er wusste, dass sein Gott ihm den Weg zeigen würde, dass er immer da war, selbst wenn er schwieg. Diese Wärme in seinem Herzen und seinen Händen stärkte auf tröstliche Weise sein Gottvertrauen. Auch wenn das natürlich nicht vorrangig Sinn und Zweck des Ganzen war, genoss Yared diese Nebenwirkung.
    Yared spürte wie Innos‘ Kraft das Miasma zurückdrängte, einschloss und für einen kurzen Augenblick brodeln ließ, bevor es sich in Wohlgefallen auflöste. Ein Ruck, sanft wie ein Windhauch ging durch den Stamm, als die unnatürlichen Wurzeln zu Staub zerfielen. Tief ein- und wieder ausatmend schloss der Paladin seine Leitbahnen für die göttliche Kraft und löste seine Hände von dem gereinigten Stamm.
    Weitere Schweißperlen liefen sein Gesicht hinab. Es war auch ohne die bereits sommerlich warmen Strahlen der Sonne anstrengend Gottes Kraft ins Werk zu setzen.

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    Dr. Spirituum Naturalium  Avatar von Maris
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    Westflanke des Weißaugengebirges, Nachmittag des dritten Tages

    Sein Blick war auf den abgeschlagenen Kopf des untoten Goblins gerichtet, und seine Stirn legte sich in Falten.
    "Nicht schon wieder Untote..."
    Bei Kreaturen, die von Beliars Mächten verseucht waren, musste man mit diesem wiederkehrenden Thema wohl rechnen, aber nach dem Kampf gegen die stachelige Vettel und ihre schreckliche Brut hatte Maris den Kampf gegen untote Wesen wirklich langsam satt. Er löste den Blick und wandte sich zu den anderen um.
    "Bleibt dicht beieinander und behaltet eure Nebenleute im Auge. Ich will nicht, dass uns in dem Nebel jemand verloren geht."
    Larah hatte also bereits mit diesen Kreaturen zu tun gehabt. Das war gut, das konnte ihnen helfen. Immerhin wusste Larah, wie sie mit diesen Dingern umzugehen hatte, und war mit ihrer Waffe offensichtlich recht gut gegen diese Kreaturen aufgestellt.
    Maris sah in die Gesichter seiner Begleiter. Runa war angespannt, aber bemüht, es nicht zu zeigen. Seamus war ruhig und zu allem bereit. Frank machte seit dem Morgen schon den Eindruck, mit sich zu hadern, als hätte ihm der Verlust seines Bogens einen Teil seines Selbstbewusstseins gekostet. Sana klammerte sich geradezu an Hunds Fell fest und wirkte, als würde sie jeden Augenblick in den Wald davon stürmen.
    "Ruhig bleiben", brummte Maris. "Denk daran, wir sind nicht zum Kämpfen hier. Es sind Goblins, auch wenn sie untot sein mögen. Wenn wir beieinander bleiben, ist alles gut."
    "Ich will hier nicht sein", flüsterte sie. Ein Geräusch aus Richtung der nahen Berge, das beinahe völlig vom dichten Nebel geschluckt wurde, ließ sie erschrocken herumfahren. Dann senkte sie den Blick auf Hund hinab, und Maris wusste, dass er es nicht weiter mit gutem Zureden zu versuchen brauchte.
    "Na gut, so hat das keinen Sinn. Larah, Runa - wir gehen zu dritt noch ein Stück weiter, beobachten und setzen unsere Markierungen. Seamus, du bleibst mit Frank, Sana und Hund hier und hältst uns den Rücken frei."
    Er bedeutete ihm mit einer Geste, dass es ihm leid tat, ihn mit der Betreuung dieser beiden hier zurückzulassen. Seamus nahm es mit einem Schulterzucken hin.

    Zu dritt liefen sie in enger Formation weiter, Larah mit ihrer ausladenden Stangenwaffe voran und Maris mit seiner Tochter Seite an Seite direkt hinterher. Der Nebel wurde schnell dichter, sodass sie kaum noch etwas sehen konnten, das weiter als zwanzig Schritte entfernt war. Die Felswand zeichnete sich als undeutlicher Schatten vor ihnen ab.
    "Danke, dass du mich mitnimmst, Papa", flüsterte Runa, während sie vorsichtig weiter schritten. Doch Maris schüttelte den Kopf.
    "Kein Grund, mir zu danken. Ich brauche Zwei an meiner Seite, auf die ich mich verlassen kann. Frank und Sana sind das nicht, und Seamus brauche ich, um auf die beiden aufzupassen. Und jetzt Augen auf die Umgebung - wir wollen sehen, was los ist, aber nicht in einen Kampf geraten."
    Eine schnelle Bewegung ließ sie herumfahren. Maris meinte, etwas Rotes ausgemacht zu haben, doch der Nebel hatte es Augenblicklich wieder verschluckt.
    "Das war kein Goblin", sagte Maris und legte die Hand auf den Knauf seines Säbels. Runa tat es ihm gleich.
    "Bei wie vielen Strichen im Dreieck sind wir?"
    "Warte noch. Ich will erst sehen, wer hier zu wem gehört."
    Das Gurgeln eines Goblins ertönte irgendwo in der Trübnis vor ihnen, gefolgt von einem echsenhaften Fauchen. Ein Poltern ertönte, gefolgt von einem schmatzenden Laut. Das Gurgeln brach jäh ab. Und dann ertönte überall um sie herum das Geschrei der Snapper.
    "Mist. Wir sind zu spät."

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    Westflanke des Weißaugengebirges, Nachmittag des dritten Tages

    „Bleibt zusammen und haltet still!“
    In schneller Folge klickten Krallen über den felsigen Grund. Das Geräusch tauchte aus dem Nichts auf, zog an ihnen vorbei wie der Wind und verschwand wieder im Nichts. Ein weiteres Klicken ertönte, dann noch eines. Die Jäger aus dem Nebel stürmten zu beiden Seiten so nah an ihnen vorbei, dass sie ihre Körper spüren konnten. Runa schrie auf, als die Flanke eines der Tiere sie streifte.
    „Alles in Ordnung?“, fragte Maris und griff mit seiner freien Hand sicherheitshalber nach ihr, um sie bei sich zu wissen.
    „Was ist das, Papa?“
    „Unsere Konkurrenz“, entgegnete er knapp.
    Ein ganzes Rudel gar, so schnell und so tödlich, dass sie froh sein konnten, nicht ihr Ziel zu sein.
    „Sie haben es auf die Goblins abgesehen. Wenn wir ihnen nicht im Weg stehen, werden sie uns in Ruhe lassen.“
    Maris sah den Strom ihrer Lebenskraft. Wie ein Orkan fegte das Snapper-Rudel durch den Nebel und stürzte sich auf die Kreaturen Beliars. Zu ihrer Linken riss einer der Snapper einen Goblin mit einem mächtigen Satz zu Boden und verbiss sich in seinem Kopf. Zu ihrer Rechten umkreisten zwei andere einen weiteren Gegner, rissen und fetzten an ihm in erbarmungsloser Gier.
    Maris würde auf keinen Fall riskieren, diese geborenen Jäger gegen sich aufzubringen, nur um dem Waldvolk einen weiteren Sieg zu ermöglichen. Die Snapper würden sie binnen Sekunden zerfleischen, wenn sie den Konflikt suchten – da war er sich sicher.

    Je länger der Kampf um sie herum tobte, desto mehr lichtete sich der Nebel – ganz so, als würden die untoten Goblins ihn erzeugen. Um sie herum zeigten sich die Zeugnisse des Gemetzels, das die Snapper veranstaltet hatten. Doch noch war der Kampf nicht zu Ende.
    „Seht! Da oben!“
    Ein leises Rasseln war alles, was den Schatten in der Trübnis ankündigte. Die langen, messerscharfen Klauen hakten sich in die nackte Felswand. Zwei glühende Augen durchstießen den Nebel und hielten nur einen kurzen Moment inne. Ein Zischen schnitt durch die feuchtkalte Luft – eine Warnung, ihm nicht in die Quere zu kommen. Dann verschwand der Pirscher in dem dunklen Schlund, der sich vor ihnen im Fels auftat. Er war hier, um es zu beenden.
    „Wir können hier nichts mehr tun“, sagte Maris. „Lasst uns zu den anderen zurückgehen.“
    Er hoffte nur, dass Frank keinen Scheiß gebaut und einen der Snapper angegriffen hatte. Dann würden sie von ihren Gefährten wohl nichts als ihre Überreste finden.
    „Das Dreieck kannst du übrigens leer lassen, Schatz. Wenn die Champions des Sumpfes hier fertig sind, wird es hier keine Gefahr mehr geben, vor der wir warnen müssen.“

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    Abenteurer Avatar von Zarra
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    Basislager, 3. Tag, Nachmittag

    Das kleine Zelt war leer bis auf zwei Bettrollen, die ausgebreitet auf dem Boden lagen. Roan ließ Nerea los, nachdem sie sich einen sicheren Stand gesucht hatte, ehe er Zarra vorsichtig auf eine der Stätten legte. Sie ächzte, als ihre geschundenen Muskeln zur Ruhe kamen.
    „Braucht ihr noch etwas?“, fragte der Jäger besorgt.
    „Könntest du mir ein paar Kräuter von unserem Tisch holen? Rote Blüten, große Blätter, einige violette Beeren und etwas Wasser?“, bat die Kräuterfrau den hilfsbereiten jungen Mann.
    „Natürlich, bin gleich zurück.“
    Der drahtige Helfer eilte davon, um die gewünschten Gegenstände zu besorgen. Zum ersten Mal seit Zarras Rückkehr war sie mit ihrer Großmutter allein und sie merkte, wie der Blick ihrer Oma auf ihr ruhte. Es löste ein unbehagliches Gefühl in ihr aus, so als hätte sie etwas angestellt. Dabei war sie doch entführt worden! Wie konnte ihre Vorfahrin da so etwas wie Misstrauen empfinden? War ihre plumpe Ausrede mit dem Dachs aufgeflogen?
    Noch ehe eine der beiden Frauen die fette Hummel, welche offensichtlich den Raum zwischen ihnen füllte, ansprechen konnte, war der Jäger bereits zurück.
    „Hier, das dürfte alles sein“, übergab er die Kräuter und zwei Trinkschläuche an Nerea.
    „Ich danke dir, Roan. Grüß deine Frau von uns“, lächelte die Alte ihn dankbar an.
    „Wenn ich zu Wort komme“, lachte er und überließ die beiden wieder der Zweisamkeit, die in diesem Moment für Zarra sehr unangenehm war.
    Beinahe hätte sie Roan zurückgerufen, nur um etwas länger dem drohenden Gespräch zu entgehen.

    „Ich bin sehr froh, dass es dir gut geht, Liebes“, begann Nerea, und ihre Stimme unterstützte die Worte.
    Doch das Mädchen, welches von ihr aufgezogen war und all ihre kleinen Routinen, Macken und Gewohnheiten kannte wie kaum jemand sonst, erhaschte den leisen Unterton des Zweifels. Zweifel darüber, dass etwas an dem Umstand, dass ihre Enkelin aus der entgegengesetzten Richtung, wie sie fortgetragen worden war, zum Lager zurückkehrte, einen toten Dachs im Schlepptau und übersät mit Kratzern und Schnitten.
    „Und ich bin glücklich wieder in Sicherheit zu sein!“, nahm Zarra den vermeintlichen Köder an, „Es war so furchtbar, Oma! Die Harpyien haben mich hoch über den Sumpf getragen, ihre Krallen…“, sie stockte, als das Erlebte in ihr hochkam.
    „Shhh-Shhh-Shhh, Kleines. Ganz ruhig. Atme tief ein und vergiss diesen Albtraum für einen Moment“, versuchte die Kräuterfrau sie zu beruhigen, „Lass mich erstmal deine Wunden behandeln.“
    Die Weißhaarige schwieg, presste die Lippen aufeinander und schaute zu, wie ihre Oma ein großes Stück Stoff mit dem abgekochten Wasser aus einem der Wasserschläuche tränkte.
    „Kannst du dein Kleid ausziehen? Ich glaube, das können wir nicht mehr retten“, bat Nerea sie und grinste dabei etwas.
    Zarra folgte der Bitte und entledigte sich den Überresten des einst gräulichen Kleids, das nun, als sie es über ihren Kopf ziehen wollte, vollständig riss. Etwas verdattert schaute sie auf die Naht, welche nachgegeben hatte und zuckte schließlich mit den Schultern, was ihr einen stechenden Schmerz bescherte, der sie das Gesicht verziehen ließ.
    „Das Unterkleid auch, wenn es dir nichts ausmacht.“
    Auch die unterste Stofflage war völlig ruiniert, zerrissen, verschmutzt und aufgeweicht. Etwas panisch schaute das Mädchen zum Zelteingang, durch das jeder Zeit jemand hereinschauen könnte. Nerea sah ihren Blick und lächelte wissend. Sie richtete sich auf und verschloss das Zelt so gut es möglich war.

    „Was, wenn jemand hereinkommt?“, frage Zarra unsicher, während sie leicht zu zittern begann. Ohne das Kleid wurde ihr allmählich kalt.
    Auch der Verlust des Adrenalins tat sein Übriges.
    „Keine Sorge, niemand wird hereinkommen“, versicherte die Großmutter ihr beruhigend.
    Zögerlich streifte die Jugendliche auch noch das Unterkleid ab, was ihre Oma mit einem aufmunternden Nicken bejahte.
    „Ich fange jetzt an deine Wunden zu reinigen, halt bitte so still du kannst.“
    „Ist gut.“
    Die Kräuterfrau begann damit ihre Füße und Beine vom Schmutz mehrerer Tage im tiefen Sumpf zu befreien. Blasen hatte sie an der Ferse und am Knöchel, die aufgeplatzt waren und stark brannten, als der feuchte Stofflappen darüberfuhr.
    „Tut mir leid, aber das rohe Fleisch muss vom Schmutz befreit werden“, entschuldigte sich die Großmutter bei ihrer Enkelin.
    „Ich weiß“, stieß Zarra zwischen zwei Atemstößen hervor, mit denen sie den Schmerz wegzuatmen versuchte.
    Es war eine Tortur, doch das Mädchen biss die Zähne zusammen, um sie durchzustehen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie viele Verletzungen sie tatsächlich hatte. Ihr ganzer Körper war übersät von kleineren Kratzern, die sie sich beim Rennen durch Unterholz und Gestrüpp zugezogen hatte. Eine Kralle des Dachses hatte sie am Bauch getroffen, wobei die Wunde noch immer blutete. Nerea beobachtete das Gesicht ihrer Enkelin, während sie sie säuberte, doch Zarra sah es nicht, hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich darauf, nicht zu sehr zusammenzuzucken.
    Ihre Schultern waren in einem schlechten Zustand. Die Krallen der Harpyien hatten tiefe Löcher, nah an ihren Knochen geschlagen.
    „Das sieht nach einer Infektion aus“, murmelte Nerea, während sie die Einstichstellen säuberte.
    Die Verwundete windete sich mit unterdrückten Schmerzlauten, doch es half nichts. Ihr Atem ging flach und sie hatte das Gefühl Fieber zu entwickeln. Ihr war so heiß, trotz der kühlen Luft und fehlenden Stoffes, der sie wärmen konnte.
    „Das muss sich ein Heiler anschauen, ich kann vorerst nur etwas Brei aus den Heilpflanzenblättern darauf reiben“, entschied die Kräuterfrau und schob sich eines der Blätter in den Mund.
    Während sie kaute, sah sie sich auch das Ergebnis der Klauen an, die die eine Vogelfrau auf ihrer Wange hinterlassen hatte. Auch diese Schnitte waren tief, jedoch bisher verschont geblieben von Infektionen.
    Die frisch zerkauten Pflanzenteile wurden auf die Verletzungen aufgetragen, welche nicht nur oberflächlich waren. Es brannte, doch kühlte nach einer Weile und der Atem des Mädchens beruhigte sich etwas.
    „Jetzt ruh dich etwas aus, Liebes. Wenn du wieder zu Kräften gekommen bist, erzählst du mir, was wirklich passiert ist“, der Ton ihrer Großmutter schwankte von mütterlich zu bestimmt, „Ich will wissen, was mit dem Dachs geschehen ist und wieso du allein aus einer völlig anderen Richtung ins Lager zurückgekehrt bist.“
    „Ist gut“, flüsterte Zarra schwach und ergab sich ihrem Schicksal.

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    Irgendwo in den tiefen Sümpfen, irgendwann am 3. Tag - Chala, Valerion, Yarik

    Wenn du so weitermachst, hast du bald mehr Leute umgebracht als ich, alter Freund!“ Brandon stand hinter Yarik und beugte sich über ihn, spähte neugierig über seine Schulter, während Yarik in dem hoffnungslosen Versuch, vielleicht doch noch ein Leben zu retten, Liams reglosen Körper aus dem Morast zog. Sowie er den Waldläufer aber an den Schultern gepackt hatte, wusste er, dass es zu spät war. Trotzdem drehte er Liam auf den Rücken, wischte ihm den Schlamm aus dem Gesicht und sah ihm in die gebrochenen Augen.
    „Ich hab‘ ihn nicht umgebracht!“, knurrte Yarik ungehalten, aber Brandon lachte nur.
    Ach nein? Du hättest ein Auge auf Eileen haben müssen, immerhin lief sie genau… hmm, ich glaube, vor dir? Wenn sie nicht verschwunden wäre, dann wäre Liam jetzt auch noch am Leben. Du hast – mal wieder – deine Aufgabe nicht erfüllt.“ Er kam näher, so dass Yarik beinahe meinte, den Atem des Mörders an seinem Ohr zu spüren. „Weißt du, wer dort liegen sollte, die Fresse voller Dreck? Du, mein Freund! Ja, du, und niemand sonst!
    Yarik ließ den Kopf hängen. Er wünschte sich, er könnte Brandon zur Hölle schicken, aber der verfluchte Barde hatte recht. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, sein Leben gegen das von Liam und Eileen einzutauschen – er würde keine Sekunde zögern. Aber es war wie so oft…
    Er lebte.
    Alle anderen starben…
    Nein, nicht alle!, durchfuhr es ihn. Eileen – das, was Liam für Eileen gehalten hatte – war nur eine Täuschung gewesen. Eine Illusion! Das bedeutete, dass die echte Eileen noch irgendwo dort draußen sein musste. Vielleicht war sie noch am Leben, vielleicht war es noch nicht zu spät! Yarik hatte wenig Hoffnung, aber er würde sie nicht aufgeben, solange auch nur der Hauch einer Möglichkeit bestand, dass er Eileen noch finden konnte. Er sah Liam wieder in die Augen, die starr gen Himmel blickte.
    „Ich finde sie“, versprach er dem Toten, „Ich verspreche dir, ich finde sie… und wenn es das Letzte ist, was ich tue!“ Damit drückte er dem Waldläufer sacht die Augenlider zu und erhob sich, wandte sich wieder zu den anderen.
    Chala, Shakes und Valerion standen in einem Halbkreis um ihn herum und sahen ihn an. Yarik musterte sie, einen nach dem anderen. Wenn Eileen eine Illusion gewesen war, so wie die Valerions, von denen sie angegriffen worden waren, so wie Selana… Waren seine Gefährten überhaupt noch diejenigen, die sie vorgaben, zu sein? Oder waren auch sie bereits Doppelgänger? Wem konnte er noch vertrauen?
    „Wir sollten umkehren!“, beschwor ihn Chala. Natürlich. Yarik kniff die Augen zusammen. Sie war zwar eine verlässliche Kampfgefährtin gewesen, aber sie hatte nie mit dem Herzen dazugehört. Die Mission war niemals ihre Mission gewesen, sie hatte sich von fremden Mächten dazu verpflichtet gefühlt. Yarik nahm ihr das nicht übel, aber was, wenn die echte Chala längst beschlossen hatte, auf eigene Faust den Weg zurück zum Lager zu suchen und das, was hier vor ihm stand, auch nur ein Trugbild war?
    „Ich fürchte, sie hat recht“, brummte Shakes, „Ich weiß, Eileen… das ist scheiße… aber dieses Ding hat es jetzt auf uns abgesehen, und wir haben keine Chance dagegen! Ernsthaft! Das ist nicht nur eine Nummer zu groß für uns, sondern mindestens ein Dutzend! Hier braucht es jemanden, der Erfahrung mit Magie und diesem ganzen Scheiß hat… nichts für ungut.“
    Klar. Shakes, der Sumpfkrautbauer. Ein Schlitzohr, ein Farmer, ein Säufer. Er war kein schlechter Kerl – aber er war auch kein Kämpfer, Jäger, Waldläufer. Liam und Glaen waren das gewesen, und die waren tot. Ob durch Zufall, oder weil ihr Gegner – eine verdammte Pflanze! – strategisch vorging? Es spielte keine Rolle, jedenfalls hatte es die erfahrensten Mitglieder des Trupps zuerst ausgeschaltet. War Shakes wirklich dazu in der Lage gewesen, sich bis jetzt zusammenzureißen? Oder waren ihm die Anstrengung und der Entzug nicht schon längst zu viel geworden und er hatte sich irgendwann heimlich aus dem Staub gemacht, um von… etwas anderem ersetzt zu werden?
    „Echt mal“, knurrte Valerion, „Ich brauch mehr als nur ein Bier, ist mir egal, was der Hauptmann sagt! Soll der doch dieses verdammte Unkraut jagen gehen. Dazu ist er wahrscheinlich eh besser in der Lage als wir.“
    Valerion. Der einstige Bandit, der von Anfang an über den Sumpf geflucht und sich in einem Fort nur beschwert hatte. Sollte Yarik wirklich glauben, dass er bis zum jetzigen Zeitpunkt bei der Gruppe geblieben war? Dass er all die Strapazen und Gefahren auf sich genommen hatte, nicht weil ihm am Ende ein dicker Haufen Gold dafür winkte, sondern für… nun, einfach als Dienst an einer Gemeinschaft? Hätte es nicht viel eher zu ihm gepasst, wenn er bei der ersten sich bietenden Gelegenheit die Kurve gekratzt hätte? Zurück in die Gespaltene Jungfrau vielleicht, den Rest seiner Tage versaufen und verhuren?

    Yariks Körperhaltung spannte sich an, sein Griff um den Kampfstab wurde fester. Vielleicht war er längst umgeben von Feinden?
    Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht waren sie doch alle noch sie selbst, und sei es nur, weil sie hofften, in der Gruppe bessere Überlebenschancen zu haben. Er wusste es nicht, und er hatte auch keine Möglichkeit, es herauszufinden.
    Yarik holte tief Luft und zwang sich, wieder etwas zu entspannen. Dann schüttelte er den Kopf.
    „Nein. Ich werde Eileen suchen“, stellte er schließlich fest. „Ich… kann nicht erwarten, dass ihr mit mir kommt, aber ich werde sie suchen. Wenn ihr lieber zurück ins Lager gehen wollt, nehme ich euch das nicht übel. Es wäre sicherlich die klügere Entscheidung. Aber ich… Ich habe schon zu viele Menschen im Stich gelassen. Solange auch nur die kleinste Hoffnung besteht, dass ich Eileen noch lebend finden könnte, werde ich nicht umkehren.“
    „Und wie willst du sie finden?“, fragte Shakes, „Mann, sei vernünftig! Überlass das Ornlu oder Ryu oder einem dieser ganzen Aufschneider… Die haben Tricks auf Lager, von denen können wir nicht einmal träumen!“
    Yarik warf einen Blick zur Seite. Zu Lyzbeth. Seine Tochter stand dort zwischen einigen dürren Sträuchern und sah ihn unverwandt an. Er hatte sie bemerkt, kurz nachdem ihm klargeworden war, dass Eileen noch leben konnte. Sie wartete – wartete darauf, dass er ihr folgte…
    Er nickte ihr kurz zu und wandte sich wieder an Shakes. „Wo sie ist? Ich habe da… so eine Ahnung.“

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    Veteran Avatar von Chala Vered
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    Irgendwo in den tiefen Sümpfen, irgendwann am 3. Tag - Chala, Valerion, Yarik

    Yarik war nicht von seinem Vorhaben abzubringen gewesen, obwohl er von ihnen allen beschworen wurde, die unglückliche Suche aufzugeben. Es war schmerzhaft offensichtlich, dass den Mann etwas antrieb, was ihn sehr mitnahm. Chala dachte daran, was er ihr über die Geister erzählt hatte, die ihn stets begleiteten. Hatten sie etwas mit der Entschlossenheit zu tun, die er nun empfand – die sie alle zwang länger in diesem Nebel zu wandeln, der ihren sicheren Tod zu versprechen schien? Die Kriegerin war sich jedenfalls sicher, dass sie sich nicht bis zum letzten Atemzug den Torheiten des Stabkämpfers aussetzen würde. Sobald sie Anzeichen für ein Scheitern ihrer selbstauferlegten Mission wahrnahm, würde sie verschwinden, ob mit oder ohne ihre kurzfristigen Verbündeten. Was band sie schon an diese Leute, außer dem seltsamen Mal an ihrem Hals? Was schuldete sie ihnen oder dem Waldvolk? Was sollte schon passieren, wenn sie den seltsamen Ruf des Mal des Jägers ignorierte und das Sumpfland verließ? Vielleicht hätte sie von Anfang an dieser mysteriösen Anziehung Tooshoos widerstehen sollen, sich nicht verleiten lassen in etwas hineingezogen zu werden, was ihr keinen Vorteil verschaffte. Ja, sie brauchte Verbündete, nachdem sie allein auf dem Scheiterhaufen ihrer einstigen Errungenschaften, ihres damaligen Rufs, gethront hatte, wie eine Ratte über dem Müllberg einer Stadt. Doch ihr Leben in diesem Wasserloch aufs Spiel zu setzen war es nicht wert. Es hatte sich gezeigt, dass es sich als weniger einfach erweisen würde, jemanden zu finden, der sich mit ihrem geistigen Zustand auseinandersetzen konnte, als erwartet. Doch es gab noch so viele Orte, die sie aufsuchen konnte. Dass Tooshoo ihre erste Anlaufstelle gewesen war, hatte sie ihrer Vergangenheit zu verdanken. Doch was hatte ihr das letzte Drittel ihres Lebens schon gebracht, auf dass sie mit Stolz zurückblicken konnte? War es klug Menschen aus diesem Teil ihrer Erlebnisse aufzusuchen, gar um Rat zu fragen?

    In den trügerischen Schleiern des Nebels, der sie alle umhüllte, den Weg vor sich verbarg, bewegte sich Chala mit vorsichtigen Schritten vorwärts. Die Lederrüstung schmiegte sich an ihren Körper, als wäre sie eine zweite Haut. Ein feuchter Schimmer hatte sich darauf gebildet und ihr Schweiß diente als eine Verbindung zum weichen Material. Ihr Kapuzenumhang wog schwerer als sonst, vollgesogen mit der Feuchtigkeit des Nebels. Ihre Augen, normalerweise so scharf und durchdringend, waren trübe vor Unsicherheit, denn der Nebel spielte mit ihrer Wahrnehmung. War es überhaupt Yarik, dem sie alle gerade tiefer in den wabernden Dunst folgten. War es überhaupt tiefer, wo ihr Pfad sie hinführte? Der Magiebegabte hatte von einer Ahnung gesprochen, einer Ahnung, wo sie Eileen finden konnten. Doch woher sollte diese Vermutung plötzlich kommen? Wenn die Geister, die ihn heimsuchten der Ursprung waren, wusste die Aranisaani nicht, ob es klug war ihn nicht weiterhin von seinem selbstgewählten Kreuzgang abzuhalten.
    Ihr Griff um das Heft von Wildkatze wurde fester. Sie spürte das raue Leder des Griffs und hoffte, dass sie schnell genug wäre, wenn sie in einen Hinterhalt gerieten. Was, wenn sich Yarik plötzlich auf sie stürzte? Was, wenn er sich ebenfalls als solch eine grotesken Blume herausstellte, wie das letzte Trugbild Eileens, welches Liam in sein Grab geführt hatte? Könnte sie ihm die Klinge in den Körper rammen, selbst wenn die Illusion nicht zu erkennen war?
    Ja, das könnte ich, dachte sie und presste ihre Lippen grimmig aufeinander.

    Chala schritt weiter durch den Nebel, der sich wie ein kalter Schleier um sie legte. Ihre Gedanken kreisten weiter um Yarik und die Geister, die ihn verfolgten, doch in ihrem Innern regte sich etwas. Es war, als ob der Nebel nicht nur ihre Sicht, sondern auch die Grenzen ihrer Seele verwischte.
    Plötzlich, wie aus dem Nichts, schien der Dunst nicht nur um sie herum zu existieren, sondern er brach aus ihr heraus. Aus jeder Pore ihres Körpers, aus Nase, Ohren, Mund und Augen waberte der Nebel hervor. Die wolkenartigen Gebilde sammelten sich vor ihr, zwangen sie innezuhalten. Die Stimmen ihrer Gefährten wurden laut, doch sie verstand die Worte nicht, war völlig vereinnahmt, von dem, was mit ihr geschah. Sie keuchte, ließ beinahe Wildkatze in den Schlamm fallen.
    Eine Gestalt formte sich aus dem Dampf, der ihrem Körper entwich, bildete krauses Haar unter einer Kapuze. Ein längliches Gesicht mit tiefgründigen Augen, in denen ein selbstsicheres Feuer loderte. Einer charakterstarken Nase, die Arroganz verkündete und volle Lippen, um die ein überhebliches Lächeln spielte. Einen schlanken Hals, verdeckt von einem blauen Schal, der in eine dunkle Lederrüstung überging, welche sich an einen weiblichen Körper schmiegte. Ein Schwert wartete in seiner Scheide auf dem Rücken der Gestalt, während mehrere Messer an der Hüfte auf ihren Einsatz warteten.
    Die Nebelgestalt, welche immer mehr Festigkeit zu gewinnen schien, war überzogen mit einem Glanz von Selbstverliebtheit. Die Haltung strahlte Macht und Überlegenheit aus.
    „Du bist die Stärkste, Chala“, flüsterte das Wesen mit einer Stimme, die ihr nur allzu bekannt vorkam, „Du brauchst niemanden außer dir selbst. Du bist dein eigener Meister!“
    Die Worte, welche so sehr nach den ihren klangen, strotzten vor Überzeugung.

    „Was…“
    Die Aranisaani war sprachlos, starrte nur auf das, was sie vor sich sah, auf sich selbst.
    „Los, weiter Chala, sonst verlieren wir Yarik!“, raunte Shakes hinter ihr.
    Er riss sie aus ihrer Trance und mit dem nächsten Blinzeln war die Nebelkopie verschwunden.
    „Ich…du hast recht“, murmelte die Kriegerin und beeilte sich, den schemenhaften Resten Yariks hinterherzukommen.
    Aufregung wühlte ihr Innerstes auf. Was war das? Sie selbst? Ja, es wirkte wie sie, doch eher so, wie sie vor einigen Jahren noch gehandelt, sich gegeben hatte. Etwas in ihr regte sich, der Wunsch, diesem Ebenbild gerecht zu werden. Sie war die Stärke, sie war ihre eigene Meisterin. Keinem Joe Black musste sie sich unterordnen. Es war sie, die ihn benutzt hat, um zu erreichen, was sie als ihr hehres Ziel erwählt hatte. Wieso gab sie sich hier, in diesem stinkenden Sumpf mit Leuten ab, die ihr nicht geben konnten, was sie begehrte? Selbst mit Ryu Hayabusa, Hauptmann der Wächter des Weltenbaums, war nur ein Wegpunkt auf ihrer Reise gewesen. Ihr Charme war damals der Grund gewesen, dass sie eine gute und treue Waffe erhalten hatte, für die sie nichts weiter hatte tun müssen, als mit seinen Gefühlen und Gelüsten zu spielen. Sich seine Instinkte zunutze zu machen. Und wie einfach es gewesen war! Er war ihr völlig ergeben gewesen. Doch jetzt? Nach all den Jahren hatte sie wohl ihren Charme eingebüßt, hatte nicht mehr denselben Effekt auf den wilden Mann gehabt, den sie einst zu zähmen geschafft hatte. Das durfte nicht so bleiben. Sie musste ihre stärkste Waffe schärfen.
    Chala blickte sich um, suchte eine gute Möglichkeit ihren eigenen Weg aus diesem Nebel zu finden, doch der Anblick ihres Spiegelbildes ließ sie zusammenzucken. Dort vorn war sie, den Kopf stolz erhoben schritt sie durch den matschigen Untergrund, ließ sich nicht beirren und erweckte den Anschein, dass nichts sie würde erschüttern können. So sollte es sein.

    Ein plötzlicher Ruck ging durch ihren Körper. Wieder strömte Nebel aus ihr heraus, wieder formte sich ein Körper, der ihrem so ähnlich war.
    Keine Kapuze verbarg das krause Haar, welches zu wellenförmigen Locken gebändigt worden war und ihr sanft über eine Schulter fiel. Das längliche Gesicht war zu einer mitleidigen Miene geformt und ein sanftes Glimmen erhellte die Nebelgestalt. Tränen glitzerten in den Augen, die nicht aus Kummer, sondern aus tiefem Verständnis für die Leiden anderer zu stammen schienen, die Leiden ihrer Gefährten. Da war Yarik, den die Geister seiner Vergangenheit heimsuchten. Shakes, der einst fähige und angesehene Mann, dessen Ruf und einstiges Leben dem Alkohol zum Opfer gefallen war. Und Valerion, dessen Liebschaft sich als groteske Leiche herausgestellt hatte, der der Nebel ein Antlitz verliehen hatte, welches sein Herz berührte. Die Hände dieser Chala waren offen und einladend, bereit, den Schmerz zu teilen und zu lindern.
    „Es gibt Kraft im Mitgefühl, Chala“, flüsterte sie, „Deine Verbundenheit mit anderen ist deine wahre Stärke:“
    Ihre Worte waren eine warme Umarmung, die den kalten Griff des Nebels für einen Moment lockerte. Sie erkannte die Wichtigkeit ihrer Aufgabe. Eileen durfte nicht dem Sumpf und dieser Pflanze überlassen werden. Sie musste sich an Yarik halten und ihm helfen, zumindest eine Person zu retten, für die es noch Hoffnung gab. Die empathische Chala hielt sich dicht an der echten, als wollte sie mit ihrer Nähe Trost spenden und Kraft schenken. Kraft, um weiterzumachen, den eigenen Leiden zu trotzen und Schmerz zu lindern.
    Die Entschlossenheit ihren eigenen Weg einzuschlagen, geriet ins Wanken. Sie dachte an Joe, und daran wie sehr er ihr geholfen hatte. Wie viel sie von ihm gelernt und geschenkt bekommen hatte. Unweigerlich fanden ihre Gedanken auch zu Ryu, der ihr aus Dankbarkeit und – Liebe? – etwas geschenkt hatte, das nicht nur bloßer Stahl, sondern eine Begleiterin fürs Leben geworden war. Wenn sie ihn wiedersah, würde sie ihm sagen, was sie fühlte, ihn wissen lassen, dass sie wahrlich bereute, ihn all die Jahre nicht aufgesucht zu haben.

    Doch noch ehe sie einen Plan ausarbeiten konnte, wie genau sie ihren Verfehlungen der Vergangenheit gegenübertreten, sie eingestehen und wiedergutmachen konnte, geschah es erneut. Sie hustete unwillkürlich, als dichter Nebel aus ihrem Mund trat, gen Boden sank und eine dritte Gestalt sich zu formen begann. Kleiner und unschuldiger als die vorangegangenen Versionen ihrer selbst. Sie blickte in ein junges Gesicht, eines, an welche sie keine Erinnerungen hegte. Sie erkannte sich selbst an den dunklen Locken, den großen, unschuldigen Augen und zu einem Kreis geformten Lippen.
    Mit einem Kichern materialisierte sich die kindliche Chala, die die Welt um sich herum mit großen, staunenden Augen betrachtete. Ihre Bewegungen waren leicht und unbeschwert, als ob sie durch ein Feld voller Blumen statt durch einen gefährlichen Sumpf schritt.
    „Die Welt ist voller Wunder, Chala“, lachte sie und hüpfte über einen Wasserlauf, als würde sie ein altes Kinderspiel spielen, „Lass den Nebel deine Neugier nicht trüben.“
    Sie drehte sich im Kreis, und der Nebel um sie herum schien in einem Tanz der Unschuld zu wirbeln. Kurz war sie selbst versucht alles andere zu vergessen, dem Mädchen zur Seite zu eilen und mit ihr durch die Schwaden und den Matsch zu tollen. Schmerzlich bemerkte sie, wie ihr jegliche Erinnerungen an ihre Kindheit fehlten. Erinnerungen, die sie vielleicht zu einem anderen Menschen hätten werden lassen, einem, der nicht kalt, berechnend und abweisend war. Trauer überkam sie, als sie ihrem jüngeren Ich dabei zusah, wie es unbeschwert den Strapazen des Sumpfes trotzte, aus Erschwernissen Leichtigkeit machte und aus Problemen Echos der Vergangenheit. Warum sollte sie nicht all das hinter sich lassen, ihre Kindheit, die sie nie hatte, nachholen dürfen? Doch ihre Schritte blieben fest, den Blick zwang sie auf den Rücken Yariks zurück, der sie führte.

    „Sei anders, sei du selbst, Chala“, rief ihre eigene Stimme nach ihr, die einen festen, bestimmten Ton anschlug.
    Die Aranisaani wandte sich um und stellte fest, dass sich ein weiteres Abbild hinter ihr gebildet hatte. Es verbarg den Blick auf Shakes, der hinter ihr lief.
    „Was ist?“, fragte er, doch sie ignorierte ihn, zu fokussiert auf das, was der Nebel ihr zeigte.
    Die Schritte der vierten Gestalt waren nahezu tänzerisch, als wäre sie erhaben über all dem Matsch, der ihre feinen Schuhe besudeln konnte. Sie trug ein Kleid, grün wie Moos. Es hatte einen freien Rückenausschnitt und ein welliges Muster am Saum, der um die Oberschenkel der Dunkelhäutigen spielte. Ein tiefer Ausschnitt zeugte von Selbstbewusstsein und dem Wissen, wie man die eigenen weiblichen Reize anwenden konnte. Es war jenes Kleid, welches sie vor all den Jahren aus dem Wagen der Händler gestohlen hatte, als sie mit Joe gen Setarrif gewandert war. Ihr Haar war zu einer adretten Frisur geformt, die ihr ein nahezu adliges Aussehen verlieh.
    „Die Normen der Welt sind nicht deine Ketten“, hauchte die Erscheinung und ihr Lachen hallte seltsam verzerrt durch den Sumpf.
    Sie wirbelte herum, und der Nebel folgte ihren Bewegungen, als wäre er von ihrer Einzigartigkeit fasziniert. Das wehende Kleid um sich herum suchte sie sich einen Pfad, den kein anderer vor ihr begangen hatte und hielt sich doch stets im Sichtfeld der Kriegerin.
    Chalas Wunsch so zu sein wuchs mit jeder Sekunde. Was sollte sie sich an Normen und Verpflichtungen binden, wenn sie frei von all dem sein konnte? Sie würde sich in sozialen Kreisen bewegen können, die sie selbst auswählte und die Menschen würde es freuen, sich an ihrer Anwesenheit beglücken zu können. Tanz und Musik waren ihre Leidenschaften und ein guter Schluck Wein rundete jeden perfekten Abend ihres weiteren Lebens ab. Doch war sie das wirklich? Konnte sie das sein, was ihr der Nebel zeigte?

    Eine Hand legte sich auf die Schulter der Aranisaani, doch sie zuckte nicht zusammen. Sie spürte, dass eine weitere Gestalt aufgetaucht war, eine, die ihr ebenso ähnlich sah, wie die anderen vier. Eine Aura der Ruhe und Überlegung umspülte sie, entsprungen aus der Anwesenheit des fünften Nebeldoppels, welchem sie nun in die wachsamen, klugen Augen blickte. Jeder Schritt war wohl überlegt und bemessen, die Umgebung wurde sorgfältig betrachtet und analysiert, sodass nichts dem Zufall überlassen werden konnte.
    „Plane weise, Chala“, sagte sie mit einer Stimme, die vor Bedachtsamkeit vibrierte, „Deine Sorgfalt wird dich durch den Nebel führen.“
    Für einen Moment schien der Nebel sich für sie zu teilen, einen Pfad zu offenbaren, der bisher im Verborgenen gelegen hatte.
    „Dort vorn! Ich sehe alte Mauern, eine Ruine!“, rief Chala und deutete in die Richtung, die ihr von der fünften Gestalt gezeigt worden war.
    Auch diese Version ihrer selbst nahm etwas Abstand, ließ die Hand von ihrer Schulter gleiten, doch nicht ohne ein Gefühl der Sicherheit zu hinterlassen. Sie waren nicht mehr nur vier zufällig zusammengeworfene Gefährten in einem Jagdkommando, dass es längst nicht mehr gab. Jetzt gab es fünf Chalas, geboren aus dem Nebel, die ihnen Beistand leisten konnten. Die Kriegerin spürte ihre Überlebenschancen steigen, völlig außer Acht lassend, dass es der Nebel war, den sie fürchten sollte.
    Geändert von Chala Vered (30.04.2024 um 10:44 Uhr)

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    Kämpfer Avatar von Yarik
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    Lyzbeth führte, und Yarik folgte ihr.
    Die anderen begleiteten ihn noch immer, was ihn überraschte, aber auch misstrauisch machte – würden seine Gefährten, seine echten Gefährten, sich tatsächlich auf eine solche Aktion einlassen? Ihm war sehr wohl bewusst, dass das, was er tat, selbstmörderisch sein konnte. Er wusste es, und er war bereit, seinen Tod in Kauf zu nehmen, um zu versuchen, Eileen zu retten. Aber die anderen? Warum waren sie nicht umgekehrt, wie er ihnen geraten hatte?
    Immer wieder warf Yarik einen Blick über die Schulter und sorgte dafür, dass er ein paar Schritte Vorsprung hatte – so viel, wie der Nebel zuließ, ohne dass sie sich aus den Augen verloren. Chala schien hin und wieder von irgendetwas abgelenkt zu sein, ohne dass Yarik sagen konnte, wovon. Im Nebel rührte sich nichts, als hätte sich ihr dämonischer Gegner fürs erste wieder darauf verlegt, sie zu beobachten, zu belauern und sich an ihrer Angst und ihrem Misstrauen zu laben.
    Oder es führte sie in eine Falle…
    Yarik sah zu Lyzbeth. Ihre Gestalt wirkte beinahe physisch und er musste dem Drang widerstehen, seine Hand auszustrecken und zu versuchen, seine Tochter zu berühren.
    …aber was, wenn sie überhaupt nicht seine Tochter war?
    Unwillkürlich verlangsamte er seine Schritte, woraufhin auch Lysbeth stehenblieb und sich zu ihm umwandte. Yarik verzog schmerzlich das Gesicht, als er dadurch der klaffenden Wunde in ihrem Hals gewahr wurde, wo der Bandit ihr die Kehle aufgeschnitten hatte, beinahe von einem Ohr zum anderen. Dennoch, er musste sicher gehen.
    Lyz… bist du es wirklich?“, fragte er sie in Gedanken. Lyzbeth sah ihn an. Blut sickerte zähflüssig aus ihrem zerfetzten Hals und besudelte ihr Kleid. Yarik blieb stehen und hob seinen Kampfstab – es kostete ihn alle Willenskraft, die er aufbringen konnte, aber wenn das dort vorn, das, was sie führte, nun nicht seine Tochter war…
    Bist du es wirklich?“, fragte er noch einmal, drängender. Lyzbeth legte den Kopf schief, eine Bewegung, die sie wirken ließ wie eine Puppe.
    Ja…
    Ihre Antwort war kaum mehr als ein zögerlicher Hauch irgendwo im hintersten Winkel seines Bewusstseins. Ihre Stimme klang verzerrt und unsicher. Aber sie hatte geantwortet, und das war der Beweis, den Yarik hatte haben wollen. Er atmete erleichtert aus, ließ seine Waffe sinken und beschleunigte seine Schritte wieder. Lyzbeth sah ihn nur aus glasigen Augen an, bevor sie sich geradezu mechanisch umdrehte und ihren Weg fortsetzte.
    Weiter, immer weiter in den Nebel…

    „Dort vorn! Ich sehe alte Mauern! Eine Ruine!“, rief Chala irgendwann. Sie hatte recht. Yarik war so auf Lyzbeth fokussiert gewesen, dass er die schwarzen, von Moos und Flechten überwucherten Mauerreste gar nicht bemerkt hatte. Der Geist blieb stehen und wurde plötzlich vom Nebel verschluckt, verschwand einfach.
    Yarik atmete tief durch. „Wir sind da!“
    „Ich weiß nicht so recht, ob das eine gute Nachricht ist…“, murrte Shakes und sah sich nervös um, „Es wird dunkel!“
    „Zündet die Fackeln an“, riet Yarik und beschwor seinerseits eine Lichtkugel, da sein Kampfstab beide Hände erforderte, um ihn zu führen. Er beobachtete seine Gefährten genau, während sie mit ihrem Feuerstahl hantierten, um die Fackeln zu entzünden. Das Feuer war schließlich auch eine Waffe gegen die Höllenpflanze, wenn sie also selbst nur Teile dieser Pflanze wären, würden sie vielleicht zögern…
    Aber das taten sie nicht, keiner von ihnen. Es dauerte nicht lange, bis Chala, Valerion und Shakes jeder eine hell lodernde Fackel in der Hand hielten, was Yariks Misstrauen ein wenig dämpfte. Er nickte ihnen zu, und die kleine Gruppe betrat vorsichtig das Ruinenfeld.

    Die Ruinen lagen auf einer kleinen Erhebung, so dass sie zumindest den Schlamm und Morast des Sumpfes hinter sich ließen – eine kleine Erleichterung, die sie alle insgeheim zu schätzen wussten. Dennoch war das Vorankommen nicht unbedingt einfacher. Dichtes Gestrüpp und Unterholz versperrten den Weg. Die Vegetation sah verkümmert und kränklich aus, die Äste der Büsche waren seltsam krumm gewachsen und verknoteten sich ineinander, auf den verschrumpelten Blättern zeigten sich schwarze Äderchen und Tupfen, als wären die Pflanzen allesamt von einer Krankheit oder einem Pilz befallen. Hin und wieder strich Yarik mit den Fingerspitzen über eines der Gewächse, und jedes Mal durchfuhr ihn dabei unwillkürlich ein Gefühl der Abscheu, dessen Ursache er nicht wirklich einzuordnen wusste.

    Die Ruinen selbst waren nicht weniger sonderbar. Als sie vor etwas standen, was vielleicht die Überreste eines Torbogens sein mochten, wischte Yarik das darauf wuchernde Moos und herunter und runzelte die Stirn angesichts des Anblicks, der sich ihm bot: Der Stein selbst war pechschwarz und spiegelglatt. Obsidian vielleicht? Auf der Oberfläche waren Schriftzeichen eingemeißelt – oder zumindest vermutete er, dass es sich um Schriftzeichen handelte, denn einordnen konnte die Symbole keiner von ihnen. Was die Ruinen wohl einst gewesen sein mochten? Und warum hatte die Höllenpflanze beschlossen, sich ausgerechnet hier niederzulassen?

    Sie folgten weiter dem gewundenen Pfad zwischen den schwarzen Mauerresten und dem dornigen Gestrüpp hindurch, weiter den Hügel hinauf. Der Nebel hatte wieder an Dichte zugenommen und man konnte kaum weiter als zwei oder drei Schritte sehen, zumal dass Licht ihrer Fackeln von dem in der Luft hängenden Wasser auf seltsame Art verteilt wurde und verzerrte Schatten zum Leben erweckte.
    Etwas knirschte unter Yariks Fuß, und als er hinuntersah, bemerkte er, dass er einen menschlichen Schädel zertreten hatte. Die Toten waren nach wie vor ihre stetigen Begleiter. Sie lagen im Unterholz und zwischen den Mauerresten, ihre starren Augen immer auf die ungebetenen Besucher gerichtet, aber bei ihnen handelte es sich um vergleichsweise frische Leichen, und Yarik bezweifelte mittlerweile, dass sie überhaupt real waren. Die Knochen hingegen waren neu. Mit etwas genauerem Hinsehen entdeckte er mehr von ihnen – morsche Skelette, die von einem grünen Film von Algen und Moos bedeckt waren und schon bei einer bloßen Berührung zerbröselten. Diese Toten lagen schon seit Jahrzehnten hier…

    „Was ist das?“, fragte Shakes leise und deutete auf einen Schemen, der sich undeutlich im Nebel vor ihnen abzeichnete. Wie eine riesige Klaue mit dürren, skelettierten Fingern, die gen Himmel ragte und behäbig im Wind wogte, obwohl die Luft vollkommen still war.
    Yarik festigte seinen Griff um den Kampfstab. „Ich glaube, wir sind am Ziel…“
    Als sie sich vorsichtig näherten, schälte sich der Umriss eines Baumes aus dem Nebel. Ein massiver, alter, knorriger Baum, der schon lange tot sein musste – sein Holz war vollkommen weiß, die Rinde längst abgeblättert, und so glich er den Skeletten, die zu dutzenden oder gar hunderten um ihn herum lagen.
    Aber der Baum war nicht das Problem – sondern das, was an ihm hing: Dicke, fleischige Ranken, die sich wie Tentakel um das tote Holz wanden; krank aussehende rote Blütenkelche wuchsen daran, die nach Aas und Verwesung stanken, und scharfe Dornen warteten nur darauf, einem unvorsichtigen Opfer das Fleisch von den Knochen zu reißen. Es waren diese Ranken, die sich aus eigener Kraft bewegten und den Anschein erweckten, sich im Wind zu wiegen, wo kein Wind wehte.
    Und zu Füßen des Baumes, drapiert wie makabre Willkommensgeschenke, lagen die Körper von Glaen und Liam. Ihre weit aufgerissenen Augen starrten voller Entsetzen ins Nichts, als könnten sie noch immer nicht fassen, dass sie tot waren.
    „Scheiße!“, stieß Shakes aus, „Dieses Drecksding!“ Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse der Wut und der Abscheu. „Worauf warten wir noch? Fackeln wir es ab!“
    Er machte einen Schritt nach vorn, und es war im letzten Augenblick, dass Yarik die Bewegung im Nebel bemerkte, Shakes an der Schulter packte und ihn zurückriss, ehe eine dornenbewehrte Ranke wie eine Peitsche durch die Luft pfiff, wo ist eben noch der Kopf des Sumpfkrautbauern befunden hatte.
    Im Nebel um sie herum begannen die Schatten, sich zu regen…

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    Ritter Avatar von melford
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    Nördliche Tempelruine, 3. Tag, Nachmittag - Melford und Yared

    Der Wald war noch viel unheimlicher und gefährlicher als sonst, das wurde Melford jetzt erst richtig bewusst, als er sich mit Yared tiefer hinein und in Richtung Norden gewagt hatte. Nur selten nahm er an Jagden und Patrouillen teil, hatte er doch oft alle Hände voll zu tun mit der Instandhaltung Tooshoos. Dennoch war ihm das Gebiet um den großen Baum nicht unbekannt. Doch das was er hier wahrnahm war eine seltsame Mischung aus Vertrautem und sonderbar Verändertem. Die meisten Fixpunkte erkannte er wieder und konnte seinen Kameraden somit ziemlich sicher und zielstrebig durch den Wald führen. Doch hier und da erblickte er äußerst ungewöhnliche Pflanzen, teils stark mutierte Bäume, oder kam sogar an Orte an denen sich die Flora komplett neu angeordnet zu haben schien. „Bäumchen wechsel dich“ bekam dadurch gleich eine sehr wortwörtliche Bedeutung. Auch die Tiere verhielten sich wirklich sonderbar und es kam ihm fast so vor, als ob man die Beiden beobachtete. Nicht mal kurz beim vorbei huschen, sondern gezielt und ausdauernd. So als ob die Waldbewohner genau wussten, was es mit der wilden Jagd auf sich hatte und sie unbedingt wissen mussten, welche Seite hier als Sieger hervor ging.
    Dabei erinnerte sich der Handwerker unweigerlich an seine Zeit in Silden. Wenn damals ein heftiger Streit im Dorf ausgebrochen war, dann hatten die Waschweiber und alten Leutchen das Geschehen auch unverfrorenen vom Fenster, oder sogar von den Bänken vor ihren Hütten aus verfolgt! Nur mit dem Unterschied, dass es hier einen deutliche makaberen Unterton hatte.

    „Hmm!“,stellte Melford entschieden fest und verlangsamte seine Schritte während er sich noch einmal genauer umsah. Sie hatten ein gutes Stück zurückgelegt und das Gebiet zu einem weiten Teil abgesucht, doch von dem Hirsch-Troll-Dingens war bisher keine Spur zu finden gewesen. Beobachtet wurden sie aber hingegen noch immer, nur half das ihnen bei ihrem Problem recht wenig. Oder doch?
    „Ich hatte ja angenommen, dass wir so ein großes Biest weder übersehen, noch überhören können, doch anscheinend habe ich mich da geirrt.“, entschuldigte sich der Baumeister wegen seiner dürften Jagdfähigkeiten wegen und blieb endgültig stehen.
    „Aber ich habe tatsächlich eine Idee, die uns bei der Suche weiter helfen könnte! Ich muss zugeben, dass ich keine so eindrucksvolle Magie wirken kann, wie du, aber ich habe da einen Zauber, der uns nützlich werden dürfte. Vielleicht wäre es dafür aber ganz gut, wenn du etwas Abstand nimmst.“

    Mit diesen Worten nahmen die beiden etwas Abstand voneinander. So ominös, wie Melfords Worte auch klingen mochten, es ging ihm hier weniger um Sicherheitsabstand, als mehr um die Verbesserung seiner Chancen überhaupt etwas zu erreichen. Denn obwohl beide die letzte Zeit mehr als ausreichend im Schlamm und Dreck verbracht hatten, so war sich der Druidenlehrling nicht sicher, ob die Tiere des Waldes Yareds Geruch nicht doch als störend empfinden würden. So wirklich heimisch war sein guter Freund dann doch nicht mehr im Wald. Und das war wohl ein Umstand, den die sensiblen Bewohner sicherlich stärker wahrnahmen als er selbst.

    Melford setzte sich schließlich bequem auf den Boden und atmete einige Male tief durch um sich etwas mehr auf die Magie zu konzentrieren. Dabei behielt er auch seine Umgebung im Auge und versuchte zu hören und zu sehen, von wo aus die zwei beobachtet wurden. Nach einer Weile ließ er seine Hände zu einem seiner Taschen gleiten, öffnete diese und holte etwas Proviant heraus. Dieses legte er dann auf seine offene Handfläche und wartete bis etwas anbiss.
    All zu lange musste er dann zum Glück nicht mehr warten, denn ein Fuchs stahl sich aus einem Gebüsch und näherte sich vorsichtig Melford und dem verlockendem Essen. Mit einem Lächeln besah dieser das Tier und versuchte vorsichtig eine magische Verbindung aufzubauen. Dabei versuchte er dem Rotpelz das Gefühl zu übermitteln, dass er durchaus das Futter haben konnte. Der Fuchs schaute dann etwas verwirrt und mit schief gelegten Kopf zum Handwerker hinüber bevor er dann doch sehr neugierig und interessiert näher kam. Er ließ das Tier gewähren und streckte langsam seinen Arm weiter aus, um es einen Happen anzubieten. Schnapp! Da hatte der Fuchs sich auch schon einen Bissen geschnappt, doch Melford hatte nicht losgelassen, so dass er noch ein gutes Stück in den Fingern hielt.
    Der Druidenlehrling nahm nun all sein magisches Können zusammen, um den Fuchs wissen zu lassen, dass er etwas suchte. Groß wie ein Troll, Züge eines Hirsches und übel riechend. Das waren die Informationen, die er zu beginn der Jagd aufgeschnappt hatte und nun an das hungrige Tier weiter gab. Teils in Form von Bildern und soweit möglich in Gefühlen, aber auch in Worten, Mimik und Gestik. Die Bewohner des Waldes waren schlauer als viele Städter es ihnen zutrauten und auch wenn sie die Menschensprache natürlich nicht direkt beherrschten, so half es doch deutlich bei der rudimentären Kommunikation.
    Zu Melfords Verwunderung, schaute auch der Fuchs ihn sehr verwundert an. Aber es war hierbei kein verwirrtes verwundert, sondern mehr ein erstauntes. Erstaunt darüber, dass Melford etwas suchte, was der Fuchs wohl vor einiger Zeit gesehen hatte. Den letzten Happen herunter schluckend, bewegte sich das Tier dann in eine ganz bestimmte Richtung, blieb stehen, lief noch einmal ein paar Schritte und hielt dann wieder inne bevor es sich zu Melford umdrehte. Dieser versuchte sich auf den Wegzeig einzulassen und wurde durch einen Geistesblitz mit dem Hinweis zu einer alten Tempelruine belohnt. Der Baumeister erinnerte sich, diese bei einem Streifzug einmal besucht zu haben und wie sich herausstellte, teilte er das Wissen um diesen Ort mit dem Rotpelz.
    „Vielen Dank!“, sprach Melford abschließend zum Fuchs und öffnete seine Hand, um ihm die versprochene Belohnung zuteil werden zu lassen.

    „Ich glaube ich weiß jetzt wo wir hin müssen!“, meinte er dann wieder zu Yared gewandt, der das Schauspiel geduldig beobachtet hatte. „Wenn wir noch ein Stück weiter in diese Richtung laufen...“, dabei zeigte er in dieselbe Richtung, die ihm vom Fuchs offenbart wurde. „...dann sollten wir an eine Tempelruine kommen. Dort bin ich schon mal gewesen und mit etwas Glück, sollten wir den Hirsch-Troll dort antreffen. Lass uns also lieber keine Zeit verlieren. Nicht das es sich einen anderen Platz sucht!“, meinte er frohen Mutes und mit neuer Hoffnung die Jagd doch noch erfolgreich beenden zu können.

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    Fischjägerin  Avatar von Larah
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    Erlenwäldchen an der Westflanke des Weißaugengebirges, östliche Bruchwälder

    Dritter Tag der Wilden Jagd, Nachmittag

    Larahs Gedanken waren noch immer etwas gefangen vom Anblick des riesigen grünen Insekts mit seinen gelblich glühenden Facettenaugen und den moosbewachsenen riesigen Fangbeinen.
    Sie zogen sich zwischen den Bäumen zurück, überließen dem Snapperrudel mit den rötlichen Schnauzen das Feld. Die zweibeinigen Laufechsen schossen noch immer zwischen den zermalmten Leibern der untoten Goblins hin- und her, als wollten sie kontrollieren, dass keiner der halbverwesten Kerlchen sich wieder erhob.
    Glücklicherweise schenkten sie ihnen keine Beachtung. Die Fischjägerin versuchte dem auch entgegenzuwirken, indem sie ihre Waffe bei sich und das spitze Ende in den Himmel gereckt hielt. Trotzdem beherrschte innere Anspannung ihren Körper, der jederzeit bereit war, die Waffe herunter zu reißen und sie jedem in den Weg zu halten, der sich an Larah vorbei und auf die vor ihr laufende Runa oder den neben ihr laufenden Maris stürzen wollte.
    Die drei hatten den sich lichtenden Nebel beinahe vollständig hinter sich gelassen, als eine unsichtbare Welle sie erfasste und sie kurz erschaudern ließ. Larah verortete ihren Ursprung in etwa dort, wo die riesige Fangheuschrecke in der Höhle verschwunden war.
    Mit der unsichtbaren Kraft, die so über ihnen zusammenschlug, wurde auch der Nebel restlos hinweggefegt, wie von einer kräftigen Sturmböe, die eigentlich stark genug hätte sein müssen, um sie alle hinfort zu tragen, aber durch die hindurchglitt, wie eine Spukerscheinung.
    Die Gortharerin schüttelte sich kurz, lockerte ihre Glieder.
    Dann traten sie auch schon ins Freie. Maris Befürchtungen hatten sich glücklicherweise nicht bewahrheitet, auch wenn die wartenden offenbar ebenfalls sichtlich geschüttelt und besorgt dreinblickten – weniger Seamus, aber dafür Frank und auch Sana umso mehr.
    Maris wiederholte knapp sein Verdikt über das, was Runa, er und Larah dort hinten gesehen hatten. Hier gab es nichts mehr für sie zu tun.
    Sana löste sich von Hund und Frank sichtlich aus seiner Erstarrung. Beide waren recht eifrig, diesen Ort zu verlassen.
    Schweigend zogen sie weiter.

    „Sollten wir nicht möglichst schnell … Meldung machen?“, fragte Frank erst, als sie das Erlenwäldchen an der Gebirgsflanke bereits außer Sichtweite hinter sich gelassen hatten. Jeder konnte ihm ansehen, dass er erpicht darauf war, möglichst schnell ins Basislager zurückzukommen, zu dem es von hier aus zugegebenermaßen nicht mehr allzu weit war.
    Maris, der ihre Gruppe nun anführte, brummte nur irgendetwas halb verständliches, dass sie das Lager bald erreichen würden.
    Den Kurs den er eingeschlagen hatte, führte sie jedoch weniger nach Süden, denn nach Westen in den Sumpf hinein, das erkannte Larah am Stand der Sonne seitlich vor ihnen und an den Moosen und Flechten an der Wetterseite der Bäume. Es kam der blonden Gortharerin seltsam vor, aber irgendwie hatte sie den Eindruck, dass er die Marschrichtung danach bestimmte, wie unglücklich Sana damit aussah, die sich aus Larah unbekannten Gründen irgendwie geweigert hatte, die Führung weiter zu übernehmen. Vermutlich war der Zusammenhang aber gerade umgekehrt und sie gingen nur an einen Ort, den die Fährtenleserin mit ihrem Hund nicht aufsuchen wollte.
    Man konnte von Sana sagen, was man wollte, und sie war sicher furchtsam, aber Larah hatte nicht den Eindruck, dass sie verrückt oder grundsätzlich zu Fehleinschätzungen neigte, was Gefahren anbelangte. Larah wurde etwas mulmig und sie fasste ihre Hellebarde fester.
    Geändert von Larah (01.05.2024 um 20:40 Uhr)

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    King Kong Avatar von Griffin
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    Zentraler Sumpf, Tempelruine, 4. Tag, Freiya, Ryu, Griffin

    Es war Stunden her, dass der Hayabusa blutig, erschöpft und gänzlich ausgelaugt aus der Dunkelheit getreten und zu ihnen zurückgekehrt war. Und noch immer war Griffin seinem Lehrmeister dankbar, dass er ihn unter dem Vorwand, Freiya beschützen zu müssen, hatte gehen lassen. Dass er nicht Teil dessen sein musste, was in der Dunkelheit der Tempelruine geschehen war. Denn er selbst teilte die stoische, disziplinierte Art des Hayabusa in keinster Weise.
    Ryu tat die Dinge, die getan werden mussten. Er tat sie, weil sie getan werden mussten, selbst dann, wenn jeder Teil seines Selbst ihm sagen mochte, das es falsch sein könnte. Er tat die Dinge, die getan werden mussten, weil er davon überzeugt war, dass es das Richtige war. Er tat die Dinge, die getan werden mussten, schlicht und ergreifend, damit niemand anders sie tun musste. Selbst dann noch, wenn es ihm selbst Schmerzen bereiten mochte. Selbst dann, wenn er sein eigenes Glück zurückstellen und für die Gemeinschaft auf etwas verzichten musste. Und deswegen war Ryu Hayabusa ein Hauptmann, der Griffin nie hätte sein können. Er hätte noch Jahrzehnte als Hauptmann in Silden bleiben können und er hätte nicht das erreichen können, was ein Ryu hier auf Argaan vollbracht hatte.

    Seit der Rückkehr des Hayabusa jedenfalls hatte sich sonst nicht viel getan. Sie hatten nicht über das gesprochen, was geschehen war. Weder darüber, was sie alle gesehen hatten, noch darüber, was mit dem Fledermausmann geschehen war. Sie hatten ihre Sachen zusammengesammelt und sich dann ein behelfsmäßiges Lager inmitten der düsteren Ruine aufgebaut. Niemand von ihnen war in der körperlichen oder geistigen Verfassung gewesen, den langen Marsch nach draußen anzutreten. Und niemand von ihnen war auch nur annähernd in der Verfassung gewesen, über die vergangenen Stunden zu sprechen. Also hatten sie die meiste Zeit geschwiegen und schweigend die Gesellschaft genossen.

    Jetzt aber, nach einer üppigen Nachtruhe, fand Griffin, wurde es Zeit für Abwechslung. »Ihr vertraut mir doch oder?«, fragte Griffin und zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit hallte wieder eine Stimme durch die Düsternis dieses tristen und monochromen Ort. »Begleitet mich.« Ein schelmisches Lächeln schlich sich anfangs noch ganz vorsichtig auf seine Züge, machte es sich dann aber auf seinem Gesicht bequem. Selbst als er sich lautstarke Beschwerden und Schimpftiraden von einer erschöpft keuchenden Freiya und einem vor Schmerzen ächzenden Ryu anhören musste.

    Es war eine gänzlich, voll und ganz und mit definitiver Absolutheit komplett und definitiv unbedeutende Sache. Als seine beiden Begleiter sich vorsichtig und nur nach mehrmaliger deutlicher Aufforderung nach der anstrengenden Kletterpartie schließlich auf den vermutlich jahrhundertealten Steingebilden niederließen und vielleicht gespannt, vielleicht genervt, vielleicht mit einer Mischung aus beidem ob der morgendlichen Kälte in ihrer Kleidung klein machten und gedankenabwesend die kleinen Atemwölkchen beobachten, war er sich sicher, dass sie das nach all den Strapazen der letzten Tage mehr als nur dringend gebrauchen konnten. Zufrieden wenngleich auch vollkommen ausgelaugt ließ er sich zwischen den beiden nieder und deutete mit einer kindlichen Vorfreude auf den Horizont, der über die Wipfel der Bäume hinweg gut zu sehen war. Behutsam legte er seine Arme um die beiden und drückte sie - jegliche Gegenwehr geflissentlich ignorierend - fest an sich.
    Ein jeder und jede von Ihnen hatte schon einen Sonnenaufgang erlebt. Vermutlich ein gutes Dutzend, vielleicht sogar mehrere Dutzend. Seit Äonen schon schob die Sonne sich schließlich mit unangefochtener Sturheit jeden Morgen an der exakt gleichen Stelle um die mehr oder minder exakt gleiche Uhrzeit aus der Dunkelheit hervor und wanderte langsam über den Himmel. Sie alle konnten sich an unzählige Tage erinnern, an denen die Sonne genau das bereits getan hatte und sie alle wussten ausnahmslos, das es auch morgen in der exakt selben Art und Weise passieren würde.
    Aber als der erste Strahl der Sonne sich mit seinem orange-gelben Leuchten ganz zaghaft über die nebligen Baumkronen schob, die sich noch an der Dunkelheit festzuklammern schienen und als die erste Wärme beinahe schüchtern ihre Gesichter und Körper wärmte, war all das egal.
    Noch nie hatte sich ein Sonnenaufgang so wichtig angefühlt.
    Noch nie hatte sich die vertriebene Dunkelheit so richtig angefühlt.

    »Ich liebe euch, wisst ihr das?«, sprach der Braunhaarige nüchtern aus und drückte die beiden noch enger an sich.

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    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Zentraler Sumpf, Tempelruine, 4. Tag, Sonnenaufgang - Freiya, Griffin, Ryu

    Berührungen waren so eine Sache.
    Es gab die angenehmen Berührungen, nach denen man sich sehnte. So zum Beispiel das beruhigende Streicheln einer mütterliche Hand oder das zärtliche Tasten des Liebsten. Es gab den freundlichen Händedruck eines Weggefährten, die Hand auf der Schulter, die Lob und Respekt versprach oder die Hände einer lieben Freundin, die durch das eigene Haar glitten, um eine schöne Frisur zu machen. Natürlich gab es da auch noch die andere Seite, die unangenehmen Berührungen, An- und Übergriffe aller Art, denen man hilflos ausgesetzt war, und die mehr als sichtbare Narben hinterließen.
    Letztere hatten dafür gesorgt, dass Freiya erstere nicht leicht fielen. Oftmals spannte sie ihren Körper an und hielt unbewusst die Luft an, wenn ihr eine Hand zu nahe kam. Es hatte Jahre und viel Vertrauen gebraucht, dass Ronja die Rothaarige unbedacht berühren durfte und sie nicht mehr zusammenzuckte. Doch die Zeit bei dem verschrobenen Völkchen im Sumpf und ihr Alltag in Ricklens Kommando hatten Freiya selbstbewusster werden lassen (ganz abgesehen davon, dass Jilvie jeden sofort umgebracht hätte, der die Frauen im Kommando ihres Mannes angefasst hätte). Die Rothaarige war sicherer geworden im Umgang mit ihren Mitmenschen und auch wenn sie alle ein entbehrungsreiches und auch gefährliches Leben führten, hatte Freiya eine Sicherheit umgeben, die sie bestärkt hatte.

    Dennoch, so eine Umarmung war für sie immer noch eine mindestens mittelgroße Sache. Etwas, das Griffin aber von Anfang an herzlich wenig interessiert hatte. Er hatte ihr sogar einen Kuss auf die Stirn verpasst bei ihrer ersten Begegnung! Seither hatte er sie öfter in seine bärenstarken Arme gezwungen, als so mancher seine Unterwäsche innerhalb von zwei Wochen wechselte. Aber – es war in Ordnung. Sie hatte sich mittlerweile dran gewöhnt. Nicht nur das, sondern inzwischen hatte tatsächlich eine tröstliche und heilsame Wirkung durch diese Art der Berührung eingesetzt, die es nach all dem, was geschehen war, gebraucht hatte. So war es schon gewesen, als Ryu blutverschmiert wieder zu ihnen zurückgekehrt war und Griffin seine beiden Jagdgefährten an sein Herz gedrückt hatte.
    Zugegebenermaßen waren Griffins Handlungen, in denen er andere in seine Arme schloss oder auf andere Art und Weise Nähe aufbaute, immer Zeichen von ehrlicher Sorge und aufrichtiger Zuneigung gewesen. Niemals schienen seine Gesten und Berührungen einem Muster der Aufdringlichkeit oder unangebrachten Annäherung zu folgen, sondern aus seinem Herzen zu kommen. Egal ob für Ryu oder für Freiya. Und das war das, was diesen Umarmungen eine Wärme gab, die sie alle so dringend brauchten. Vielleicht tat Griffin dies, weil er selbst den Halt und die Zuwendung brauchte, vielleicht aber auch, weil er ahnte, dass es den anderen beiden genau so ging.
    Wenn Worte versagten, dann halfen Berührungen. Freiya wusste das. Das war auch der Grund, warum sie schließlich die Arme um Griffin legte und sich anlehnte. Sie konnte sein Gesagtes nicht mit Worten erwidern. Aber mit dieser Geste.
    Ihr Arm traf dabei auf Ryus und sie linste kurz zu ihm rüber. Ein Lächeln entfloh ihr und sie ließ ihre Finger auf der Haut des Hauptmanns ruhen. Es gehörten drei Menschen in diese Geste.

    Nun saß sie also da, beobachtete den hoffnungsspendenden Sonnenaufgang und atmete den Duft der beiden Männer ein, denen sie so nah war. Sie würde ihre Noten inzwischen im Dunkeln erkennen. Wie merkwürdig das doch alles verlaufen war. Begonnen hatte es damit, dass Freiya beschlossen hatte, zu gehen. Und da war ihr Ryu über den Weg gelaufen, den sie als Chance begriffen hatte, sich für ihren Aufbruch und Weg richtig vorzubereiten und noch etwas zu lernen.
    Ryu, der von Anfang an Vertrauen eingefordert hatte, ohne jemals ein Wort darüber zu verlieren. Eine ganz unsichtbare Grenze, die sie dafür überwinden musste. Eine Mauer, die er einfach so Hürde um Hürde erklommen hatte, wie sie die Grube im Tempel, während Griffin einfach durch dieses innerliche Hindernis hindurchgestürmt war, ohne Rücksicht auf Verluste.

    Es war so, dass sie als Team miteinander kämpften und Freiya sogar behaupten würde, dass sie Ruys und Griffins Art einen Kampf zu führen inzwischen erahnen konnte. So ging es ihnen wahrscheinlich allen Dreien, eine faszinierende Art der Symbiose, wie zumindest die Rothaarige sie noch nie erlebt hatte. Blindes Vertrauen, Wissen, dass der andere da war, wo er war, was er konnte und wie er reagieren würde. Genau darauf fiel diese Umarmung zurück. Vertrauen und Zuneigung. Freundschaft.
    Wenn sie hätte sprechen müssen, hätte sie es nicht gekonnt in diesem Moment. Sie war einfach zu gerührt. Diese Jun-Erscheinung hatte mit ihren Ängsten und Unsicherheiten gespielt. Aber nicht mit der Wahrheit. Die lag hier, in diesen drei klopfenden Herzen, dem Sonnenaufgang und der inneren und äußeren Wärme, die sie überflutete.

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    Abenteurer Avatar von Zarra
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    Basislager, 3. Tag, später Nachmittag

    Zarra schlug die Augen auf. Vor sich sah sie den Leinenstoff des Zeltes, in welchem sie lag. Ihr Körper schmerzte, die Muskeln brauchten mehr Ruhe von den Strapazen der letzten Tage. Jede Faser schien sie zu spüren, doch am ehesten bemerkte sie ihren Rücken, dort, wo die Narbe der Libelle sich abhob.
    „Bist du schon wieder wach?“, fragte die Stimme ihrer Großmutter.
    Das Mädchen wandte den Kopf zur Seite, erblickte die ältere Frau, wie sie auf der zweiten Bettrolle saß, einige kleine, dunkle Beeren in der Hand, die sie als Schlafbeeren erkannte. Neben der Kräuterfrau lagen zusammengefaltete Kleidung, die sauber und frei von Rissen war. Nerea bemerkte ihren Blick und lächelte.
    „Roan hat sie dir gebracht. Er meinte, es sei alte Kleidung von Silla, die ihr durch die Schwangerschaft derzeit nicht passen. Sie könnten etwas groß für dich sein, aber besser, als nichts.“
    Zarra nickte und lächelte leicht ob der freundlichen Geste des Jägers und seiner Frau.
    „Willst du noch etwas schlafen? Ich kann dir Schlafbeeren geben“, bot ihre Oma an, doch sie verneinte.
    „Ich glaube, ich muss dir erst erzählen, was geschehen ist“, erwiderte sie mit schwacher Stimme.
    Nerea nickte und rutschte etwas auf ihrer Bettrolle herum, um eine bequemere Position zu finden.

    Die Weißhaarige dachte nach. Was sollte sie ihrer Großmutter alles erzählen? An wie viel erinnerte sie sich und welche Details wollte sie nicht preisgeben?
    „Ich hatte solche Angst, als die Harpyien mich packten“, begann sie, in der Hoffnung, dass der Fluss der Geschichte ihr offenbarte, was sie verraten sollte.
    „Hoch über die Bäume trugen sie mich, immer gen Osten, doch wohin genau weiß ich nicht. Ich habe zwischendurch das Bewusstsein verloren.“
    Nerea nickte verstehend.
    „Du warst noch von zuvor erschöpft nicht wahr? Was geschah, bevor du mit dem Hauptmann, Griffin und Freiya zurückgekehrt bist?“, wollte die Alte wissen.
    „Ich…ich war so dumm, Oma!“, jammerte Zarra, als sie sich daran erinnerte, wie sie in den nördlichen Bruchwald geraten war.
    „Ich habe all die Insekten gesehen, welche sich nach Tooshoo flüchteten und wollte herausfinden, wovor sie flohen. Dabei habe ich etwas Blaues gesehen. Ein Schimmern, dass mich neugierig machte“, fasste die Jugendliche so schnell das Erlebte zusammen, dass sich ihre Stimme überschlug.
    Es kam ihr bereits vor, als wären Wochen seit dem Riesentausendfüßer vergangen, doch es waren nur wenige Tage gewesen.
    „Das Schimmern gehörte zu einer Libelle, die so groß war“, sie deutete mit ihren Händen den ungefähren Umfang der Jungfer an, „Doch dort, wo ich sie fand, lauerte auch ein Tausendfüßer, so groß, wie ich es noch nie gesehen habe! Er verfolgte mich, doch Hauptmann Ryu, Onkel Griffin und Freiya retteten mich. Sie haben unser Bergmehl benutzt, um den Chitinpanzer zu schwächen!“
    Begeisterung schwang in der Stimme des Mädchens mit, als sie an den Kampf zurückdachte. Sie war noch immer überwältigt von der Zusammenarbeit des Trios.
    „Das war sehr klug von ihnen und Glück, dass du es dabei hattest“, kommentierte Nerea, zeigte jedoch nicht, ob sie sich freute oder nicht.
    Ihre Stirn war etwas gerunzelt, doch mehr konnte Zarra nicht an ihrer Mimik erkennen.

    „Kann ich ein Schluck Wasser haben?“, fragte die junge Frau und nahm den Trinkschlauch entgegen, den ihre Oma ihr reichte.
    Sie trank gierig und hätte sich beinahe verschluckt.
    „Langsam, Kleines“, ermahnte ihre Großmutter und nahm ihr den Behälter wieder ab.
    „Ja…tut mir leid…Wo war ich?“
    „Du erwähntest den Riesentausendfüßer und wie ihr ihn besiegt habt. Aber mehr noch interessiert mich die Libelle, von der du gesprochen hast. Die Blaue?“
    „Ja! Sie setzte sich bei meiner Flucht auf meinen Rücken, nachdem ich gestürzt war. Es war ein so seltsames Gefühl und ich sah die Welt wieder wie durch tausende Fenster. Mein Kopf tat so weh!“, nahm das Mädchen den Faden wieder auf.
    „Wieder die Sicht“, murmelte Nerea, ohne Zarra zu unterbrechen.
    „Und ich hörte eine Stimme, die mich antrieb. Sie beschwor mich weiterzulaufen und ich gehorchte.“
    „Eine STIMME? War noch jemand dort oben?“
    „Nein, das war bevor die anderen dort angekommen waren. Ich glaube, dass…aber das klingt absurd…die Libelle zu mir gesprochen hat“, gab sie ihre zugegeben recht naive Vermutung preis.
    „Zarra…das ist…absolut wunderbar!“, rief Nerea plötzlich hellauf begeistert.
    „Du…glaubst mir?“, fragte die Enkelin ungläubig.
    „Natürlich! Darauf warte ich schon dein ganzes Leben!“
    Tränen des Glücks füllten die Augen der alten Frau und sie beugte sich vor, um Zarra zu umarmen. Das Mädchen war völlig perplex. Einer der mysteriösesten Momente ihres Lebens und ihre Großmutter hatte darauf gewartet? Was war hier los? Ein schwacher Funken Wut flammte in ihr auf.
    Warum erzählt sie mir nie etwas?, fragte sie sich und spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, ihre Stirn sich kraus zog.

    „Du hast darauf gewartet?“, fragte sie, darauf bedacht ihre Stimme vom Zittern freizuhalten.
    „Natürlich! Wir Rimbes hatten schon immer eine tiefe Verbindung zu den Libellen, doch das letzte Mal, dass jemand eine Stimme gehört hat, ist Jahrhunderte her! Ich wusste, dass es in dir steckt, Zarra. Das Blut deiner Vorfahren!“
    Nerea war so außer sich vor Freude, dass sie in den Ohren ihrer Enkelin kaum Sinn ergab. Jahrhunderte? Wie viel wusste ihre Oma, dass sie ihr immer verschwiegen hatte?
    „Du wusstest es also…die ganze Zeit über“, wisperte die Weißhaarige betroffen.
    „Was hast du denn, Liebes?“, fragte ihr Oma, als sie erst jetzt bemerkte, dass Zarra ihr Glück nicht teilte.
    „Warum hast du mir nie davon erzählt? Ich hatte Todesangst, Oma!“, fuhr die junge Frau die ältere an, nicht mehr länger in der Lage ihre Wut zu unterdrücken, „Immer hast du mich im Dunkeln gelassen. Selbst Ornlu hat mir mehr über mich erzählt, als du es jemals getan hast!“
    „Der Jadewolf hat was getan?“, begehrte die Kräuterfrau plötzlich ihrerseits auf.
    Ihre Freude schlug sogleich in Zorn um, als der Name des großen Wolfs fiel.
    „Er hat mir erzählt, dass Chaos in mir herrscht, welches mich und alle um mich herum gefährden könnte! Von einem Bund sprach er und dass du mehr darüber wüsstest! Wieso muss ich es von ihm erfahren? Wieso nicht von meiner eigenen Familie?“, zornig wehrte sich das Mädchen nun gegen die Berührung ihrer Großmutter, trieb sie zurück.
    „Es war nicht sein Recht…“, begann Nerea, doch wurde jäh unterbrochen.
    „Vielleicht nicht, aber es war deine Pflicht mich vorzubereiten!“, warf Zarra ihr vor, „Ich hatte keine Ahnung, was…“
    „Eine Erfahrung, die du allein machen musstest!“, fuhr die Matriarchin dazwischen, ein bedrohliches Funkeln in den Augen ihr nicht zu widersprechen, „Wenn ich dir alles erzählt hätte, wärst du vielleicht nie erwählt worden! Und dass Jadewolf“, sie spie seinen Namen verächtlich aus, „sich glaubt einmischen zu können, ist inakzeptabel!“
    „Er hat mich gerettet, vor den Harpyien, vor diesem Chaos in mir! Und er hat mir geholfen wieder ins Lager zu kommen. Ich wäre tot ohne ihn! Sprich nicht so abfällig über Ornlu!“, verlangte Zarra, nicht bereit kleinbeizugeben.
    „Wie hat er dir geholfen, ins Lager zurückzukehren?“, wollte Nerea plötzlich wissen, die Stimme kalt.

    Die Weißhaarige stockte. Es fühlte sich nicht richtig an darüber zu sprechen. Doch ihr Zorn trieb die Worte aus ihrem Mund.
    „Er beschwor einen Wolfsgeist, der in meinen Körper fuhr! Ornlu gab mir die Kraft, die ich brauchte, um allein zu dir zurückzukommen!“
    „Er hat dich mit einem Wolf beseelt“, stellte die Alte fest und ihre Schultern erschlafften, „Darum bist du auch so widerspenstig, oder? Meine kleine Zarra ist jetzt ein Wolf.“
    „Nein!“, protestierte das Mädchen vehement, „Der Geist hat mich längst wieder verlassen.“
    „Ich verstehe“, doch die Worte entsprachen nicht dem Eindruck, den die Kräuterfrau machte, „Ruh dich noch etwas aus, Kind.“
    Der abrupte Versuch, das Gespräch zu beenden, erwischte die Weißhaarige unvorbereitet. Ihre Wut verpuffte, als sie sah, wie mitgenommen ihre Großmutter plötzlich wirkte. Die Alte stand auf und ging zum Eingang des Zeltes.
    „Ich werde dir später alles erzählen, was ich über unsere Familie weiß. Aber erst muss ich mir über einige Dinge Gedanken machen. Zieh dir die Kleider von Silla an, falls jemand hereinkommt“, wies die Matriarchin sie an und verschwand ohne auf eine Antwort zu warten.

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