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    Kleiner als drei  Avatar von Xrystal
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    Xrystal ist offline

    [OT]Taverne zum hungrigen Schattenläufer #166 - In der Storybäckerei



    Speisekarte



    Das Wichtelregister

    Zitat Zitat von John Irenicus Beitrag anzeigen
    Teilnehmer:

    El Toro
    DerGroßeDummeMann
    Laidoridas
    Ronsen
    John Irenicus

    Die ausgelieferten Geschichten

    Der Zimt-Wettbewerb für John Irenicus von ?
    Dicke Luft für Ronsen von ?
    Auris Weihnachtsburg für Laidoridas von ?
    febris undularis? für DerGroßeDummeMann von ?
    Die Wohlmeinenden für El Toro von ?












    Was zuletzt geschah:

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Zitat Zitat von Lady Xrystal Beitrag anzeigen
    Was ist euer liebstes Winter-Weihnachtsgebäck?

    Ich steh ja total auf Zimtsterne.
    Zitat Zitat von Laidoridas Beitrag anzeigen
    Entweder so leckere selbstgebackene Spritzgebäck-Kekse, oder natürlich Spekulatius. Wobei ich dieses Jahr noch gar keine Spekulatius gegessen habe!
    Zitat Zitat von John Irenicus Beitrag anzeigen
    Habe in diesem Jahr sogar mehr Spekulatius gegessen als viele Jahre zuvor zusammengerechnet. Ich konnte an den 600-Gramm-Packungen im Supermarkt irgendwie nicht vorbeigehen!

    Alltime-Favourite sind und bleiben aber natürlich Lebkuchen.
    Zitat Zitat von DerGroßeDummeMann Beitrag anzeigen
    Meine Oma hat zu Weihnachten mal 8 Sorten Makronen gebacken. Die waren schon ziemlich gut. Ansonsten Zedernbrot, Basler Leckerli (und andere Lebkuchensorten) und so eine Plätzchensorte deren Name mir gerade nicht einfällt. Vanillekipferl mag ich auch.
    Zitat Zitat von John Irenicus Beitrag anzeigen
    Bei "Basler Leckerli" hatte ich gerade ungefähr folgende Szene im Kopf:

    [Bild: imago0016385629w.jpg]

    Zitat Zitat von Ajanna Beitrag anzeigen
    Meine Lieblingkekse sind Apfelsinen-Schoko-Plätzchen.
    Dicht gefolgt von einer Sorte Lebkuchen, die aber 6 Wochen im Kühlschrank ruhen muss. Die hab ich erst zweimal gebacken.
    Und ich backe Linzer Schnitten in Plätzchenform.

    Dieses Jahr will ich noch ein bis zwei herzhafte Plätzchen backen, irgendwas mit Sesam und/oder Käse.
    Zitat Zitat von Lady Xrystal Beitrag anzeigen
    Skandalös!


    Weißt du denn noch welche Sorten das waren? Ich kenne genau zwei: Kokosmakronen mit Schoko-Überzug und Kokosmakronen ohne.

    Vanillekipferl rangieren bei mir übrigens auf Platz zwei, ganz knapp vor Baumkuchen.
    Zitat Zitat von John Irenicus Beitrag anzeigen
    Ein Freund von mir hat sich mal im Sinne einer von ihm ausgedachten "B-Diät" ernährt, diese bestand aus Bier, Bananen und Baumkuchen.

    Auswirkungen auf seine Gesundheit sind aber nicht überliefert!
    Zitat Zitat von Lady Xrystal Beitrag anzeigen
    Von Bananen habe ich keine Ahnung, aber die Kombi "Bier, Baumkuchen und Bourbon-Vanilleeis" kann ich absolut empfehlen!
    Geändert von Xrystal (27.12.2022 um 20:09 Uhr)

  2. Beiträge anzeigen #2 Zitieren
    Ehrengarde Avatar von El Toro
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    El Toro ist offline
    Zitat Zitat von Lady Xrystal
    Kurze Umfrage, in der Hoffnung, dass dadurch die Taverne noch vor dem Wichteln voll wird:

    Was ist euer liebstes Winter-Weihnachtsgebäck?

    Ich steh ja total auf Zimtsterne.
    Da ich ja meinte, mich zwecks Weltrettung an diversen Crowdfarmingprojekten beteiligen zu müssen und dann vor Kurzem ein Lastwagen mit mehreren Doppelzentnern Äpfel und Orangen vorfuhr, gibt's bei uns dies Jahr halt rund um die Uhr Apfelstrudel, Apfeltaschen, Apfelkekse... Haben die Biobauern den Bäumen wohl irgendwelches Kraftfutter reingefönt!

  3. Beiträge anzeigen #3 Zitieren

  4. Beiträge anzeigen #4 Zitieren
    Ehrengarde Avatar von El Toro
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    El Toro ist offline
    Zitat Zitat von John Irenicus Beitrag anzeigen
    Ich habe meine Wichtelstory bekommen!

    Ich habe gerade noch keine Zeit, sie zu lesen, verlinke sie aber schonmal hier:

    https://upload.worldofplayers.de/fil...Wettbewerb.pdf

    Nach den großen Erfolgen von "Der Duft von Zimt" und "Zimt und weg" hat es auch Zimtschnecke John geschafft, mit so einem edlen Gewürz zusammen in einer Story verewigt zu werden. Ich freu mich schon drauf, mir den "Zimt-Wettbewerb" gleich als Gutenachtgeschichte mit unter die Decke zu nehmen.

  5. Beiträge anzeigen #5 Zitieren
    Deus Avatar von Laidoridas
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    Laidoridas ist offline
    Die erste Wichtelstory ist ja schon mal ein Knaller. Ganz hervorragende Mischung aus Weihnachtlichkeit und räudigem Strafkolonie-Lokalkolorit!

  6. Beiträge anzeigen #6 Zitieren
    Auserwählter Avatar von Ronsen
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    Ronsen ist offline
    Bei mir ist auch schon eine Geschichte eingegangen, die Spaß verspricht

    Dicke Luft

    Bedingt durch den aktuellen Weihnachtstrubel warte ich noch etwas mit dem Kommentieren (wie läuft das dann eigentlich ab?), aber danke meinem lieben Wichtel schon einmal dafür, dass er oder sie eine sehr unterhaltsame Gothic 1 Story mit Bezug auf Luftqualität und Schifffahrt eingereicht hat - alles meine Steckenpferde, sehr cool

  7. Beiträge anzeigen #7 Zitieren
    Undead  Avatar von DerGroßeDummeMann
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    DerGroßeDummeMann ist offline
    So. Jetzt wo ich meine Geschichte abgegeben habe, kann ich mich endlich auch den anderen widmen.

    Was ist das eigentlich auf deinem Avatar, Xrystal? Ist das so ein neumodisches Pokemon?

  8. Beiträge anzeigen #8 Zitieren
    Deus Avatar von Laidoridas
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    Laidoridas ist offline
    Ich wurde auch beschenkt, was total super ist, weil ich mir die Geschichte (bzw. der Geschichte erster Teil) jetzt noch gemütlich durchlesen konnte, bevor ab morgen die ganze Familien-Weihnachtsaction losgeht. Das war auch wirklich die perfekte Story, um sich damit bei drissigem Wetter vor den Monitor zu kuscheln! Vielen Dank an die liebe Wichtelin, an deren Identität ich schon beim ersten Blick auf das edle Titelblatt keine Zweifel hatte, und nach dem Lesen schon mal gar nicht.

    Hier ist das Werk!

    Ich hatte ja angesichts der 1 im Dateinamen schon die Hoffnung, dass der zweite Teil vielleicht schon da ist und nur per URL-Editierungs-Rätsel gefunden werden will, aber leider lag ich damit wohl entweder falsch oder das Rätsel ist noch ne Ecke schwerer als gedacht.

    Zitat Zitat von DerGroßeDummeMann Beitrag anzeigen
    Was ist das eigentlich auf deinem Avatar, Xrystal? Ist das so ein neumodisches Pokemon?
    Achtung, Nichten-Content folgt: Das ist natürlich ein Botogel, den hab ich meiner Nichte dieses Jahr zum Nikolaus geschenkt.

  9. Beiträge anzeigen #9 Zitieren
    Kleiner als drei  Avatar von Xrystal
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    Xrystal ist offline
    Zitat Zitat von Ronsen Beitrag anzeigen
    Bedingt durch den aktuellen Weihnachtstrubel warte ich noch etwas mit dem Kommentieren (wie läuft das dann eigentlich ab?)
    Die Auflösung der Wichtelzulosungen folgt etwa 1-2 Wochen, nachdem alle Stories ihre jeweiligen Wichtelkinder erreicht haben, damit jeder hier genug Zeit hat, die Stories zu lesen und zu raten/spekulieren, wer welche Story geschrieben haben könnte.

    Prinzipiell spricht aber nichts dagegen, auch schon vor der Auflösung die Stories zu kommentieren.

    Zitat Zitat von DerGroßeDummeMann Beitrag anzeigen
    Ist das so ein neumodisches Pokemon?
    Kommt darauf an, wie man "neumodisch" definiert. Ich würde es eher uralt nennen, da es schon seit Gold/Silber existiert. Andererseits gibt es ja so einige Leute, die nur Rot/Blau/Gelb gespielt haben und für die alles neu ist, das nicht zu den ersten 151 Pokemon gehört!

    Zitat Zitat von Laidoridas Beitrag anzeigen
    Achtung, Nichten-Content folgt: Das ist natürlich ein Botogel, den hab ich meiner Nichte dieses Jahr zum Nikolaus geschenkt.
    So isses!

  10. Beiträge anzeigen #10 Zitieren
    Undead  Avatar von DerGroßeDummeMann
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    DerGroßeDummeMann ist offline
    Habe jetzt auch mal die ersten beiden Wichtelgeschichten gelesen (die natürlich spieze waren). Aber zur Ausnahme werfe ich dieses Jahr mal nicht mit irgendwelchen Verdächtigungen um mich, auch wenn ich meine, beide Geschichten ganz gut zuordnen zu können.

    Diese Stelle aus Ronsens Geschichte fand ich absolut spieze. Wer der Autor ist, dürfte ja wohl klar sein. Da kommt nur einer wirklich in Frage.

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    „Was hast du denn, Kuschelschnuppe? Der Wellengang ist heute ein
    bisschen stärker als sonst, ist es das? Das ist heute ein ganz besonderer
    Tag, weißt du das eigentlich, Kuschelschnuppe? Wir haben unseren
    ersten Ehrengast an Bord!“
    Jacko lächelte Kuschelschnuppe aus seinem fast zahnlosen Mund an –
    ein Anblick, der leider auf viele abstoßend wirkte, das wusste er aus
    leidvoller Erfahrung. Auf viele, aber nicht auf Kuschelschnuppe.
    Kuschelschnuppe wurde immer ganz lieb und handzahm, wenn er sie
    anlächelte, und ließ sich sogar streicheln. Nicht einmal, dass er
    Kuschelschnuppe beim Streicheln schon zweimal versehentlich ein Bein
    abgerissen hatte, nahm sie ihm übel. Kuschelschnuppe hatte ja auch noch
    ein paar mehr davon, und sie war nicht nachtragend. Manchmal hatte er
    das Gefühl, dass Kuschelschnuppe die einzige in der Kolonie war, die
    ihn ein bisschen verstand. Aber warum freute sie sich dann nicht mit
    ihm? Warum war sie ausgerechnet heute so unleidlich, warum gab sie
    sich so abweisend und streckte ihre verbliebenen Beinchen trotzig gen
    Himmel?
    „Kuschelschnuppe“, versuchte es Jacko noch einmal ganz zart. „Ich
    möchte doch, dass wir das heute gemeinsam feiern. Verstehst du?“
    Aber Kuschelschnuppe sagte nichts. Sie ignorierte ihn einfach, und wenn
    Jacko etwas nicht ausstehen konnte, dann war es ignoriert zu werden.
    Zornig riss er Kuschelschnuppe aus ihrem Einmachglas, schleuderte sie
    zu Boden und stampfte sie mit dem Stiefel kaputt. Er stampfte so lange,
    bis er die Wanzenpampe mit dem Stiefel im halben Raum verteilt hatte
    und er sich langsam wieder beruhigt hatte. Es wurde wohl Zeit für eine
    neue Kuschelschnuppe.


    Zitat Zitat von Lady Xrystal Beitrag anzeigen
    Die Auflösung der Wichtelzulosungen folgt etwa 1-2 Wochen, nachdem alle Stories ihre jeweiligen Wichtelkinder erreicht haben, damit jeder hier genug Zeit hat, die Stories zu lesen und zu raten/spekulieren, wer welche Story geschrieben haben könnte.

    Prinzipiell spricht aber nichts dagegen, auch schon vor der Auflösung die Stories zu kommentieren.


    Kommt darauf an, wie man "neumodisch" definiert. Ich würde es eher uralt nennen, da es schon seit Gold/Silber existiert. Andererseits gibt es ja so einige Leute, die nur Rot/Blau/Gelb gespielt haben und für die alles neu ist, das nicht zu den ersten 151 Pokemon gehört!
    Naja, an die zweite Generation sind meine Erinnerungen nur noch lückenhaft, weil ich da nur mal die goldene Edition von einem Freund ausgeliehen hatte. Neumodisch ist für mich alles ab dritte Generation. Da habe ich dann wirklich gar nichts mehr gespielt.
    Geändert von DerGroßeDummeMann (23.12.2022 um 00:47 Uhr)

  11. Beiträge anzeigen #11 Zitieren
    Ehrengarde Avatar von El Toro
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    El Toro ist offline
    Zitat Zitat von DerGroßeDummeMann Beitrag anzeigen
    Diese Stelle aus Ronsens Geschichte fand ich absolut spieze. Wer der Autor ist, dürfte ja wohl klar sein. Da kommt nur einer wirklich in Frage.
    Schließe mich dieser Verdächtigung unumwunden an. Die Stelle mit Kuschelschnuppe ist beim Lesen so ein Schlag in die Magengrube, das kann so wirklich nur einer.

  12. Beiträge anzeigen #12 Zitieren
    Undead  Avatar von DerGroßeDummeMann
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    DerGroßeDummeMann ist offline
    Ich wurde bewichtelt.

  13. Beiträge anzeigen #13 Zitieren
    Ehrengarde Avatar von El Toro
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    El Toro ist offline
    Zitat Zitat von DerGroßeDummeMann Beitrag anzeigen
    Ich wurde bewichtelt.
    Lass mich sehen!
    Ui, schon der Titel, wie absolut mysteriös und verheißungsvoll!

  14. Beiträge anzeigen #14 Zitieren
    Ehrengarde Avatar von El Toro
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    El Toro ist offline
    Gerade jetzt, in diesem Augenblick, habe ich auch ein Geschenk bekommen. Wenn febris undularis mein Philologinnenherz schon höher schlagen ließ, dann wird das jetzt sogar noch getoppt durch Die Wohlmeinenden, die mir ein lieber Wichtel hat zukommen lassen. Jetzt bin ich aber richtig gespannt!
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)

    Die Wohlmeinenden


    Das Griechische schafft Distanz. Alles klingt logisch und wissenschaftlich, wenn man es nur auf Griechisch sagt. Ganz so als hätte man durch die bloße Nennung einer griechischen Vokabel schon die Sache selbst erfasst, durchdrungen und feinsäuberlich in ein Schublädchen einsortiert. Man klingt, als wüsste man, wovon man redet, wenngleich man in Wirklichkeit gar nichts weiß. Eben dieser Anschein des Wissens enthebt einen dann auch der Verantwortung, die Schublade zu öffnen und die darin enthaltene Sache gründlicher zu durchleuchten. Die Sache bleibt also sicher verwahrt in der Dunkelheit der Schublade, wo sie niemanden stört und niemandem weh tut, und irgendwann vergisst man die Sache und nur die Schublade bleibt übrig.

    Medusenhäupter zieren die in die Jahre gekommene Jugendstilfassade des Lyzeums. Tags ist sie hellblau, doch jetzt ist es Nacht. Es ist Nacht und die Straßenlaternen scheinen. Im Licht der Natriumdampflampen ist alles gelb. Die Treppe, die zum Schultor hinauf führt, das Tor selbst, die Fassade – alles gelb. Nur das spitzwinklige Schuldach ist dunkel, weil keine Laterne hinauf scheint und auch die Sterne nicht. Diese haben sich nämlich hinter der Wolkendecke verborgen. Knarzend öffnet sich das schwere Schultor. Dahinter: Schwärze. Nur der Schein der Straßenlaterne – in seiner Farbe einem Raucherzahn gleichend – bohrt sich ins Innere und schlägt eine Schneise dunkle Nichts. Ein menschlicher Schatten – ein Zahn im Zahn – durchstößt den Laternenschein, dringt ein in den sanierungsbedürftigen Altbau. Der Schatten – der mir so wohlvertraute Schatten – hat die Schwelle bereits überschritten und zögert doch, tiefer in das Gebäude einzudringen. Es scheint als wartete er auf mich, als wolle er mir etwas zeigen, das in der Schule versteckt lag. Angespannt – mein wild klopfendes Herz raubt mir fast die Sinne – besteige ich die Treppe, die zum Schultor führt, erklimme langsam Stufe um Stufe und versuche so wenige Geräusche wie möglich zu machen. Hinter mir schließt sich das Tor. Der Lichtspalt verdünnt sich – bald ist er nur noch ein Faden – und verschwindet, als das Tor klickend ins Schloss fällt. Und so beginnt meine Katabasis ins eigene Ich.

    Drinnen ist es ganz stockduster. Die Straßenlaternen scheinen zwar durch die Fenster aber sie scheinen nicht ins Gebäude hinein. Einen Moment lang ist alles ganz still und ganz dunkel, ein Moment des Nichts. Mein Herzschlag, mein Atem beruhigen sich – nein, es gibt sie gar nicht mehr, so wie es überhaupt gar nichts mehr gibt. Nicht einmal Raum und Zeit gibt es in diesem Nichts. Dann entflammt ein blaues Glimmen – ein Handy-Display. In ihm spiegelt sich das hagere Gesicht einer jungen Frau – mein Gesicht. Die dunklen Strähnen ihres kinnlangen Haars fallen in ihr fahles Antlitz, das starr ist wie aus Wachs gebildet. Ihre Augen, in denen die Iris von den fingerdicken Pupillen fast verschlungen wird – wie Sonnenfinsternisse sind diese Augen! – ihre Augen sind fest auf das Display gerichtet. 20 Prozent, sagt die Energieanzeige. Mit meinen langen, dürren Spinnenfingern tippe ich auf dem Display herum. An meinem Zeigefinger ein Ring in Form einer Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt – ein Ouroboros. Ich tippe auf dem Display herum und ein Licht – grell! blendend! – bricht aus der Rückseite des Geräts hervor. Die Dunkelheit gewährt mir dieses Licht. Nicht so meine Augen, die sind wie eine Sonnenfinsternis. Schmerzerfüllt presse ich die Lider aufeinander, lasse dem Licht nur einen kleinen Spalt, den ich stetig verbreitere, bis die Sonnenfinsternis vorüber ist. Das Licht. Wie eine einsame Eisscholle, die auf den öden Weiten des Ozeans umhertreibt. Der Ozean gewährt mir diese Scholle. Die Dunkelheit gewährt mir dieses Licht.

    Das Licht. Es tastet sich den Korridor entlang, bemalt Wände und Türen mit seinem farblosen Blau, prallt an Fenster und Vitrinen, in denen von den Schülern aus Draht und Gibsbinden gefertigte Plastiken ausgestellt sind, die chimärenhafte Fabelwesen darstellen. Begleitet wird es vom Hall meiner Schritte, die suchend vorwärts drängen und doch etwas zögerliches an sich haben, als wollten sie jeden Moment umkehren – sie wollen sich nicht recht zu einem Rhythmus entschließen, sind bald schnell, bald langsam, bald schwer, bald leicht und kommen schließlich abrupt zum Stehen, als ich am Ende des Korridors den Lichtschalter finde. Der Lichtschalter. Ich lege meine Hand darauf. Der Ouroboros … Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Der Ouroboros. Fred und ich, begleitet nur vom Licht der Taschenlampe. Seine Hand. Seine warme, kräftige Hand. Die Mutprobe. Die Dunkelheit. Die Nacht. Die Schule. Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Dieser Gedanke erfüllt die ganze Dunkelheit und auch das Licht, das von der Dunkelheit gar nicht unterschieden ist, sondern lediglich lediglich eine Erscheinungsform jener Dunkelheit und eine Leinwand für jene Dunkelheit ist: eine Scholle auf dem Meer, eine Gnadengabe des Nichts. Dieser Gedanke erfüllt die ganze Dunkelheit. Nein, er ist die Dunkelheit. Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Es macht Klack. Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Nein, es ist nicht erlaubt! Was nachts in der Schule passiert, soll niemand sehen. Wir dürfen nicht entdeckt werden … Der Schalter macht Klack, doch das Licht bleibt aus. Die Dunkelheit gestattet es nicht. Das gelbe Natriumlicht der Straßenlaternen scheint durch das Fenster, aber es scheint nicht ins Gebäude hinein. Die Dunkelheit gestattet es nicht. Ich betätige den Lichtschalter mehrmals in rascher Folge, doch es passiert nichts als dass dieser höhnisch klackert.

    Ich wende mich vom Lichtschalter ab und sehe wieder den Schatten, dem ich ins Schulgebäude gefolgt bin. Platt liegt er auf dem Boden und mir ist, als starrte er mich an, auch wenn er natürlich keine Augen hat, mit denen er mich anstarren könnte. Ich starre ihn dagegen sehr wohl an, mustere sein Stachelhaar, seine sich seitlich abzeichnenden Ohren, seinen breitschultrigen, athletischen Körper und schließlich seine durch den Einfallswinkel des Lichts – ich weiß nicht, wo es her kommt – langgezogenen Beine, an deren Ende er mit seinen Fußsohlen die meinen berührt. Er ist mein Schatten, aber er ist auch nicht mein Schatten, denn ich sehe ganz anders aus als er. Der Schatten geht mir voran, führt mich durch die Korridore, führt mich am Sekretariat vorbei, vorbei auch an den Schließfächern der Schüler und betritt schließlich einen der Unterrichtsräume. Ich folge ihm. Es ist einer der Musikräume. Tische gibt es nicht in diesem Raum – mit Ausnahme des Lehrertischs. Dafür dienen die Armlehnen der Stühle als behelfsmäßige Schreibunterlagen. Die Stühle stehen in drei nicht ganz geraden, nicht ganz parallelen Reihen. Auf Freds Platz liegt ein Triangel – das einzige Instrument, welches er halbwegs spielen kann. Ansonsten sind alle Plätze leer. Hinter der Stuhlreihe ist eine Plakatwand, an welcher von Schülern gestaltete Wandzeitungen über die Lebensdaten berühmter Komponisten informieren. Der taube Beethoven, Syphilis-Schubert und Robert Schumann mit seiner im Wahne kaputtgeübten Hand beobachten mich streng, während ich mich im Raum umschaue. Im vorderen Teil des Raumes ist der Lehrertisch, auf dem die Lehrerin ihr Notenheft neben dem Metronom vergessen hat, ein Klavier, dessen Deckel geöffnet ist und eine Gitarre, die in der Ecke des Raums lehnt. Auf der Tafel ist die B-Moll-Tonleiter notiert.
    Nervös drehe ich am Ouroboros-Ring, während ich mich langsam dem Klavier nähere. Der Klassenraum ist dem Hof zugewandt. Vielleicht hört uns also niemand, wenn ich Klavier spiele. Ich schließe den Deckel, den Fred aus ich-weiß-nicht-welchem-Grund geöffnet hat, und spiele leise den dritten Satz aus Chopins zweiter Klaviersonate. Fred hätte gerne etwas Schmissigeres, doch das Getragene von Chopins Trauermarsch entspricht genau meinem Temperament. Außerdem möchte ich etwas Leises spielen, weil ich Angst habe, dass wir entdeckt werden könnten. Steif staksen meine Finger über die Tasten und aus dem Kasten staksen die Töne hervor – behäbig und ungelenk, denn ich bin viel zu angespannt, um richtig zu spielen. Das Stück ist kurz davor, seine erste Klimax zu erreichen, da verhakt und verknotet es sich plötzlich. Traumwandlerisch wiederhole ich in einem nervösen Staccato die immerselben drei Takte und werde dabei vom Metronom begleitet, das jeden der Takte mit seinem Schlag einleitet. Eine Gedankenschleife. Die immergleichen Vorhaltungen. Sie wiederholen sich wieder und wieder. Ohne Unterlass. Die Klimax. Es darf nicht zur Klimax kommen. Mit einem Mal ertönt ein Poltern und ein Kracksen. Meine Finger versteifen sich, als wäre der Geist Robert Schumanns in sie gefahren, und die Musik bricht ab. Das Poltern und Kracksen. Es war gerade ganz nah. Ich nehme mein Handy aus der Jackentasche und beleuchte den Raum. 14 Prozent. Die Stühle liegen in einem wilden Durcheinander auf dem Boden – die Beine durchbrochen. Ich zittere. Fred. Der Flaum in seinem Gesicht. Seine kräftige Hand, die sich meiner entzieht. Die Leiter. Das Dach. Die Mutprobe. Die Schlange verzehrt sich selbst.

    Der Sympathikus – mein überaktiver Sympathikus – lässt mich aus dem Raum flüchten. Der Schatten hat mich verlassen. Er ist nirgendwo zu sehen. Ziellos irre ich durch die dunklen Korridore und weiß weder, wohin ich gehe, noch wovor ich eigentlich fliehe. Die Dunkelheit verschluckt alles, was weiter als ein paar Schritte entfernt ist, und verschluckt insbesondere all meine Ziele und all mein Vorhaben. Die Dunkelheit … ist eifersüchtig. Sie buhlt um mich, umgarnt mich, umarmt mich, doch ich entziehe mich ihrem sanften Griff. Ich … darf mich noch nicht fallen lassen, darf mich noch nicht an ihren Busen schmiegen, darf ihren süßen Lockungen nicht verfallen. Noch nicht.

    Zu meiner Rechten ist eine Tür. An der Zimmernummer erkenne ich, dass es mein alter Klassenraum ist. Hastig trete ich hinein, um mich der Dunkelheit zumindest für den Moment zu entziehen. Tatsächlich ist es in diesem Raum nicht ganz so duster. Das Licht der Straßenlaternen scheint durch das Fenster und in den Raum hinein. Der liegt still da wie eh und je, erfüllt von einer Aura aus Langeweile und Kreidestaub – vor allem aber Kreidestaub. Der ist nämlich überall, liegt millimiterdick auf Tischen und Stühlen. Alles ist weiß und staubig und die Zeit tropft zäh wie Honig – fließt nicht, sondern rinnt langsam herab und staut sich wie Schweiß, der sich im Sommer am T-Shirt-Kragen sammelt. An manchen Orten ist die Zeit einfach eine andere.
    Der Raum liegt still da wie eh und je, die Tische stehen in Reih und Glied, unbeweglich wie Soldaten, deren Kommandant vergessen hat, ihnen den Befehl zum abtreten zu geben. Bis auf einen Tisch in der letzten Reihe sind alle leer. Freds Tisch. Und meiner. Bevor Frau Hermann uns auseinander gesetzt hat. Auf diesem Tisch liegt ein Geodreieck, das aber keinen rechten Winkel hat sondern ein spitzen, sodass die Schenkel sich zum steilen Abhang neigen. Ich runzele die Stirn. Das Dach? Ist es vielleicht das Dach? Hastig wende ich meinen Blick ab und drehe nervös am Ouroboros. Vorne an der Tafel ist eine Sinuskurve angezeichnet und zwar von einem Schüler, der nicht sonderlich gut zeichnen kann. Krumm und hager drängen sich die Hügel aneinander wie Hungernde, die um Lebensmittelmarken anstehen. Die Täler hängen schlaff hinab wie die Brüste einer Greisin. Hügel und Täler folgen in unregelmäßigen Abständen aufeinander. Zwar sind sie im Zyklus, allerdings in einem taumelnden. Beim Anblick ihres trunkenen Reigens wird mir ganz schwindelig. Ich stütze mich auf den neben mir stehenden OH-Projektor und es macht Klack. Ich muss wohl auf den Schalter gekommen sein, denn mit einem Mal projiziert dieser drei griechische Vokabeln an die Wand. κλῖμαξ (geprochen Klimax): das bedeutet Treppe oder Leiter. στέγη (gesprochen Stege): das bedeutet Dach. Und νύξ (gesprochen Nyx): das bedeutet Nacht. Meine Finger klammern sich fest an die Kante des OH-Projektors. Der Ouroboros schneidet sich tief in mein Fleisch. Die Leiter. Das Dach. Die Nacht. Fred. Die Mutprobe.
    Mein Handy vibriert. Eine SMS. Von Fred. „Wann kommst du?“ Ich versuche ihn zu erreichen, doch er geht nicht ran. Ich schreibe ihm, doch er antwortet nicht. Ich gebe auf, denn mein Handy hat nur noch 5 Prozent. Vor meinen Augen ist alles verschwommen. Der Kreidestaub hat sich von den Tischen gelöst und ist zum grauen Nebel aufgewirbelt. Und inmitten des Nebels: ein Schemen. Ganz nah und doch kann ich ihn nicht erhaschen. Hustend taste ich mich vorwärts. Der Staub legt sich mir auf Kleidung und Haare, bedeckt den ganzen Körper mit einer weißen Schicht. Vielleicht ist er aber auch gar kein Staub, sondern Asche.
    Ich tappe links und tappe rechts und finde schließlich den Ausgang. Die Dunkelheit empfängt mich, als hätte sie mich erwartet, lädt mich ein, mich zu ihren Töchtern zu gesellen. Die Dunkelheit ist meine einzige Rettung und dennoch muss ich ihr Angebot ausschlagen. Zumindest fürs erste. Ich muss erst noch auf den Dachboden. Mich der Mutprobe stellen. Die Dunkelheit weiß um mein Anliegen. Fürsorglich versucht sie mich zurückzuhalten, doch sie hindert mich nicht daran. Auf mein Drängen weist sie mir sogar den Weg. Vor mir erscheint die schwere Metalltür, einen spaltbreit geöffnet. Dahinter die Treppe, die zum Dachboden führt. Mit jeder Stufe, die ich nehme, wird mein Fuß schwerer, mein Puls schneller und mein Körper heißer. Obwohl es Winter ist und der Dachboden unbeheizt, dringt mir der Schweiß aus allen Poren. Dumpf hallen meine Schritte auf den hölzernen Stufen.

    Auf dem Dachboden begrüßt mich ein Wespennest von der Größe meines Kopfes. Zuerst will ich zurückweichen, dann fällt mir ein, dass Winter ist und die Wespen ihr Nest längst verlassen haben müssen. Dieser Schreck beruhigt mich ein bisschen, reißt er mich doch aus dem Unbehagen, welches ich beim Betreten des Dachbodens verspürt hatte. Ich leuchte mit meinem Handy herum und sehe haufenweise schimmelnde Kartons, die sich bis fast an die Decke stapeln, kaputte Fernseher und ausrangierte Computer aus der Zeit, als Computer noch beige waren. Der Holzboden knarzt unter meinen Schritten als überlege er ernsthaft, ob er mich nicht durchbrechen lassen solle. Das Geräusch ist mir willkommen, ist es doch eine Abwechslung zur Ödnis, die sich meinem Blick darbietet. Dieser Ort ist so langweilig, dass es ihn genau so gut gar nicht geben könnte, ohne dass der Welt etwas fehlte.
    Der Lichtkegel der Taschenlampe tanzt über die Gegenstände, die man im Laufe der Jahre hier vergessen hat, und sein Lichtspiel ist interessanter als alles, was er beleuchtet. Es ist fast schon enttäuschend, wie wenig es hier für uns zu sehen gibt. Und gerade das bringt uns in Verlegenheit. Es muss doch irgendeinen Sinn haben, dass wir uns nachts ins Schulgebäude geschlichen haben. Wenn wir dieses Risiko eingehen, müssen wir doch auch irgendetwas tun, damit sich das auch gelohnt hat. Doch uns bleibt nichts als Ratlosigkeit. Ich will ihn drängen, wieder nach unten zu gehen, da fällt mein Blick zufällig auf die Dachluke und mir kommt – ich weiß nicht woher – ein verrückter Gedanke. Ist er vom Himmel gefallen? Hat ihn die Nacht mir eingeflüstert? Ich weiß es nicht. Aber längst hat er ein Eigenleben entwickelt, wächst heran, gedeiht und füllt die Stille schließlich gänzlich aus. Schließlich kann ich nicht mehr anders. Ich ertrage die Stille nicht mehr. Der Gedanke muss hinaus. Fred, der an der Stille gelitten hat wie ich, zeigt sich erleichtert und zugleich ängstlich. Doch einen Augenblick später ist die Angst Entschlossenheit gewichen. Mit Schaudern wird mir gewahr, dass Fred alles tun würde, um mich zu beeindrucken. Ich greife nach der κλῖμαξ, die zur Luke hinaufführt, durch welche man auf die στέγη kommt. Ich greife nach Freds Hand – seine warme, kräftige Hand – versuche ihn aufzuhalten. Der οὐροβόρος – die Schlange beißt sich selbst in den Schwanz. Fred schüttelt meinen Griff ab. Ich setze den Fuß auf die erste Sprosse. Mein Handy klingelt. Ich nehme ab. 2 Prozent.
    „Ganz schön windig hier oben“, sagt Fred.
    „Pass auf, dass dir nix passiert“, sage ich.
    „Mir passiert schon νύξ“, sagt Fred. „Siehst du: es ist νύξ passiert. Nur ein paar Schrammen.“
    „Glaub mir, Fred. Ich … ich wollte das nicht“, sage ich und Tränen kullern aus meinen Augen. „Das war nicht böse gemeint. Wirklich nicht! Ich wollte nur gucken, ob du dich traust. Ich wollte nicht, dass du es wirklich tust. Verzeihst du mir?“, frage ich und merke, dass das Handy sich abgeschaltet hat. „Verzeihst du mir?“, frage ich in die undurchdringliche Schwärze des Dachbodens hinein. Schwärze. Überall Schwärze. Es gibt jetzt gar nichts mehr außer der Schwärze. Das Dach, die Leiter, die Schule, Fred, Ich – alles ist verschwunden im Νύξ.

    Νύξ passiert.

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    Deus Avatar von John Irenicus
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    John Irenicus ist offline
    Zitat Zitat von John Irenicus Beitrag anzeigen
    Ich habe meine Wichtelstory bekommen!

    Ich habe gerade noch keine Zeit, sie zu lesen, verlinke sie aber schonmal hier:

    https://upload.worldofplayers.de/fil...Wettbewerb.pdf

    Ich hatte mittlerweile Zeit, die Geschichte zu lesen, und hätte jetzt gerne so einen Zimt-Wettbewerb in echt. Das hätte mit den verschiedenen Einsendungen und Vorschlägen auch im Prinzip noch seitenlang so weitergehen können, und es wäre mir nicht langweilig geworden, glaube ich. Danke für diese Story in einem waschechten Gothic I/Altes Lager-Setting, das ich ja sowieso immer sofort fresse (ob nun mit oder ohne Zimt).

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    Ehrengarde Avatar von El Toro
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    El Toro ist offline
    Zitat Zitat von John Irenicus Beitrag anzeigen
    Ich hatte mittlerweile Zeit, die Geschichte zu lesen, und hätte jetzt gerne so einen Zimt-Wettbewerb in echt. Das hätte mit den verschiedenen Einsendungen und Vorschlägen auch im Prinzip noch seitenlang so weitergehen können, und es wäre mir nicht langweilig geworden, glaube ich. Danke für diese Story in einem waschechten Gothic I/Altes Lager-Setting, das ich ja sowieso immer sofort fresse (ob nun mit oder ohne Zimt).
    Ja, das fand ich auch richtig gut, Zimt als Bräunungscreme und Waffenpolitur, und ohne die Buchstabenbegrenzung hätte dein lieber Wichtel das wirklich A(nis) bis Z(imt) durchdeklinieren können.

    Da ich gestern Abend doch noch spontan socialisen musste, werde ich mir meine Eumeniden heute ganz in Ruhe unterm Baum durchlesen - der Baum übrigens, den mir vor Jahren eine Bekannte geschenkt hat, aus 100% Kunststoff, mit eingebautem Styropor-Rieselschnee (regelbar von stillen Flöckchen bis Schneetornado) sowie original blechnern gedudeltem Medley der schlimmsten Weihnachtsmelodien, und natürlich der Baum, an dem jedes Jahr mindestens ein Haushaltsmitglied hängenbleibt, ihn dabei umreißt und sich die Millionen Styroporkügelchen in der komplette Bude verteilen, so dass ich bis Ostern immer noch welche im Staubsauger habe, die die Düsen verstopfen, gestern genauso geschehen, seufz... Da wird mir die Wichtelgeschichte heute Trost und Kraft spenden.
    Geändert von El Toro (24.12.2022 um 10:46 Uhr)

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    Undead  Avatar von DerGroßeDummeMann
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    DerGroßeDummeMann ist offline
    So, nachdem ich gestern zumüde gewesen bin, um sie richtig zu würdigen, habe ich heute mal meine Wichtelgeschichte gelesen. Ja, vielen Dank! Habe mich prächtig unterhalten gefühlt, und auch so ein bisschen Zitteraal-Verwandlungstrank-Flashbacks bekommen. Für die vierte Impfung werde ich dann wohl eher Biontech nehmen. Das haut nicht ganz so sehr rein.

    Zitat Zitat von El Toro Beitrag anzeigen
    Gerade jetzt, in diesem Augenblick, habe ich auch ein Geschenk bekommen. Wenn febris undularis mein Philologinnenherz schon höher schlagen ließ, dann wird das jetzt sogar noch getoppt durch Die Wohlmeinenden, die mir ein lieber Wichtel hat zukommen lassen. Jetzt bin ich aber richtig gespannt!
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)

    Die Wohlmeinenden


    Das Griechische schafft Distanz. Alles klingt logisch und wissenschaftlich, wenn man es nur auf Griechisch sagt. Ganz so als hätte man durch die bloße Nennung einer griechischen Vokabel schon die Sache selbst erfasst, durchdrungen und feinsäuberlich in ein Schublädchen einsortiert. Man klingt, als wüsste man, wovon man redet, wenngleich man in Wirklichkeit gar nichts weiß. Eben dieser Anschein des Wissens enthebt einen dann auch der Verantwortung, die Schublade zu öffnen und die darin enthaltene Sache gründlicher zu durchleuchten. Die Sache bleibt also sicher verwahrt in der Dunkelheit der Schublade, wo sie niemanden stört und niemandem weh tut, und irgendwann vergisst man die Sache und nur die Schublade bleibt übrig.

    Medusenhäupter zieren die in die Jahre gekommene Jugendstilfassade des Lyzeums. Tags ist sie hellblau, doch jetzt ist es Nacht. Es ist Nacht und die Straßenlaternen scheinen. Im Licht der Natriumdampflampen ist alles gelb. Die Treppe, die zum Schultor hinauf führt, das Tor selbst, die Fassade – alles gelb. Nur das spitzwinklige Schuldach ist dunkel, weil keine Laterne hinauf scheint und auch die Sterne nicht. Diese haben sich nämlich hinter der Wolkendecke verborgen. Knarzend öffnet sich das schwere Schultor. Dahinter: Schwärze. Nur der Schein der Straßenlaterne – in seiner Farbe einem Raucherzahn gleichend – bohrt sich ins Innere und schlägt eine Schneise dunkle Nichts. Ein menschlicher Schatten – ein Zahn im Zahn – durchstößt den Laternenschein, dringt ein in den sanierungsbedürftigen Altbau. Der Schatten – der mir so wohlvertraute Schatten – hat die Schwelle bereits überschritten und zögert doch, tiefer in das Gebäude einzudringen. Es scheint als wartete er auf mich, als wolle er mir etwas zeigen, das in der Schule versteckt lag. Angespannt – mein wild klopfendes Herz raubt mir fast die Sinne – besteige ich die Treppe, die zum Schultor führt, erklimme langsam Stufe um Stufe und versuche so wenige Geräusche wie möglich zu machen. Hinter mir schließt sich das Tor. Der Lichtspalt verdünnt sich – bald ist er nur noch ein Faden – und verschwindet, als das Tor klickend ins Schloss fällt. Und so beginnt meine Katabasis ins eigene Ich.

    Drinnen ist es ganz stockduster. Die Straßenlaternen scheinen zwar durch die Fenster aber sie scheinen nicht ins Gebäude hinein. Einen Moment lang ist alles ganz still und ganz dunkel, ein Moment des Nichts. Mein Herzschlag, mein Atem beruhigen sich – nein, es gibt sie gar nicht mehr, so wie es überhaupt gar nichts mehr gibt. Nicht einmal Raum und Zeit gibt es in diesem Nichts. Dann entflammt ein blaues Glimmen – ein Handy-Display. In ihm spiegelt sich das hagere Gesicht einer jungen Frau – mein Gesicht. Die dunklen Strähnen ihres kinnlangen Haars fallen in ihr fahles Antlitz, das starr ist wie aus Wachs gebildet. Ihre Augen, in denen die Iris von den fingerdicken Pupillen fast verschlungen wird – wie Sonnenfinsternisse sind diese Augen! – ihre Augen sind fest auf das Display gerichtet. 20 Prozent, sagt die Energieanzeige. Mit meinen langen, dürren Spinnenfingern tippe ich auf dem Display herum. An meinem Zeigefinger ein Ring in Form einer Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt – ein Ouroboros. Ich tippe auf dem Display herum und ein Licht – grell! blendend! – bricht aus der Rückseite des Geräts hervor. Die Dunkelheit gewährt mir dieses Licht. Nicht so meine Augen, die sind wie eine Sonnenfinsternis. Schmerzerfüllt presse ich die Lider aufeinander, lasse dem Licht nur einen kleinen Spalt, den ich stetig verbreitere, bis die Sonnenfinsternis vorüber ist. Das Licht. Wie eine einsame Eisscholle, die auf den öden Weiten des Ozeans umhertreibt. Der Ozean gewährt mir diese Scholle. Die Dunkelheit gewährt mir dieses Licht.

    Das Licht. Es tastet sich den Korridor entlang, bemalt Wände und Türen mit seinem farblosen Blau, prallt an Fenster und Vitrinen, in denen von den Schülern aus Draht und Gibsbinden gefertigte Plastiken ausgestellt sind, die chimärenhafte Fabelwesen darstellen. Begleitet wird es vom Hall meiner Schritte, die suchend vorwärts drängen und doch etwas zögerliches an sich haben, als wollten sie jeden Moment umkehren – sie wollen sich nicht recht zu einem Rhythmus entschließen, sind bald schnell, bald langsam, bald schwer, bald leicht und kommen schließlich abrupt zum Stehen, als ich am Ende des Korridors den Lichtschalter finde. Der Lichtschalter. Ich lege meine Hand darauf. Der Ouroboros … Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Der Ouroboros. Fred und ich, begleitet nur vom Licht der Taschenlampe. Seine Hand. Seine warme, kräftige Hand. Die Mutprobe. Die Dunkelheit. Die Nacht. Die Schule. Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Dieser Gedanke erfüllt die ganze Dunkelheit und auch das Licht, das von der Dunkelheit gar nicht unterschieden ist, sondern lediglich lediglich eine Erscheinungsform jener Dunkelheit und eine Leinwand für jene Dunkelheit ist: eine Scholle auf dem Meer, eine Gnadengabe des Nichts. Dieser Gedanke erfüllt die ganze Dunkelheit. Nein, er ist die Dunkelheit. Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Es macht Klack. Ist es erlaubt, dass nachts in der Schule das Licht brennt? Nein, es ist nicht erlaubt! Was nachts in der Schule passiert, soll niemand sehen. Wir dürfen nicht entdeckt werden … Der Schalter macht Klack, doch das Licht bleibt aus. Die Dunkelheit gestattet es nicht. Das gelbe Natriumlicht der Straßenlaternen scheint durch das Fenster, aber es scheint nicht ins Gebäude hinein. Die Dunkelheit gestattet es nicht. Ich betätige den Lichtschalter mehrmals in rascher Folge, doch es passiert nichts als dass dieser höhnisch klackert.

    Ich wende mich vom Lichtschalter ab und sehe wieder den Schatten, dem ich ins Schulgebäude gefolgt bin. Platt liegt er auf dem Boden und mir ist, als starrte er mich an, auch wenn er natürlich keine Augen hat, mit denen er mich anstarren könnte. Ich starre ihn dagegen sehr wohl an, mustere sein Stachelhaar, seine sich seitlich abzeichnenden Ohren, seinen breitschultrigen, athletischen Körper und schließlich seine durch den Einfallswinkel des Lichts – ich weiß nicht, wo es her kommt – langgezogenen Beine, an deren Ende er mit seinen Fußsohlen die meinen berührt. Er ist mein Schatten, aber er ist auch nicht mein Schatten, denn ich sehe ganz anders aus als er. Der Schatten geht mir voran, führt mich durch die Korridore, führt mich am Sekretariat vorbei, vorbei auch an den Schließfächern der Schüler und betritt schließlich einen der Unterrichtsräume. Ich folge ihm. Es ist einer der Musikräume. Tische gibt es nicht in diesem Raum – mit Ausnahme des Lehrertischs. Dafür dienen die Armlehnen der Stühle als behelfsmäßige Schreibunterlagen. Die Stühle stehen in drei nicht ganz geraden, nicht ganz parallelen Reihen. Auf Freds Platz liegt ein Triangel – das einzige Instrument, welches er halbwegs spielen kann. Ansonsten sind alle Plätze leer. Hinter der Stuhlreihe ist eine Plakatwand, an welcher von Schülern gestaltete Wandzeitungen über die Lebensdaten berühmter Komponisten informieren. Der taube Beethoven, Syphilis-Schubert und Robert Schumann mit seiner im Wahne kaputtgeübten Hand beobachten mich streng, während ich mich im Raum umschaue. Im vorderen Teil des Raumes ist der Lehrertisch, auf dem die Lehrerin ihr Notenheft neben dem Metronom vergessen hat, ein Klavier, dessen Deckel geöffnet ist und eine Gitarre, die in der Ecke des Raums lehnt. Auf der Tafel ist die B-Moll-Tonleiter notiert.
    Nervös drehe ich am Ouroboros-Ring, während ich mich langsam dem Klavier nähere. Der Klassenraum ist dem Hof zugewandt. Vielleicht hört uns also niemand, wenn ich Klavier spiele. Ich schließe den Deckel, den Fred aus ich-weiß-nicht-welchem-Grund geöffnet hat, und spiele leise den dritten Satz aus Chopins zweiter Klaviersonate. Fred hätte gerne etwas Schmissigeres, doch das Getragene von Chopins Trauermarsch entspricht genau meinem Temperament. Außerdem möchte ich etwas Leises spielen, weil ich Angst habe, dass wir entdeckt werden könnten. Steif staksen meine Finger über die Tasten und aus dem Kasten staksen die Töne hervor – behäbig und ungelenk, denn ich bin viel zu angespannt, um richtig zu spielen. Das Stück ist kurz davor, seine erste Klimax zu erreichen, da verhakt und verknotet es sich plötzlich. Traumwandlerisch wiederhole ich in einem nervösen Staccato die immerselben drei Takte und werde dabei vom Metronom begleitet, das jeden der Takte mit seinem Schlag einleitet. Eine Gedankenschleife. Die immergleichen Vorhaltungen. Sie wiederholen sich wieder und wieder. Ohne Unterlass. Die Klimax. Es darf nicht zur Klimax kommen. Mit einem Mal ertönt ein Poltern und ein Kracksen. Meine Finger versteifen sich, als wäre der Geist Robert Schumanns in sie gefahren, und die Musik bricht ab. Das Poltern und Kracksen. Es war gerade ganz nah. Ich nehme mein Handy aus der Jackentasche und beleuchte den Raum. 14 Prozent. Die Stühle liegen in einem wilden Durcheinander auf dem Boden – die Beine durchbrochen. Ich zittere. Fred. Der Flaum in seinem Gesicht. Seine kräftige Hand, die sich meiner entzieht. Die Leiter. Das Dach. Die Mutprobe. Die Schlange verzehrt sich selbst.

    Der Sympathikus – mein überaktiver Sympathikus – lässt mich aus dem Raum flüchten. Der Schatten hat mich verlassen. Er ist nirgendwo zu sehen. Ziellos irre ich durch die dunklen Korridore und weiß weder, wohin ich gehe, noch wovor ich eigentlich fliehe. Die Dunkelheit verschluckt alles, was weiter als ein paar Schritte entfernt ist, und verschluckt insbesondere all meine Ziele und all mein Vorhaben. Die Dunkelheit … ist eifersüchtig. Sie buhlt um mich, umgarnt mich, umarmt mich, doch ich entziehe mich ihrem sanften Griff. Ich … darf mich noch nicht fallen lassen, darf mich noch nicht an ihren Busen schmiegen, darf ihren süßen Lockungen nicht verfallen. Noch nicht.

    Zu meiner Rechten ist eine Tür. An der Zimmernummer erkenne ich, dass es mein alter Klassenraum ist. Hastig trete ich hinein, um mich der Dunkelheit zumindest für den Moment zu entziehen. Tatsächlich ist es in diesem Raum nicht ganz so duster. Das Licht der Straßenlaternen scheint durch das Fenster und in den Raum hinein. Der liegt still da wie eh und je, erfüllt von einer Aura aus Langeweile und Kreidestaub – vor allem aber Kreidestaub. Der ist nämlich überall, liegt millimiterdick auf Tischen und Stühlen. Alles ist weiß und staubig und die Zeit tropft zäh wie Honig – fließt nicht, sondern rinnt langsam herab und staut sich wie Schweiß, der sich im Sommer am T-Shirt-Kragen sammelt. An manchen Orten ist die Zeit einfach eine andere.
    Der Raum liegt still da wie eh und je, die Tische stehen in Reih und Glied, unbeweglich wie Soldaten, deren Kommandant vergessen hat, ihnen den Befehl zum abtreten zu geben. Bis auf einen Tisch in der letzten Reihe sind alle leer. Freds Tisch. Und meiner. Bevor Frau Hermann uns auseinander gesetzt hat. Auf diesem Tisch liegt ein Geodreieck, das aber keinen rechten Winkel hat sondern ein spitzen, sodass die Schenkel sich zum steilen Abhang neigen. Ich runzele die Stirn. Das Dach? Ist es vielleicht das Dach? Hastig wende ich meinen Blick ab und drehe nervös am Ouroboros. Vorne an der Tafel ist eine Sinuskurve angezeichnet und zwar von einem Schüler, der nicht sonderlich gut zeichnen kann. Krumm und hager drängen sich die Hügel aneinander wie Hungernde, die um Lebensmittelmarken anstehen. Die Täler hängen schlaff hinab wie die Brüste einer Greisin. Hügel und Täler folgen in unregelmäßigen Abständen aufeinander. Zwar sind sie im Zyklus, allerdings in einem taumelnden. Beim Anblick ihres trunkenen Reigens wird mir ganz schwindelig. Ich stütze mich auf den neben mir stehenden OH-Projektor und es macht Klack. Ich muss wohl auf den Schalter gekommen sein, denn mit einem Mal projiziert dieser drei griechische Vokabeln an die Wand. κλῖμαξ (geprochen Klimax): das bedeutet Treppe oder Leiter. στέγη (gesprochen Stege): das bedeutet Dach. Und νύξ (gesprochen Nyx): das bedeutet Nacht. Meine Finger klammern sich fest an die Kante des OH-Projektors. Der Ouroboros schneidet sich tief in mein Fleisch. Die Leiter. Das Dach. Die Nacht. Fred. Die Mutprobe.
    Mein Handy vibriert. Eine SMS. Von Fred. „Wann kommst du?“ Ich versuche ihn zu erreichen, doch er geht nicht ran. Ich schreibe ihm, doch er antwortet nicht. Ich gebe auf, denn mein Handy hat nur noch 5 Prozent. Vor meinen Augen ist alles verschwommen. Der Kreidestaub hat sich von den Tischen gelöst und ist zum grauen Nebel aufgewirbelt. Und inmitten des Nebels: ein Schemen. Ganz nah und doch kann ich ihn nicht erhaschen. Hustend taste ich mich vorwärts. Der Staub legt sich mir auf Kleidung und Haare, bedeckt den ganzen Körper mit einer weißen Schicht. Vielleicht ist er aber auch gar kein Staub, sondern Asche.
    Ich tappe links und tappe rechts und finde schließlich den Ausgang. Die Dunkelheit empfängt mich, als hätte sie mich erwartet, lädt mich ein, mich zu ihren Töchtern zu gesellen. Die Dunkelheit ist meine einzige Rettung und dennoch muss ich ihr Angebot ausschlagen. Zumindest fürs erste. Ich muss erst noch auf den Dachboden. Mich der Mutprobe stellen. Die Dunkelheit weiß um mein Anliegen. Fürsorglich versucht sie mich zurückzuhalten, doch sie hindert mich nicht daran. Auf mein Drängen weist sie mir sogar den Weg. Vor mir erscheint die schwere Metalltür, einen spaltbreit geöffnet. Dahinter die Treppe, die zum Dachboden führt. Mit jeder Stufe, die ich nehme, wird mein Fuß schwerer, mein Puls schneller und mein Körper heißer. Obwohl es Winter ist und der Dachboden unbeheizt, dringt mir der Schweiß aus allen Poren. Dumpf hallen meine Schritte auf den hölzernen Stufen.

    Auf dem Dachboden begrüßt mich ein Wespennest von der Größe meines Kopfes. Zuerst will ich zurückweichen, dann fällt mir ein, dass Winter ist und die Wespen ihr Nest längst verlassen haben müssen. Dieser Schreck beruhigt mich ein bisschen, reißt er mich doch aus dem Unbehagen, welches ich beim Betreten des Dachbodens verspürt hatte. Ich leuchte mit meinem Handy herum und sehe haufenweise schimmelnde Kartons, die sich bis fast an die Decke stapeln, kaputte Fernseher und ausrangierte Computer aus der Zeit, als Computer noch beige waren. Der Holzboden knarzt unter meinen Schritten als überlege er ernsthaft, ob er mich nicht durchbrechen lassen solle. Das Geräusch ist mir willkommen, ist es doch eine Abwechslung zur Ödnis, die sich meinem Blick darbietet. Dieser Ort ist so langweilig, dass es ihn genau so gut gar nicht geben könnte, ohne dass der Welt etwas fehlte.
    Der Lichtkegel der Taschenlampe tanzt über die Gegenstände, die man im Laufe der Jahre hier vergessen hat, und sein Lichtspiel ist interessanter als alles, was er beleuchtet. Es ist fast schon enttäuschend, wie wenig es hier für uns zu sehen gibt. Und gerade das bringt uns in Verlegenheit. Es muss doch irgendeinen Sinn haben, dass wir uns nachts ins Schulgebäude geschlichen haben. Wenn wir dieses Risiko eingehen, müssen wir doch auch irgendetwas tun, damit sich das auch gelohnt hat. Doch uns bleibt nichts als Ratlosigkeit. Ich will ihn drängen, wieder nach unten zu gehen, da fällt mein Blick zufällig auf die Dachluke und mir kommt – ich weiß nicht woher – ein verrückter Gedanke. Ist er vom Himmel gefallen? Hat ihn die Nacht mir eingeflüstert? Ich weiß es nicht. Aber längst hat er ein Eigenleben entwickelt, wächst heran, gedeiht und füllt die Stille schließlich gänzlich aus. Schließlich kann ich nicht mehr anders. Ich ertrage die Stille nicht mehr. Der Gedanke muss hinaus. Fred, der an der Stille gelitten hat wie ich, zeigt sich erleichtert und zugleich ängstlich. Doch einen Augenblick später ist die Angst Entschlossenheit gewichen. Mit Schaudern wird mir gewahr, dass Fred alles tun würde, um mich zu beeindrucken. Ich greife nach der κλῖμαξ, die zur Luke hinaufführt, durch welche man auf die στέγη kommt. Ich greife nach Freds Hand – seine warme, kräftige Hand – versuche ihn aufzuhalten. Der οὐροβόρος – die Schlange beißt sich selbst in den Schwanz. Fred schüttelt meinen Griff ab. Ich setze den Fuß auf die erste Sprosse. Mein Handy klingelt. Ich nehme ab. 2 Prozent.
    „Ganz schön windig hier oben“, sagt Fred.
    „Pass auf, dass dir nix passiert“, sage ich.
    „Mir passiert schon νύξ“, sagt Fred. „Siehst du: es ist νύξ passiert. Nur ein paar Schrammen.“
    „Glaub mir, Fred. Ich … ich wollte das nicht“, sage ich und Tränen kullern aus meinen Augen. „Das war nicht böse gemeint. Wirklich nicht! Ich wollte nur gucken, ob du dich traust. Ich wollte nicht, dass du es wirklich tust. Verzeihst du mir?“, frage ich und merke, dass das Handy sich abgeschaltet hat. „Verzeihst du mir?“, frage ich in die undurchdringliche Schwärze des Dachbodens hinein. Schwärze. Überall Schwärze. Es gibt jetzt gar nichts mehr außer der Schwärze. Das Dach, die Leiter, die Schule, Fred, Ich – alles ist verschwunden im Νύξ.

    Νύξ passiert.
    Super! Dann wären die Geschichten ja schon vollzählig!

  18. Beiträge anzeigen #18 Zitieren
    Ritter Avatar von Harivald
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    Harivald ist offline
    Frohe Weihnachten und besinnliche Tage wünsche ich dem Storyforum.

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    Halbgott Avatar von Oblomow
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    Oblomow ist offline
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    Frohe Weihnachten und besinnliche Tage wünsche ich dem Storyforum.
    Schließe mich dem an

  20. Beiträge anzeigen #20 Zitieren
    Undead  Avatar von DerGroßeDummeMann
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    DerGroßeDummeMann ist offline
    Ja, frohe Weihnachten sag ich mal!

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